Anaal Nathrakh - Endarkenment

Review

Soundcheck Oktober 2020# 3 Galerie mit 23 Bildern: Anaal Nathrakh - Party.San Metal Open Air 2024

„A New Kind Of Horror“ hat seinerzeit schon die ein oder andere Augenbraue empor gehievt. Die krankhaft bösartige Enthemmung, die eine Art Markenzeichen von ANAAL NATHRAKH ist, wurde ein bisschen abgebaut, um stimmungsvollerem Songwriting Platz zu machen. Unsereins begrüßte die Entscheidung, muss nun aber kräftig schlucken. Denn „Endarkenment“ fährt die Enthemmung der Briten weiter herunter für ein noch zugänglicheres Album, über das in unserer Kommentarspalte zu den Vorab-Tracks bereits mit Begriffen wie SOILWORK geunkt worden ist. Und so ganz lässt sich das leider nicht (mehr) von der Hand weisen.

Bekommt ANAAL NATHRAKH noch mehr Eingängigkeit wirklich gut?

Das macht „Endarkenment“ per se zwar nicht schlecht, da die Grundpfeiler des Bandsounds intakt geblieben sind. Dave Hunt kreischt nach wie vor wie am Spieß und verleiht ANAAL NATHRAKH auch anno 2020 das unverwechselbar Krankhafte, das die Band seit jeher ausmacht. Und songschreiberisch lässt man sich zumindest dahingehend nicht lumpen, dass trotz der höheren Eingängigkeit immer noch gute Songs dabei herumkommen. Der eröffnende Titeltrack beispielsweise ist ein guter, für ANAAL NATHRAKH-Verhältnisse eben leicht verdaulicher Dosenöffner, dem das deutlich feistere „Thus, Always, To Tyrants“ folgt. Und letztgenannter übertrumpft seinen Vorgänger sogar noch – aller Anfang ist gewohnt gut.

Aber mit „The Age Of Starlight Ends“ macht sich fernab der gelungenen atmosphärischen Background-Synths eine Vorhersehbarkeit bemerkbar, die „Endarkenment“ im Gesamten etwas herunterzieht und so klingen lässt, als würden Dave Hunt und Mick Kenney ihren Sound mit Gewalt in eine wenn auch weiterhin herrlich krankhafte Variante des Post-„Clayman“-Melodeath-Songwritings stopfen wollen. Genau dieser Song rechtfertigt auch den SOILWORK-Vergleich, der einem im Solo-Part förmlich ins Gesicht springt. Und sobald man diesen süßlichen Melodeath-Beigeschmack erst einmal wahrgenommen hat, begleitet er einen durch das Album hindurch.

„Endarkenment“ gerät ein bisschen zu berechenbar

Jetzt waren ANAAL NATHRAKH früher irgendwie auch schon melodisch, haben das aber durch pure Aggression kontrastiert oder eben wie zuletzt durch Stimmung relativiert. Doch auf „Endarkenment“ steht eindeutig die melodisch unterfütterte Catchiness im Vordergrund. Per se ist das kein Verbrechen, es macht das Album insgesamt aber sehr berechenbar. Ausnahmen, die vom Schema „Geschriene Strophe, gesungener Refrain“ abweichen, existieren glücklicherweise in der Trackliste und setzen Nadelstiche gegen die Vorhersehbarkeit, der „Endarkenment“ zunehmend anheim fällt.

So gefällt „Beyond Words“ durch seinen Ansatz, der fast ein bisschen altmodischen (Melodic) Black Metal durchscheinen lässt. Die Aggression, die Hunt durch sein abartiges Gekotze mit Selbstverständlichkeit ins Spiel bringt, verleiht dem Song den nötigen Zwang, während der im Hintergrund ertönende Klargesang mehr als atmosphärisches Tool eingesetzt wird. Das etwas weniger eindrucksvolle „Singularity“ reiht sich in die Riege der Tracks ein, die auf eine gesungene Hook verzichten, wie auch das qualitativ aufschließende „Punish Them“. Beides solide Tracks, die aber etwas zu sehr auf ihren Göteborg-Melodien hängen bleiben.

Die Briten machen es ihren Hörern etwas zu leicht

Damit wir uns richtig verstehen: „Endarkenment“ ist nicht weichgespült und daher weit davon entfernt, irgendein SOILWORK-Imitat zu sein. Was draufsteht, steckt auch drin, sodass der Sound der Briten an allen Ecken und Enden wiedererkennbar bleibt. Aber es sind eben viele Entscheidungen hinsichtlich des Songwritings und der Dichte an Melodien getroffen worden, die „Endarkenment“ zwar zu einem Ankerpunkt für zärter besaitete Interessenten machen, aber nicht die alles und jeden rasierende Durchschlagskraft haben, die beispielsweise „The Whole Of The Law“ inne hatte.

Dass das Album derart sauber produziert klingt, spielt dieser Entwicklung aber in die Karten, sodass „Endarkenment“ zumindest für sich genommen konsistent klingt. Man kann es also durchaus genießen. Und mit dem Rausschmeißer „Requiem“ gönnen sich die Briten auf jeden Fall ein atmosphärisch-explosives Finale. Aber das Album ist im Gesamten nicht der gnadenlose, erinnerungswürdige Feger, der es sein könnte. Man kommt schnell rein und findet ebenso schnell seine Lieblinge in der Trackliste, aber das melodiöse Füllmaterial dazwischen fällt schnell wieder der Vergessenheit anheim.

Kleine Randbemerkung: Laut offizieller Trackliste ist dem Album noch ein Intro namens „Intro: The Birth of Tragedy“ vorangeschaltet, das dem Rezensionsexemplar jedoch nicht vorlag.

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27.09.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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13 Kommentare zu Anaal Nathrakh - Endarkenment

  1. BlindeGardine sagt:

    Leider lässt mich das bisher Gehörte auch erstaunlich kalt. Schon die letzte Platte war für Anaal-Nathrakh-Verhältnisse relativ gezügelt, insgesamt fand ich die aber gut, auch wenn der 30-40 Minuten Urschrei-Therapie-Effekt da schon nur noch im Rückspiegel erkennbar war. Das hier klingt zwar jetzt auch nicht scheiße, aber von Anaal Nathrakh erwarte ich halt doch irgendwie etwas mehr. Da fehlt es, wie die Rezension schon sagt, an Durchschlagskraft.

  2. nili68 sagt:

    Für mich ist da nicht mehr oder weniger Durchschlagskraft, es ist nicht besser oder schlechter als sonst. Das Problem für mich ist nur, dass das Konzept an sich etwas abgenutzt ist. Das Lied hier finde ich aber erstaunlicherweise gar nicht so übel. Kann man sich schon ab und zu mal geben.. oder irgend etwas Anderes von Anaal Nathrakh..

  3. BlindeGardine sagt:

    @nili
    Ja, ein wenig Abnutzung ist sicherlich auch dabei, zumal die Band zwar einen sehr markanten Sound hat, gleichzeitig aber auch eben drum in einem recht eng gestrickten Korsett agiert. Keine Ahnung, für die runtergeklappte Kinnlade, die ich beim ersten Hören der „In The Constellation Of The Black Widow“, „Vanitas“ oder „Hell Is Empty“ hatte, sorgt das hier jedenfalls nicht mehr. Die Tendenz zu größerer Eingängigkeit und mehr Melodie sehe ich außerdem etwas kritisch. Das hat bei denen immer sehr gut als Kontrast zu dem irren Geballer und Geschrei funktioniert, stellt man das aber in den Vordergrund, verpufft die Wirkung irgendwie.

  4. doktor von pain sagt:

    Ein bisschen Abnutzung ist auch aus meiner Sicht dabei. Das erste Album, das ich von Anaal Nathrakh gehört habe, ist „The Whole Of The Law“, also ist das noch gar nicht so lange her. Jedenfalls hat mich das ziemlich aus den Latschen gehauen. Aber schon beim Nachfolger „A New Kind of Horror“ dachte ich mir: „Okay, das ist zwar gut, aber halt auch nicht wirklich was Neues.“ Und jetzt scheint die Band ja weiterhin an der üblichen Formel festzuhalten, nur mit mehr Eingängigkeit. Gefallen wird mir das Gesamtpaket schon, da bin ich zuversichtlich – nur überraschen wird’s mich vermutlich nicht.

  5. nili68 sagt:

    Für mich klingt das nicht melodiöser oder ist weniger Geballer/Geschrei als sonst. Warum ist das so? (rhetorische Frage) Wie immer halt. Hängt wohl damit zusammen, wie man Musik wahrnimmt.. An sich ist das auch nicht schlimm, wenn eine Band sich nicht groß verändert, nur der Stil ist halt an sich limitiert, wie BlindeGardine ja schon angedeutet hat.

  6. nili68 sagt:

    Nichts desto trotz, geht der Song mir da oben aber gerade echt gut rein. Kann daran liegen, dass ich die auch länger nicht gehört habe.. und ja, das hätte man auch in einem Posting unterbringen können. lol

  7. Watutinki sagt:

    Ich finde es persönlich auch ziemlich gut. Allerdings kenne ich sonst nichts von der Band und gehe deshalb möglicherweise etwas unverkrampfter daran. Produktionstechnisch wäre es mir normalerweise zu fett, aber das abgefuckte Drumming und die nicht weniger abgefuckten Vocals, sorgen für einen ausreichenden Kontrast. Moderner BM der ordentlich fetzt, epische Melodien mit sich bringt und sofort rein geht. Kann man so machen und ist normalerweise ein Garant für die Charts.

    8/10
  8. Watutinki sagt:

    P.S: DIe Wertung bezieht sich auf zwei Lieder die ich kenne. Eigentlich wollte ich das nicht bewerrten. Na ja.

  9. ArtBeck sagt:

    Ich bin Fan seit „Codex Necro“, dem kompromisslosesten Hassbatzen überhaupt, und fand die Entwicklung bis „VANITAS“ immer wieder mutig und gut umgesetzt – dann stagnierte das ganze ein wenig. Auf dem neuen Album gefallen mir die wirklich ruhigen, teils sphärisch spacigen Passagen sogar am besten. Aber es bleibt leider nur sporadisch und AN setzen vor allem auf ihre Trademarks. Schade – da hätte mir mehr Mut insgesamt deutlich besser gefallen. Brachialer geht’s ja eh nicht mehr.

    6/10
  10. MorbiderMichael sagt:

    Fettes Brett was Anaal Nathrakh da präsentieren. Ich verstehe die Meinung der anderen, muss aus meiner Sicht aber gestehen, dass ich erst zur „A New Kind of Horror“ Scheibe zu den Jungs gefunden habe. Daher ist mir dieser Mix vertrauter – Nach der Kritik einiger hier anwesenden, habe ich mich dann auch mal zu den „älteren“ Scheiben bequemt. Ich gebe der Platte 8/10. Das Album verhält sich wie eine Amplitude und wenn es dann seine Spitze erreicht, dann knallt es richtig.

    8/10
  11. BlindeGardine sagt:

    Nachdem ich das Album jetzt mal am Stück gehört hab, revidiere ich meine ursprüngliche Einschätzung zumindest zum Teil. Schwächer als die letzten paar Alben ist das definitiv nicht und die von mir befürchtete zu starke Entwicklung hin zu mehr Melodie hat auch nur bedingt stattgefunden, jedenfalls nicht weiter tragisch. Aber wenn ich mal wieder mit der Streitaxt meine Wohnung umdekorieren will, taugen mir die alten Alben trotzdem noch etwas mehr.

    7/10
  12. EvilKnevil667 sagt:

    Geht gut rein, knallt und holzt ordentlich, für Anaal Nathrakh Verhältnisse aber weniger als sonst.
    Eines der schwächeren Alben (für mich). Die extremere Ausrichtung der Vorgänger hat mir besser gefallen.

    6/10
  13. daniel sagt:

    was ein brett !! ich steh voll drauf !! keine kritikpunkte !!

    9/10