Anderson/Stolt - Invention Of Knowledge

Review

ANDERSON/STOLT spielen auf ihrem Debüt „Invention Of Knowledge“ vielschichtigen, symphonischen Art Rock. Aber was will man auch anderes erwarten, wenn (ex-)YES-Goldkehlchen Jon Anderson zusammen mit dem seit 1994 waltenden Blumenkönig Roine Stolt Musik macht? Eben.

ANDERSON/STOLT – mehr als die Summe ihrer Teile

Und doch liefern ANDERSON/STOLT nicht unbedingt das ab, was man von ihnen direkt erwarten würde. Stolt ließ im Vorfeld verlauten, dass es nicht darum ging, ein neues YES-Album aufzunehmen. Vielmehr sei „Invention Of Knowledge“ als eigenständiges, modernes Album gedacht, als eines, das sich durch eine gewisse Zeitlosigkeit auszeichne.

Natürlich entdeckt man die YES- aber auch die FLOWER KINGS-Referenzen an allen Ecken und Enden, auch darüber hinaus gibt es Zitate aus dem klassischen Prog, doch wäre es unpassend, ANDERSON/STOLT darauf zu reduzieren. Dafür hat das Album einfach zu viel zu bieten, dafür haben Anderson und Stolt zu viel Zeit und Arbeit hineingesteckt.

„Invention Of Knowledge“ strahlt eine von Grund auf ansteckend positive Aura aus. Es ist durchaus erstaunlich, wie man ein solch abstraktes Thema mit derart viel Leben erfüllen kann, aber ANDERSON/STOLT haben es geschafft. Das Album vermittelt eine naive, geradezu kindliche Abenteuerlust, eine Art Aufbruchstimmung. Ja, „Verdammte Hippies“ kann ich es jetzt schon wieder am anderen Ende der Leitung raunen hören. Und das stimmt auch in gewisser Weise.

Textlich befasst man sich hier mit der Wissenschaft – was bei dem Albumtitel wenig wundert – und mitunter auch deren Auseinandersetzung mit Religion. Letzteres ist besonders schön in Szene gesetzt, da hier nicht der moralisch-pathetische Zeigefinger gehoben wird, wie das andere Bands machen würden. Stattdessen wählt Anderson eine differenzierte Sicht der Dinge und stellt einerseits die Wissenschaft als Herausforderung und Kampfansage dar („We will not surrender to the promises that never come true in the end„), geht andererseits aber auch auf die Grenzen des Verstandes ein („You never go as far as knowing all that is„). Das Ganze zeichnet sich natürlich durch eine gewisse Naivität aus, aber diese macht auch den Charme des Albums aus.

Ebenso vielschichtig und differenziert ist das Songwriting. Die Produktion ist kristallklar, Andersons Stimme thront über dem Geschehen, während Stolt ihn durch die Songs hindurch begleitet. Diese wiederum sind gespickt mit Elementen aus Klassik, Latin, Jazz, Soul, sogar R&B und weit entfernt davon, in gewöhnliche Strophe-Refrain-Muster abzudriften. Eigentlich besteht das Album nur aus vier Songs („Invention Of Knowledge“, „Knowing“, „Everybody Heals“ und „Know…“), diese wurden aber der Übersicht halber in kleinere Happen unterteilt. Dennoch empfiehlt sich der Genuss am Stück, zumal das Album trotz der unkonventionellen Strukturierung sehr gut ins Ohr geht und die Übergänge zwischen den Titeln fließend sind.

Prog für den Sommer

Es hat dieses Jahr kaum ein Prog-Album gegeben, das sich so wunderbar für den Sommer (so er denn noch mal kommt) eignet, wie „Invention Of Knowledge“. ANDERSON/STOLT haben den Soundtrack für bestes Wetter geschaffen und diesem durch Vielschichtigkeit Tiefe verliehen. Es gibt selbst nach zehn Durchläufen immer noch etwas Neues zu entdecken, neue Facetten im Sound, Instrumente, die einem erst nach und nach auffallen – diese Album steckt voller Überraschungen und ich kann es nicht zuletzt aufgrund seiner hervorragenden Hörbarkeit nur jedem wärmstens ans Herz legen, der Lust auf positiv gestimmte Musik mit reichlich Tiefgang hat. Zugreifen!

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24.06.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Anderson/Stolt - Invention Of Knowledge

  1. Fränk sagt:

    Ich hab mir das Album als Doppel LP+CD bestellt.Die CD hatte schon mehrere Durchläufe im Auto.Wenn ich dann ganz entspannt von der Arbeit mit rassanten 110km/h auf der Autobahn nach Hause fahre ist das schon ein erfrischendes Hörerlebniss.Erstaunlich finde ich Andersons gute klare Stimme.
    Etwas mehr ,Gitarrengefrickel‘ a laYES würde mir gefallen.

    8/10
    1. A flower ? sagt:

      110km/h auf der Autobahn ? Ach DU bist das !!
      Ja etwas mehr Eier hier und da hätten dem Werk gut getan. Aber

      8/10