Amon Amarth - Surtur Rising

Review

Schon zu Zeiten ihres vierten Albums „Versus The World“ vor nun bald einer Dekade sahen sich AMON AMARTH den missliebigen Rufen mancher Kritiker ausgesetzt: Mangelnde Innovationskraft, das ständige Aufwärmen der ewig gleichen Formel, wurde ihnen vorgeworfen, das Material als belanglos abgetan. Die Stimmen, die den schwedischen Melodic Deathern zudem eine schleichende, aber kontinuierliche Verweichlichung und Kommerzialisierung ankreideten, wurden seitdem mit jeder neuen Platte lauter. Demgegenüber steht die stetig wachsende Anhängerschar, die 2008 dafür sorgte, dass AMON AMARTH mit ihrem letzten Album „Twilight Of The Thunder God“ erstmals die deutschen Top Ten knackten und in bis dahin unbekannte Erfolgssphären vorstießen.

„Surtur Rising“, das mittlerweile achte Studioalbum des seit 1992 aktiven Fünfer-Trupps, ist wie die beiden Vorgänger erneut bei Jens Bogren in den Fascination Street Studios in Örebrö eingezimmert worden und wirft wie jede neue Veröffentlichung die gleichen Fragen auf. Ist im Hause AMON AMARTH alles beim Alten geblieben oder wagt man doch einmal einen überraschenden stilistischen Ausbruch? Hat man den Pop-Appeal erneut erhöht? Dass das Quintett mit einer der im Metal-Zirkus wohl meisterwarteten Veröffentlichungen des Jahres 2011 wie immer polarisieren wird, steht bei alldem außer Frage.

Schon das die für AMON AMARTH übliche Stilistik und Farbgebung aufgreifende, gelungene Coverartwork verweist darauf, dass sich die Schweden keine Drachenbootlänge von dem entfernt haben, was sie groß gemacht hat: die zumeist Midtempo-lastigen Kompositionen mit den gefälligen melodischen Leads, Johan Heggs (teils sehr) tiefer Gesang und die Themen aus der nordischen Mythologie, alles wie gehabt. Nein, es gibt sie nicht, die große Überraschung, wenngleich man ein paar winzige Kurskorrekturen ausmachen kann: So erscheinen die Kompositionen wieder etwas komplexer als zuletzt, der Strophe-Refrain-Aufbau ist mitunter nicht mehr ganz so augenscheinlich. Auch die vielleicht befürchtete weitere Glattbügelung und Kommerzialisierung des Sounds scheint trotz erneut sehr klarer Produktion gestoppt, wenngleich es natürlich auch keine Rückkehr zum Härtegrad der eigenen 90er-Jahre-Veröffentlichungen gibt.

Die orchestralen Einsprengsel in „Doom Over Dead Man“ und speziell das episch-melancholische „The Last Stand Of Frej“ als eine der langsamsten Nummern der Bandgeschichte zeugen vom Willen, etwas Abwechslung ins Spiel zu bringen. Die typischen Midtempo-Stücke und einige flotte Brecher dominieren nach wie vor; besonders zu gefallen wissen das sechsminütige „Töck’s Taunt – Loke’s Treachory Part II“ mit Heggs tiefem Organ in den Strophen und dem vor allem im Kontrast dazu wirkenden, enorm melodiösen Mittelteil, das furiose „Destroyer Of The Universe“ mit eingängigem Refrain und der schwere Stampfer „Wrath Of The Norsemen“. Trotz dieser guten Stücke streckt einen auf „Surtur Rising“ kein Hammerschlag à la „Death In Fire“ nieder, es fehlt dem Album die Strahlkraft einer großen Hymne, die alle Zweifler im Sturm für sich einnimmt. In manchen Momenten – etwa beim drögen „Slaves Of Fear“ – wirken AMON AMARTH gar ziemlich uninspiriert und leidenschaftsarm.

„Surtur Rising“ ist ganz nach bewährtem AMON AMARTH-Muster aus Melodie und Aggression geschmiedet und dabei das Album geworden, das man erwarten konnte – im Großen und Ganzen ansprechend und durchaus starke Momente besitzend, aber leider auch zu keiner Zeit überraschend oder atemberaubend. Diejenigen, denen nach ihrer zweijährlichen Dosis AMON AMARTH verlangt, werden sich nach wie vor nicht daran stören beziehungsweise diese Kritikpunkte gar nicht wahrnehmen und so wird der Erfolg den Schweden erneut Recht geben. Schade, dass man die Flammen nicht einmal unkontrollierter hat lodern lassen – gerade jetzt, wo man doch Surt, den Ersten der Feuerriesen und Auslöser des Weltenbrandes besingt.

12.03.2011
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