An Autumn For Crippled Children - All fell silent, everything went quiet

Review

Die anonymen Blumenkinder AN AUTUMN FOR CRIPPLED CHILDREN (Im folgenden AAFCC abgekürzt) haben nach ihrem Debüt „Lost“ vor zehn Jahren den Weg weg vom depressiven Black Metal, hin zu mehr gefühlvollen und musikalisch weiter aufgestellten Klanglandschaften zwischen angeschwärztem Shoegaze, Synth, Darkwave und Ambient für sich beschritten. Das mal mehr, mal weniger erfolgreich, aber durchaus mit Einschlag in der musikalischen Sparte, die den dunklen und negativen Gefühlen gern ein Post- vornan stellt.

Eingängig kurz und knackig – „All Fell Silent, Everything Went Quiet“ sträubt sich den eigentlichen Genrevorgaben

Mit tatsächlich Veröffentlichung neuer Releases in jedem Jahr seit Gründung zeigt man sich auch äußerst arbeitswillig, von daher dürfte die Ankündigung und baldige Veröffentlichung von „All Fell Silent, Everything Went Quiet“ keine grosse Überraschung für Fans gewesen sein. Vormals eher Geheimtipp, mittlerweile dürfte sich AAFCC durchaus in der Riege der Tonangeber im Post-Black/Shoegaze einreihen. Dabei hat sich im Vergleich zu den Vorgängern gar nicht so viel getan (sieht man vom Labelwechsel zu Prosthetic ab).

Immer noch bleibt Schrammel-Black-Metal die Grundlage, die Produktion ist angenehm rau und unperfekt für diese Sorte Musik, welche bei anderen Vertretern sonst ja meist einsalbend, gut produziert und verträglicher ist. AAFCC sind sperriger, schwerer zugänglich, aber die Keyboards, Ambienteinflüsse und weitere schon von den Vorgängern bekannte Ausflüge in andere Genres lockern die Chose auf, bringen Akzente hinein.

Eine weitere Besonderheit von AAFCC im Gegensatz zu ihren Kollegen, die ja sonst gern ihre Atmosphäresauce sehr weit ausdehnen und verlängern, ist die Kürze und Eingängigkeit ihrer Songs. Dies verhindert somit Ermüdungserscheinungen von Anfang an und macht sie sehr viel zugänglicher. Trotzdem wird die emotionale Komponente bedient.

AAFCC sind immer noch einzigartig in ihrem Metier, aber musikalisch stagnierend

Zu weilen beinahe beschwingt aufgelegt, dringen immer wieder Sonnenstrahlen zwischen all die grauen Facetten des Lebens („Water’s Edge“, „Everlasting“). „None So Pale“ tänzelt zwischen Indie und Blackgaze, der Titelsong versucht sich in gross aufspielenden Melodiebögen, auch im Abschlusssong „Distance“ versucht man sich an ein wenig Epik, was durchaus gut gelingt. Der Schwachpunkt der Songs ist es, dass sie sich untereinander doch schon arg ähneln und immer irgendwo dasselbe Schema bedienen.

Gross ausgebrochen, etwa in die totale Wohlfühlstimmung oder die totale Attacke wird nicht sonderlich. So bleibt eine Art Schwebezustand, das Verweilen im grau melierten Schleier im Regen, durch den öfters mal die Sonne durchbricht, allerdings ohne wirklich ihre Wärme zu spüren und auch ohne gänzlich auszukühlen. „Weder Fisch noch Fleisch“, falls das auch in Friesland ein Begriff ist.

AAFCC bleiben in ihrem (auch von sich selbst festgesteckten und ausgeloteten) Metier, liefern das, was sie am besten können und somit auch auf „All Fell Silent, Everything Went Quiet“ weiterhin hohe Qualität ab. Allerdings stagniert man kreativ auch ein wenig. Wirklich grosse Sprünge zu dem Vorgänger „The Light Of September“ hat man nicht gemacht und dieser beinhaltet wahrscheinlich sogar das bessere Material.

Leute die sowieso alles mit Post-, Gaze- und weiteren Zusätzen als nicht „trve“ ansehen werden auch definitiv hiermit nicht warm. Allen anderen ALCEST-Fans und Konsorten sei durchaus Reinhören und bei Gefallen der Kauf von „All Fell Silent, Everything Went Quiet“ angeraten. Nur grosse Innovationen oder Sprünge sollte man nicht erwarten.

04.05.2020
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