Amestigon - Sun Of All Suns

Review

Ziemlich unbemerkt von der breiten Metalöffentlichkeit haben die Österreicher AMESTIGON im Januar nach einer überschaubaren Zeit von fünfzehn Jahren ihr erstes Album veröffentlicht. Unbemerkt deshalb, weil „Sun Of All Suns“ bei einem Label lieblichen Namens – Hau Ruck! Records, geführt von dem umstrittenen Albin Julius – erschienen ist, das sonst vornehmlich im Neofolk-Bereich wildert. Übrigens ein Genre, das an Albernheit, Aufgesetztheit und Prätention schwer zu überbieten ist. Für eine Band, die ABIGOR musikalisch und ideell einmal gar nicht so fern war und 1996 eine grandiose Split-CD mit ANGIZIA veröffentlicht hat, ist das überraschend.

Dass AMESTIGON als ehemalige Schützlinge von Napalm Records im Windschatten von ABIGOR sich trotzdem in den Kaisertreue-und-Kitsch-Bereich vorwagen, hängt mit ihrem Line-Up zusammen: neben Tharen (ex-immer-mal-wieder-bei-ABIGOR) als Kopf der Band ist neben einem Gitarristen mit dem originellen Pseudonym Wolf auch ein gewisser Lanz dabei. Der Mann verfolgt neben seiner Metallaufbahn eine Zweitkarriere als Neofolk-Recke bei so illustren Kapellen wie DER BLUTHARSCH – zusammen mit genanntem Albin Julius. Spätestens hier vergeht mir eigentlich die Lust, die Platte zu hören.

Nach dem stimmungsvollen „Autophobia“, das mir aus modulierten Synthesizer-Dudelsäcken und -Maultrommeln zu düsterem Sprechgesang zu bestehen scheint, macht „Daymares, Ketamine & Misantrophy“ glücklicherweise gleich klar, dass es hier weniger um’s Kaiserreich als vielmehr um recht ruppigen Black Metal mit nicht sonderlich lebensfrohen Texten geht. Das ist keine Offenbarung, aber allemal interessant umgesetzt. AMESTIGON haben sich nämlich entschieden, weder Überschallschiene noch weinerliches Geseiere zu kopieren, sondern eine eigene, bedrückende Ausdrucksform auf die Beine zu stellen. Dabei mag der etwas stiloffenere Neofolk-Hintergrund sein Gutes getan haben. Aufatmen, es ist also kein Ketamin nötig, um die Platte zu ertragen.

Das Resultat ist eher interessant: eine Menge Halbakustisches, Soli am überdeutlichen Bass, waberndes Synthesizer-Ambiente, Chöre, dynamische Arrangements, fast perkussiv eingesetztes Schlagzeug – insgesamt für eine Black-Metal-Truppe eher untypisch und deutlich in Richtung Doom und PostRock tendierend. Auch die Produktion hat mit der ultraverhallten Transistor-Orgie der alten Aufnahmen nichts mehr zu tun, sondern ist organisch, angenehm unbearbeitet, warm und tragend. Irgendwie hat das Anklänge an SECRETS OF THE MOONs „Stronghold Of The Inviolables“, in all seiner ritualistischen, schwer durchdringbaren Atmosphäre.

Nach ein paar Durchläufen ist „Sun Of All Suns“ für Kenner der frühen AMESTIGON zwar immer noch eine Überraschung, aber eine durchaus positive. Die erfreuliche Tendenz im Black Metal (gerade bei gestandenen Bands), von standardisiertem Riffing und allzu übler Klischeereiterei wegzukommen, ist auch auf dieser Platte zu beobachten. Zwar sind Okkultismus und Selbstzweifel thematisch nicht einzigartig, die Umsetzung mit ihrer kriechenden, lauernd-langsamen Bösartigkeit aber schon eher.

Schade ist, dass „Sun Of All Suns“ mit nur fünf echten Stücken etwas kurz und zudem inhomogen wirkt – eine engere Verkettung von doomigen, experimentellen Songs und ursprünglichem Black Metal wäre – auch produktionstechnisch – durchaus wünschenswert gewesen. Das beeindruckende „That Which Is Falling…“ mit Silenius von SUMMONING am Gesang zeigt, dass das geht. So reicht es nach ein paar Jahren Pause für leicht angerostete

Shopping

Amestigon - Sun of All Sunsbei amazon17,94 €
06.05.2010

Shopping

Amestigon - Sun of All Sunsbei amazon17,94 €

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37094 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

1 Kommentar zu Amestigon - Sun Of All Suns

  1. herr kröte sagt:

    Eigentlich finde ich nur eines an diesem Silberling kritikwürdig: Die Länge. Wenn man sich solange Zeit für ein Lebenszeichen gelassen hat, darf es ruhig etwas mehr sein. Ansonsten: Beifall!

    Die – mal wieder – gänzlich absolutistische Abrechnung des Rezensenten mit einem Musikstil gehört nicht in dieses Review.

    7/10