Anathema - The Optimist

Review

Mit „The Optimist“ haben ANATHEMA diese Woche ihr elftes Studioalbum veröffentlicht. Thematisch knüpfen sie damit an ihr 2001er Album „A Fine Day To Exit“ an. Dessen Cover war der Ausgangspunkt für den textlichen Inhalt der aktuellen Platte. Zu sehen ist auf dem Cover ein Strand, betrachtet aus dem Inneren eines Autos, über das Armaturenbrett hinweg. Zwischen Auto und Meer liegt Kleidung verstreut, abgelegt auf dem Weg ins Wasser. Der Gedanke, den roten Faden jetzt dort wieder aufzunehmen: Niemand weiß, was mit dem Verschwundenen passiert ist, wie es danach weiterging. Auf dem aktuellen Album wird er zum Protagonisten, einem Stellvertreter für die Gedanken und Gefühle, die ANATHEMA auf „The Optimist“ ausdrücken wollen. Der Titel des Album-Intros, „32.63N 117.14W“, beschreibt die genauen Koordinaten des Strandes auf dem Cover, Silver Strand Beach in San Diego, Kalifornien.

Anathema A Fine Day To Exit Cover

Klanglich schlägt „32.63N 117.14W“ eine weitere Brücke zu „A Fine Day To Exit“. Man hört Meeresrauschen und wie jemand außer Atem in ein Auto steigt und wegfährt. Auf der Suche nach einem Radiosender stößt er schließlich auf eine Melodie, die den ersten Song des Albums, „Leaving It Behind“ einleitet. Besonders wegen des Albumtitels entsteht dadurch natürlich der Eindruck, dass das, was zurückgelassen wird, die Niedergeschlagenheit ist, die auf „A Fine Day To Exit“ noch vorgeherrscht hat. Dass das nur bedingt gelingt zeigt sich später in „Can’t Let It Go“.

ANATHEMA: Minimalismus, der wirkt

Auch musikalisch zeigt sich „The Optimist“ alles andere als fröhlich, was auch nicht zu erwarten war. Mühelos mäandern ANATHEMA zwischen psychedelischen Melodien, die einen bis ins Tiefste durchdringen, und treibenden Parts. Die zahlreichen Piano-Passagen entfalten ihre volle Wirkung vor allem durch ihre Reduziertheit. „The Optimist“ setzt tatsächlich sehr oft auf instrumentalen Minimalismus, und das mit Erfolg. Kommen dann doch mal alle Instrumente zusammen entwickeln sich vielschichtige Klangwelten. Nicht nur textlich stellt sich die Frage, ob der Albumtitel nicht doch etwas ironisch gemeint ist, denn auch klanglich schwingt eine gehörige Portion Melancholie mit. Eine Ausnahme dazu bildet das Instrumental „San Francisco“, das fast ein wenig fröhlich klingt, aber eben nur fast.

Während die erste Hälfte des Albums ausnahmslos mitreißt, schleichen sich auf der zweiten Hälfte einige schwächere Songs ein. Vor allem „Ghosts“ verblasst nach dem noch sehr starken „Springfield“ doch sehr. Danach bekommen die Briten aber wieder die Kurve, auch wenn sich die wirklichen Hämmer weiter vorne auf der Platte befinden. Insgesamt schaffen ANATHEMA auch hier wieder verträumt schwermütige Atmosphären in denen sie Rock, Jazz, Klassik und Elektro auf eine Art verschmelzen, wie das wohl nur sehr wenige andere hinbekommen, wenn überhaupt. Der letzte Songs, „Back To The Beginning“ schließt dann – augenscheinlich – wieder mit einem Cliffhanger. Ohne zu viel verraten zu wollen sei aber an dieser Stellte gesagt, dass man da noch auf den Hidden Track warten sollte. Dieser bietet zwar musikalisch nichts mehr, gibt aber Aufschluss über das Ende der Geschichte, die auf „The Optimist“ erzählt wird.

11.06.2017

headbanging herbivore with a camera

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