Anaal Nathrakh - A New Kind Of Horror
Review
Es gibt wenig Schöneres als nach der Arbeit den ganzen Frust, der sich angestaut hat, einfach freien Lauf zu gewähren und ordentlich Dampf abzulassen – schönen Dank an dieser Stelle an ANAAL NATHRAKH, welche mit ihrem neuen Album „A New Kind Of Horror“ die perfekte, musikalische Untermalung dafür liefern. Nach „The Whole Of The Law„, bei dem die britischen Industrial-Black-Grind-Schlächter schon ordentlich die Fetzen haben fliegen lassen, baut das neue Album seinen Vorgänger aus.
Die Formel, auf dem der Sound fußt, ist im Großen und Ganzen gleich geblieben. Wer die Band kennt, wird den mit geradezu teuflischer Inbrunst dargebotenen Mix aus Industrial, Black Metal und Grind-Versatzstücken sofort wiedererkennen. Aber es sind die kleinen Details, die ANAAL NATHRAKH in ihrem Sound hier und da angepasst haben, die sich letzten Endes aufsummieren und „A New Kind Of Horror“ dann doch zu einem eigenständigen Biest machen.
Frischer Wind auf „A New Kind Of Horror“
Die offensichtlichste Anpassung ist die Produktion, die wieder etwas vom puren Druck des Vorgängers weggenommen hat. Klingt erstmal nach einem Kuhhandel, zumal die abartige Härte ja eigentlich ein Markenzeichen der Band ist, bis man diese Entscheidung in Aktion erlebt. Der kantige Boller-Sound ist einer verzerrten, gleichzeitig aber auch nuancierten und vielschichtigen Produktion gewichen, welche die reine Härte zwar nicht direkt abbaut, aber durch einen höheren Fokus auf Atmosphäre ergänzt, weshalb das Geknüppel auf „A New Kind Of Horror“ nicht ganz so enthemmt klingt.
Das Songwriting ist dadurch teilweise stimmungsvoller geworden als auf dem Vorgänger, für ANAAL NATHRAKH-Verhältnisse fast schon subtil. Teilweise reicht das ins geradezu Cineastische hinein wie im Rausschmeißer „Are We Fit For Glory Yet“. Dagegen geht „New Bethlehem“ dank geschmackvoller Synthesizer eher unter die Haut und fährt dann die schweren Geschütze in Form eines irrsinnig hymnischen Refrains zum Niederknien auf, in dem Dave „V.I.T.R.I.O.L.“ Hunt wieder einmal seine sensationelle, melodische Stimmarbeit fernab des kaum verständlichen, wahnsinnigen Gekreisches zur Schau stellt. In „The Reek Of Fear“ scheint er sogar seinen inneren Rob Halford zu kanalisieren mit diesen markanten Falsett-Einlagen in der Hook, die im Kontext des Songs irgendwie auch total krank, geradezu besessen klingen.
Doch es kracht noch ordentlich im Hause ANAAL NATHRAKH
Natürlich steht das Geballer beim Songwriting des britischen Duos trotzdem immer noch im Vordergrund. Mag der Sound auch nicht mehr so wuchtig sein, was natürlich eine bewusste Entscheidung gewesen ist, so wüten sich ANAAL NATHRAKH dennoch erneut und wie von Sinnen durch die Songs, angefangen bei „Obsene As Cancer“, das als Opener (dem Intro „The Road To“ folgend) schon ordentlich zuschlägt. Gekrönt wird das dann mit einem der eingängigeren, clean gesungenen Refrains. Kleinere Details wie bedrohlich hupende Bläser im Hintergrund lassen sich ebenfalls ausmachen und verleihen Tiefe. Und schon hat man einen vielschichtigen Dosenöffner, der den Hörer trotzdem direkt bei den Eingeweiden packt.
Dabei bleiben die Synthesizer klar auszumachen, während Gitarre, Drums und besonders das Gekeife von Hunt noch verzerrter geworden sind. Dieses Album klingt auf eine gelungene, ästhetische Art und Weise hässlich, was definitiv zur abrasiven Stimmung der Songs beiträgt. Doch ist der Sound dynamisch genug, um die ruhigeren, atmosphärischen Passagen unter die Haut gehen und die hymnischen Refrains wie regelrechte Fanfaren klingen zu lassen.
In der Kürze liegt die Würze
Und für das Songwriting kann man den Briten ebenfalls nur gratulieren, da nahezu jeder Ballast abgeworfen worden ist. Das schlägt sich natürlich in der Albumlänge nieder, die nur etwas über eine halbe Stunde beträgt – Chapeau! Es gibt kaum Füllmaterial, das man skippen möchte. Lediglich „Forward“ weist etwas repetitives Riffing auf, doch das nervt eigentlich zu keiner Zeit. Ansonsten sind die Songs durch die Bank weg stark und sehr abwechslungsreich gehalten, sodass neben den bereits erwähnten Hymnen auch ein „Mother Of Satan“ daher kommt, in dem Hunt in der Hook wie von der Tarantel gestochen wiederholt „SATAN!“ brüllt. Da kommt einem der Wahnsinn förmlich aus den Boxen entgegen gekracht.
ANAAL NATHRAKH haben sich definitiv nach vorne bewegt und ein bockstarkes, unglaublich bösartiges Album veröffentlicht, das die Extrem-Metal-Welt anno 2018 wohl noch mal kräftig aufmischen wird. Die Entscheidung, das Album verzerrter klingen zu lassen, hat sich ausgezahlt. Das Album übertrifft seinen ohnehin schon starken Vorgänger und stellt somit einen weiteren, hochwertigen Kandidat für die Jahresbestenlisten dar, der nur verbrannte Erde hinterlässt.
They may sound slightly different, but they will still fucking kill you.
Anaal Nathrakh - A New Kind Of Horror
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User-Wertung | |
Stile | Atmospheric Black Metal, Black Metal, Grindcore, Industrial Black Metal, Industrial Metal |
Anzahl Songs | 10 |
Spieldauer | 32:56 |
Release | 28.09.2018 |
Label | Metal Blade Records |
Trackliste | 1. The Road To 2. Obscene As Cancer 3. The Reek Of Fear 4. Forward 5. New Bethlehem - Mass Death Futures 6. The Apocalypse Is About You 7. Vi Coactus 8. Mother Of Satan 9. The Horrid Strife 10. Are We Fit For Glory Yet (The War To End Nothing) |