Angantyr - Haevn

Review

Meine Güte. GARMANA als Gäste auf dem neuen ANGANTYR-Album? Unmöglich. Klingt trotzdem so, weil „Et Varsel Om Doed“ mit einem wunderschönen Cellotrio beginnt und auch umgehend mit einer sagenhaft skandinavischen Melodie im triolischen Blastbeat verzaubert. Das fällt für mich schon unter psychologische Kriegsführung!

Ynleborgaz geht auf seinem neuen Album melodischer und kämpferischer zugange als auf den Vorgängern, besonders dem ziemlich grimmigen „Sejr“. Grimmig ist „Haevn“ zwar ohne Frage auch, immerhin handelt es sich um ein nordisches Black-Metal-Album mit heidnisch/antichristlichem Hintergrund, aber die Herangehensweise ist anders. Hier regieren keine saftigen Prügelorgien, sondern eher langgezogene, schlichte Doublebasspassagen, die DIMMU BORGIR vielleicht vor zehn Jahren geschrieben hätten, wenn sie es mit dem Black Metal jemals ernst gemeint hätten. Epische Leadgitarren (fantastisch arrangiert übrigens) überwiegen gegenüber durchaus vorhandenen Blastbeats und DARKTHRONE-Riffs bei weitem. Ynleborgaz‘ sehr markante, aber nie überdreht extreme Kreischstimme gibt der Platte einen stolzen, archaischen Schimmer, der den Hörer tatsächlich einige Jahre zurück und in die Glanzzeit des Black Metals zurück wirft. Im Grunde hat „Haevn“ sogar den Flair eines BATHORY-Albums, nur viermal so schnell gespielt, kompletter auf dem Niveau von „One Rode To Aasa Bay“, als es Quorthon selbst geschafft hat und sogar mit den besseren Chören. Dafür maßt sich Ynleborgaz glücklicherweise nicht an, tatsächlich clean singen zu können – immerhin reden wir auch über Black Metal, nicht über Pagan Rock.

Der Vergleich mit BATHORY ist zwar sehr wohlwollend gemeint und sagt auch aus, dass „Haevn“ von Norden geradezu durchtränkt ist (in allen Riffs, in der ganzen Thematik, in der Produktion…), birgt aber auch den einzigen echten Kritikpunkt an der Platte: sie ist mit 70 Minuten einfach zu lang. Kein Stück unter acht, eins über elf, eines über 17 Minuten lang – das ist zum konzentrierten Zuhören schlicht und ergreifend zu viel. Nicht mal von Füllmaterial kann man sprechen, selbst wenn die letzten fünf Minuten von „Blot For Blod Liv For Liv“ wieder von einem Solocello bestritten werden (herzzerreißend schön übrigens, WAS für ein Instrument…). Andere Bands hätten aus dem wirklich verdammt guten Material vermutlich zwei Alben gemacht, oder mehr. Value for money ist eine liebe und nette Sache, aber am Stück ist das Werk kaum zu bewältigen.

Trotzdem haben wir es überraschenderweise mit einer der besten Underground-Black-Metal-Veröffentlichung des bisherigen Jahres zu tun. „Haevn“ hält ein beachtliches Niveau, wiederholt sich nicht, geht den schmalen Pfad zwischen Schönheit, Erhabenheit und Aggressivität leichtfüßig und wächst, und wächst, und wächst. Selbst die Produktion, die ich anfangs für ein wenig schepperig hielt, ist überaus hörbar, beißend, druckvoll und dem Material wie auf den sehnigen Leib gegossen. Außerdem hört man bereits jetzt eindeutig einen völlig eigenen, wiedererkennbaren Stil heraus. Der Mann ist gerade mal Mitte 20, ich bin gespannt, was er uns mit ANGANTYR und MAKE A CHANGE… KILL YOURSELF noch alles beschert.

08.04.2007
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