Angelica - Thrive

Review

Schon immer war die Grenze zwischen kommerziellem Songwriting und klebrigem Kitsch sehr dünn im AOR. Meist bleiben die negativen Beispiele hängen und hochklassigen Releases von Bands wie JOURNEY, FOREIGNER oder PRIDE OF LIONS wird die musikalische Klasse gerne abgesprochen. Damit hat sich die Szene abgefunden. Eine weit größere Problematik ergibt sich eher aus dem fehlenden Nachwuchs. Bislang hat sich keine Gruppe etabliert, die den alten Helden das Wasser wirklich reichen könnte. Auch die schwedische Sängerin ANGELICA Rylin kann mit ihrem Debüt “Thrive” nicht aus der Masse herausstechen.

Dafür fehlt es den zwölf Songs eindeutig an Substanz. Mit Magnus Karlsson (u.a. PRIMAL FEAR) oder Jesper Strömblad (ehemals IN FLAMES und HAMMERFALL) sind auf dem Album durchaus fähige Musiker vertreten, die es aber verpassen der Scheibe ihren Stempel aufzudrücken (Strömblad mehr, Karlsson weniger). Die verzerrten Gitarren sind stellenweise so glatt gebügelt, dass man sie auch gleich hätte weg lassen können. Dafür dominieren alle zwölf Songs die allseits gefürchteten klebrigen Keyboardteppiche, die jedem einzelnen der Stücke die Identität nehmen und völlig gleichförmig klingen. Nun könnte man mit viel Zuversicht noch auf die für den AOR ebenfalls typischen Refrains bauen, aber auch hier wird der Hörer enttäuscht. Namensgeberin ANGELICA hat sicherlich einige Ohrwürmer auf “Thrive” kreiert, die den internationalen Standard erfüllen, mehr aber auch nicht. Songs wie “Breaking My Heart”, “Riding Out The Storm” oder das sehr nach ROBIN BECK tönende, deren Klasse aber nicht erreichende “Losers In Paradise” kranken an ihrer Vorhersehbarkeit was Melodien und Arrangements betrifft. Das Songwriting kann zu keinem Zeitpunkt wirklich eigene Akzente setzen. Da hilft es auch nicht, dass Frau Rylin eine angenehme Stimme hat und eigentlich gut singen kann.

“Thrive” ist unter dem berühmten Strich nicht mehr als eine weitere verzichtbare Veröffentlichung im AOR Kosmos. So leid es mir tut, aber die Scheibe hat mehr von Schlager als von Rock und stellt aufgrund des allgegenwärtigen Kitsch sogar eine Herausforderung für Fans des Genres dar. Ihr habt euch damals über “To Be With You” kaputt gelacht? Dann gehört ANGELICAs “Thrive” definitiv auf euren Einkaufszettel.

19.12.2013
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