Anal Cunt - 5643 Song EP

Review

Die Vorgeschichte:
Mitte der 80er Jahre, der Grindcore entwächst langsam seinen Kinderschuhen und fängt an Früchte zu tragen. Nicht nur auf der britischen Insel ist man begeistert vom neuen Hammer-Sound, sondern auch drüben in den Staaten wurde man aufmerksam und schickte Genremitbegründer wie REPULSION ins Rennen. 1988 wurden ANAL CUNT gegründet und es sollte nicht lange dauern, bis Seth Putnam, der die Band ursprünglich aus einem Scherz heraus gegründet hat, eine Vision entwickelte. Grindcore reichte nicht mehr, es musste etwas Besonderes her, das schneller, lauter, wilder, kranker, unberechenbarer und abgefahrener ist. Die Idee zu einem (bis heute) bahnbrechenden Experiment war geboren. 1989 sollte das Jahr des Weltrekords werden.

Die Idee:
Seth Putnam wollte mehr als nur Grindcore. Er wollte Krach, Lärm, er wollte das Extremste, was es jemals zu hören gab, er wollte das absolut Machbare ausloten. Zusammen mit seinem Sound-Bastler Mark Lindahl überlegte er sich, wie ANAL CUNT die extremste Platte der Welt, mit den meisten je aufgenommenen Songs herausbringen konnten. Ihnen war natürlich bewusst, dass das Ergebnis einem Experiment gleichen würde und so planten sie eine nur sehr geringe Auflage, die wiederum aus Kostengründen am sinnvollsten auf einer Vinyl 7″ zu realisieren war.

Die Planung:
Sie planten, so viele Songs wie nur möglich auf diese 7″-EP zu quetschen. Da die Spielzeit einer Vinyl-Single natürlich arg begrenzt ist, müsste „gezaubert“ werden. So kam den Beiden der verrückte Gedanke, einfach mehrere Spuren übereinander zu mischen, um das höchstmögliche Ergebnis an Songs auf die Platte zu kriegen.

Die Aufnahme:
ANAL CUNT gingen in ein 16-Spur Studio und manifestierten ihre abgefahrene Vision. Sie holzten die erste Spur in einem Rutsch mit jeweils ein bis zwei Sekunden langen Tracks voll und taten das Ganze dann noch weitere 15 Mal, gemäß der Anzahl an verbleibenden Tonspuren. Sie hatten also 16 Spuren, wovon jede Einzelne randvoll mit Ultrakurzliedern der Marke „You Suffer“ (von NAPALM DEATH) gefüllt war. Nun nahm der menschliche Wahnsinn seinen Lauf. Sie legten diese Spuren einfach übereinander, so dass ein fürchterlich infernalischer Krach entstand. Man hörte ab sofort praktisch ständig 16 Lieder gleichzeitig, welche zusammengezählt über die komplette Spielzeit die hübsche Zahl 5643 ergaben.

Das Resultat:
Ob Noisecore der richtige Name ist, möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen, denn die auf dieser „5643 Song EP“ gebotenen Töne sind kaum noch als Musik zu bezeichnen. Die erste Seite beginnt mit einem langsamen Part, der von ein paar wenigen, unheilvollen Klaviertönen unterstützt wird. Plötzlich endet der Part und das Letzte, was man klar heraushören kann ist, dass Seth Putnam wahnwitzig „go“ schreit, bevor das Unheil seinen Lauf nimmt. Der infernalische Krach, der daraufhin losbricht ist im Grunde unhörbar. Entweder muss man bis unter die Halskrause zugekokst sein, um diesen Alarm ertragen zu können, oder man muss so dermaßen gelangweilt sein von der geläufigen Musik, dass man alles aufsaugt, was nicht der Norm gemäß klingt. Zwischen ohrenbetäubendem Beckengeschepper, pausenlos mehrstimmigem Gekreische und schmerzhaften Übersteuerungen, die in einem Rauschen resultieren, das in etwa den Audioaufnahmen eines Wirbelsturms gleich kommt, bersten sich die ersten fünf Minuten dieser EP durch das Innenohr.
Die zweite Seite beginnt mit einem simplen „one, two, one-two-three-four“ bevor erneut die Hölle hereinbricht. Dieses Mal sind es besonders die Feedback-Orgien, die das Gehör schneller altern lassen. Bei lautem Hörgenuss über Kopfhörer sind nachfolgende Hörschäden mit Sicherheit nicht auszuschließen. Ganz unspektakulär und abrupt endet Seite zwei der Single nach fast genau Sechs Minuten und beendet das apokalyptische Szenario genauso schnell wie es begonnen hat.

Der Sinn:
Ihr glaubt doch wohl nicht ernsthaft, dass ich darüber jetzt etwas schreibe, oder was?!

Release-Info:
Ursprünglich wurde diese Single 1989 von Stridecore Records veröffentlicht mit einer Auflage von 300 Einheiten. Nachdem die Nachfrage doch wider Erwarten etwas größer war, wurde die „5643 Song EP“ in Europa über das deutsche Label TNT+R mit einer Auflage von 1100 Stück erneut aufgelegt. Die Single gibt es mit drei verschiedenen Cover, einmal einem schlicht in Schwarz gehaltenen Artwork und einem mit pornographischen Bildern (beide Stridecore Records), sowie einem lilafarbenem, gemaltem Pornocover (die europäische Version).
1991 wurde die „5643 Song EP“ von Ecocentric Records auf der ANAL-CUNT-Compilation „Greatest Hits Volume One / Fast Boston HC“ erstmals auf CD veröffentlicht und nochmal im Jahre 2000 über NG Records auf der Compilation „The Early Years 1988-1991“.
Sie ist in normalem Vinyl-schwarz gepresst geworden sowie marmoriert in unterschiedlichen Farben.

Das Jetzt:
Mittlerweile ist das Teil natürlich ein absolutes Sammlerstück und auch nur mit viel Glück günstig zu bekommen. Ebay oder Vinyl-Börsen könnten eine Möglichkeit sein, um diesen vertonten Wahnwitz zu ergattern. Viel Glück dabei.

08.08.2007

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2 Kommentare zu Anal Cunt - 5643 Song EP

  1. Anonymous sagt:

    Selbst, wenn man Sammler ist: Warum sollte man diese Scheiße haben wollen? Anhören kann man sich das sowieso nicht. Ich hab’s versucht, aber da kann ich auch einfach ein paar Mülltonnen umtreten, das klingt besser und macht sogar mehr Spaß.

    5/10
  2. doktor von pain sagt:

    Pardon, diese Wertung trifft es eher.