AMPLIFIER kehren mit „Trippin‘ With Dr. Faustus“ zurück. Die Band um Sel Balamir hat zwei Jahre mit der Kreation des sechsten Albums zugebracht. Das Ergebnis kann sich hören lassen, denn der Sound der Platte ist ein Träumchen. Der Klang der Gitarren ist druckvoll und warm. Dazu klingen Schlagzeug und Bass knackig und kantig. In Sachen Produktion stimmt hier also alles.
Der Nachfolger von „Mystoria“ hat dabei wieder diese für die Band ganz typische Verschrobenheit mitgebracht, die dieses Mal jedoch wieder in ein deutlich rockigeres Gewand gesteckt worden ist. Markante Merkmale: seltsame Texte und deren Darbietung durch Balamir, die irgendwie immer zwischen entrückt und sarkastisch einzuordnen ist. Ebenfalls typisch ist der leicht schielende Blick in Richtung Prog, der dieses Mal jedoch bei weitem nicht so ausufernd ausgefallen ist. Mit anderen Worten: Wer regelmäßig zum „Octopus„-Schrein beten geht, wird hier größtenteils leer ausgehen.
Das heißt nicht, dass es hier nicht doch einiges an Progressivität zu bewundern gibt. „Silvio“ ist laut Presseinfo ein Track aus ebenjener Zeit, der es damals nicht auf „Octopus“ geschafft hat, nun aber den Ausgangspunkt für die Arbeiten an „Trippin‘ With Dr. Faustus“ markierte. Auch „Horse“ weißt eine enorme Experimentierfreude auf, gerade was die Riffs angeht. Die fallen vor allem zum Ende des Tracks hin ziemlich schräg aus und zeugen von dem Potential, das in den Songs steckt.
AMPLIFIER und das verflixte Songwriting
Leider hat „Trippin‘ With Dr. Faustus“ mit sehr zähem Songwriting zu kämpfen. Um es mal vorweg zusammenzufassen: Jeder einzelne Song hätte locker um ein Drittel gekürzt werden können, ohne dass man etwas vermissen würde. Mit einer Druchschnittslänge von knapp sechs Minuten schlagen die Tracks nämlich kräftig zu Buche und haben dabei selten die Substanz, um diese Längen zu rechtfertigen.
Der Opener „Rainbow Machine“ braucht ziemlich lange, um in die Gänge zu kommen. Das gedrosselte Tempo des Tracks hilft hier auch nicht sonderlich, wobei dieses ein Problem ist, mit dem sämtliche Tracks der Platte zu kämpfen haben. Das trifft auch auf die typisch britische, trockene Gesangsdarbietung von Balamir zu. Diese dezente Unaufgeregtheit ist zwar sein Markenzeichen, ebenso wie die zum Teil etwas seltsamen Texte. Doch hat man sich erwartungsgemäß schnell daran satt gehört. Das folgende „Freakzone“ ist mit seinen knapp achteinhalb Minuten ein geradezu exzessives Beispiel dieser Probleme. Hinzu kommen in diesem Falle langweilige Riffs aus dem Alternative-Baukasten, für die man eine Amateurband sofort schassen würde. „Anubis“ ist komplett akustisch gehalten und – kombiniert mit den angesprochenen Aspekten – der wohl unspektakulärste Track des Albums. Und warum es „Silvio“ seinerzeit nicht auf „Octopus“ geschafft hat, hört man dem Song anhand der angesprochenen Punkte ebenfalls deutlich an.
Licht, Schatten und Dr. Faustus
Dabei unterhalten wie weiter oben angedeutet die experimentelleren Ausflüge der Band hervorragend. „Kosmos (Grooves Of Triumph)“ lässt vor allem durch sein Abwechslungsreichtum aufhorchen. „Big Daddy“ kommt mit weiblicher Gesangsunterstützung von Beth Zeppelin daher. Das Songwriting ist hier zwar auch wieder problematisch. Doch sie bringt allein durch ihre Stimme frischen Wind in den Track hinein.
Alles in allem enttäuschen AMPLIFIER aber mit ihrer neuen Platte etwas. Man kann die Zeit und Arbeit, die in den Sound an sich gesteckt worden ist, deutlich hören. Doch hier hat die Band eindeutig mehr Zeit damit verbracht, die Songs gut klingen zu lassen, anstatt sie durch gutes Songwriting interessant klingen zu lassen. Alles in allem retten die netten Ideen der Band, die hier und da zum Vorschein kommen, sowie der beispielhafte Klang der Platte ebendiese gerade so ins obere Mittelfeld.
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