Der Mann sitzt am Steuer eines Fahrzeuges vermutlich älteren Jahrgangs und starrt konzentriert auf die Straße. Seine Lockenmatte wird von einem braunen Hut mehr schlecht als recht im Zaum gehalten und ein Vollbart bedeckt sein Gesicht. Das Albumcover entspricht genau dem Titel von ANDREW STOCKDALES erstem Soloalbum: „Keep Moving“. Nur wohin bewegt sich Mr. Stockdale dieses Mal?
Bekannt wurde er als Leadsänger der Retro-Rock-Formation WOLFMOTHER, welche 2005 eines der einschlägigsten und besten Alben eines mittlerweile doch sehr überlaufenen Genres veröffentlichten. „Woman“ und „Joker And The Thief“ regierten vollkommen zu Recht sowohl die Independent-Rockcharts als auch das Tagesprogramm von 1Live. Der Nachfolger „Cosmic Egg“ konnte dann vier Jahre später schon weit weniger überzeugen, was auch daran gelegen haben mag, dass STOCKDALE seine komplette Bandbesetzung kurzerhand ausgetauscht hatte. Dennoch, der Sound blieb und es stellt sich natürlich an dieser Stelle die Frage, wie sehr sich ein Soloalbum des unbestrittenen Bandkopfes vom WOLFMOTHER-Material unterscheiden würde.
Direkt vorweg: Die Antwort lautet geringfügig. Die gute Nachricht bei der Sache: Es ist überhaupt nicht schlimm – denn der Mann weiß eindeutig was er kann und wo seine Qualitäten liegen. Deshalb gibt es auch auf „Keep Moving“ wieder eine Fülle an knarzigen, staubtrockenen Riffs, schnellere Nummern wie „Year Of The Dragon“, leise Momente („Suitcase“) und die ein oder andere schleppende Stoner-Anleihe. Mal mehr und mal weniger prägnant, jedoch immer dabei: die Hammond-Orgel. Gelungene DEEP PURPLE-Zitate füllen immer wieder die Lücken zwischen meterhohen Gitarrenwänden und den stimmlichen Ausflügen in höhere Gefilde. Die Gitarrenharmonie im Intro von „Meridian“ ist dann tatsächlich ein neues Element im altbekannten Sound. Fast fühlt man sich hier kurzzeitig an THIN LIZZY oder die ganz frühen IRON MAIDEN erinnert.
Im Ganzen klingt „Keep Moving“ wesentlich weniger hippiesk als es das Cover vermuten lässt. Oft geht es ordentlich nach vorne, auch wenn die psychedelischen Momente wie in „Of The Earth“ natürlich nicht fehlen. Und auch den Blues- und Rock’N’Roll-Elementen wird mehr Platz eingeräumt, als dies noch bei WOLFMOTHER der Fall war. So erinnert das Hauptriff von „Long Way To Go“ nicht nur ein bisschen an die ROLLING STONES. Als Negativpunkt sei vielleicht die Anzahl der Songs zu nennen. Grundsätzlich ist es keinesfalls schlecht, dem Käufer für sein Geld ein Maximum an Musik zu bieten. Allerdings ist es nicht leicht, die Aufmerksamkeit des Hörers über 17 Songs hinweg zu fesseln, zumal natürlich auch nicht jeder einzelne perfekt ist. Dennoch ist „Keep Moving“ ein gutes Album geworden, welches für WOLFMOTHER-Fans genauso zu empfehlen ist wie für jeden, der handgemachter Rockmusik etwas abgewinnen kann.
Kommentare
Sag Deine Meinung!