Almanac - Tsar

Review

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Victor Smolski und RAGE gehen seit 2015 offiziell getrennte Wege. Immerhin gehörte er 15 Jahre lang zum Lineup der Band und prägte ihren Sound durch sein furioses wie virtuoses Gitarrenspiel und seine Tätigkeit als Songwriter in dieser Zeitspanne maßgeblich. Peavy Wagner ist nun zwar mit neuem Lineup unterwegs, muss aber ohne die flinken Finger des Weißrussen auskommen. ALMANAC, die neue Band von Smolski, haben dieses Problem natürlich nicht. Und so überrascht es wenig, dass „Tsar“, das Debüt dieses All-Star-Projektes, gelegentlich Erinnerungen an die vergangenen 15 Jahre RAGE wach werden lässt. Glücklicherweise macht das „Tsar“ jedoch lange nicht zu einem Nostalgie-Album.

ALMANAC befassen sich inhaltlich mit historischen Ereignissen wie Schlachten, Intrigen, Mord und Totschlag. Victor Smolski hat sich das Album „LMO“ des LINGUA MORTIS ORCHESTRA zur Blaupause genommen und arbeitete die neuen Songs aus mit dem Hintergedanken im Kopf, den Sound von „LMO“ moderner und härter klingen zu lassen. Mit Jeanette Marchewka ist auch eine Sängerin des LINGUA MORTIS ORCHESTRA-Projektes auf „Tsar“ zu hören. Die Lead-Vocal-Sektion wird mit David Readman (PINK CREAM 69) und Andy B. Franck (BRAINSTORM) komplettiert, während Enric Garcia (Keyboards), Michael Kolar (Schlagzeug) und Armin Alic (Bass) mit Smolski den metallischen Kern von ALMANAC bilden. Orchestrale Unterstützung lieferten das Orquestra Barcelona Filharmonia sowie das White Russian Symphony Orchestra.

ALMANAC knüpfen also bei „LMO“ an, klingen aber mehr auf den (Power) Metal fokussiert. Die orchestrale Unterstützung ist tatsächlich eine solche und hält sich weitestgehend im Hintergrund, um die Gesangs- und Gitarrenmelodien zu untermalen. Das geschieht mal durch Doppelungen der gespielten Riffs oder der gesungenen Parts, mal durch romantisierende Melodiebögen, die sich an das Riffing des Herrn Smolski anschmiegen, seltener auch durch kontrapunktierende Motive. Gelegentlich tritt das Orchester aber doch in den Vordergrund, um beispielsweise ein neues Hauptriff vorzustellen wie bei „No More Shadows“ – langweilig wird es jedenfalls nicht, sicher auch dank der herausragenden Produktion, durch welche die Songs ordentlich knallen und organisch wirken. Und dennoch bietet der Sound ausreichend Transparenz.

Nicht wenige stören sich regelmäßig daran, dass bei Klassik-meets-Rock/Metal-Projekten die Klassik als solche oft ins Hintertreffen gerät, eine Verschmelzung beider Teile kaum stattfindet oder sie die Musik unnötig aufbläst. Und „Tsar“ wird diesbezüglich sicher auch für Diskussionen sorgen, die Klassik als solche findet streng genommen nur oberflächlich statt. In dieser Hinsicht erfinden ALMANAC das Rad natürlich nicht neu.

Doch das brauchen sie auch nicht, denn als Heavy-Metal-Songs mit orchestraler Begleitung funktionieren die Stücke von „Tsar“ hervorragend. Jeder einzelne der acht Tracks – „Darkness“ fungiert als Intro für „Hands Are Tied“ und ist mal außen vor gelassen – hat Klasse und Charakter und kommt ohne unnötige, progressive Schnörkel bestens aus. Wichtiger noch: ALMANAC klingen wie eine Einheit, zu keiner Zeit kommt der Eindruck auf, dass Victor Smolski hier irgendeine Art von Egotrip abfeiert, auch wenn sein Riffing natürlich allgegenwärtig ist. Er weiß einfach, wann er sich zurückzunehmen hat – und wann er richtig loslegen kann. Ebenfalls großes Lob muss man für die schönen Gesangsmelodien und -arrangements aussprechen, die durch und durch gelungen sind und ein ums andere Mal für ein wohliges Kribbeln sorgen.

„Tsar“ bietet acht Power-Metal-Hymnen von edelster Qualität, deren gutes und trotz überdurchschnittlicher Länge der Titel schnell auf den Punkt kommendes Songwriting eine Klasse für sich darstellt. Aha-Momente, die mal mehr, mal weniger subtil sind (beim Solo von „No More Shadows“ springt dem Hörer ein solcher förmlich ins Gesicht), runden zudem das Vergnügen für aufmerksame Hörer ab. Mit „Tsar“ hat Victor Smolski ordentlich vorgelegt, sodass ALMANAC das Potential haben, eine neue, feste Größe in der europäischen Heavy-Metal-Landschaft zu sein. Gleichzeitig dürfen wir gespannt sein, wie RAGE nun im Juni darauf antworten werden…

10.03.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Almanac - Tsar

  1. HH7 sagt:

    Die CD, wie auch die Band live, einfach ein „MUSS“ für Fans von sehr guten Musikern, die absolut ihr Handwerk verstehen. Hier trifft Rock Metal, Klassik Mittelalter, usw., überzeugt euch selbst!
    3 erstklassige Sänger inclusive 1 Frau, die unterschiedlicher nicht sein können, ein spitzen Bassist wie Drummer und dazu Gitarrenhero Victor Smolski. Sorry, aber allein der ist sein Eintrittsgeld wert! Das Album Tsar ist einfach nur Spitze, hat wirklich keinen Durchhänger und macht nach jedem weiteren hören immer mehr Spaß. Ich freu mich auf das 2. Album, was bald erscheinen soll. Einen Song daraus habe ich schon live hören dürfen! Weiter so!!! Die 10 Punkte sind nicht weit entfernt!

    9/10