Alligatoah - OFF
Review
„Was hat ALLIGATOAH überhaupt mit Metal zu tun?“, werde ich gefragt als ich von meiner aktuellen Review-Platte “OFF“ erzähle. Eine berechtigte Frage. Musikalisch bisher tatsächlich nicht so viel. Dass Lukas Strobel aka ALLIGATOAH sich als Metaller gefangen im Körper eines Rappers identifiziert, ist auf der anderen Seite keine völlig neue Info. Seit seinem spektakulären Exit von den sozialen Medien nach der letzten Tour, dachte wohl der eine oder andere, der Rapper hätte seine Karriere an den Nagel gehängt. Obwohl das glücklicherweise nicht der Fall ist, hat ALLIGATOAH mit dem Ausstieg nicht nur für Publicity gesorgt, sondern auch einen klaren Bruch zwischen dem „alten“ ALLIGATOAH (1989 – 2023) und dem neuen (2024 – ?) herbeigeführt.
Die Metal-Reinkarnation des ALLIGATOAH?
Damit die Fans direkt mitbekommen, dass Schnappi jetzt andere Saiten aufzieht, beginnt der erste Song des Albums “ICH FÜHLE DICH“ mit einem Metal-Riff und wütendem Schlagzeug, um dann nonchalant ohne auch nur eine Sekunde Pause in einen Hip Hop-Beat mit gewohnten ALLIGATOAH-Vocals überzugehen. Ziemlich genau 14 Sekunden braucht der Musiker, um zu etablieren, dass er zu einem Crossover-Album absolut das Zeug hat. Das ist generell der Ansatz, den er auf “OFF“ verfolgt. Entweder, ALLIGOATOAH brettert direkt mit Metal-Riffs und maximalem Hass los, um sich schlagartig wieder zu beruhigen, oder der Song beginnt ganz unscheinbar als klassische Rap-Nummer, bis sich das erste Riff seinen Weg bahnt.
Auch die auf “OFF“ vertretenen Gastkünstler, von denen es einige gibt, vereinen das Beste aus beiden Welten. Mit BAUSA bei “WEISSE ZÄHNE“ und TAREK K.I.Z. bei “PARTNER IN CRIME“ ist die deutsche Rapszene vertreten, während GUANO APES bei “MENSCHLICHES VERSAGEN“ und KREATORs Mille Petrozza, der das Riff auf “ICH ICH ICH“ einspielt, die Seite des Rock/Metal repräsentieren. Stargast auf dem Album ist allerdings LIMP BIZKIT Frontmann Fred Durst, der ALLIGATOAH bei “SO RAUS“ unterstützt, das passenderweise davon handelt, den Zeitgeist zu verpassen. Immerhin ist die Hochphase der Crossover-Bands à la HOLLYWOOD UNDEAD nun auch schon ein paar Jahre her.
“OFF“ ist mindestens genau so viel Rap wie Metal
Alles ist auf “OFF“ auf der anderen Seite auch nicht neu. Es ist unbestreitbar ein ALLIGATOAH-Album, das vor bitterem Sarkasmus und cleveren Texten nur so strotzt. “WER LACHT JETZT“ dürfte das Herz eines jeden selbstverachtenden Metal-Fans mit den Worten „Du warst noch nicht mal acht, da hab ich mich schon verachtet“ in Kombination mit einem waschechten Black-Metal-Instrumental erwärmen. Auch “WEISSE ZÄHNE“ überzeugt lyrisch und bringt die Metal-Seite des Krodilsfanclubs sicher zum Schmunzeln. “Deine Frisur sagt, du hast noch niemand headgebangt“, pöbelt der deutsche Rapper. Das sagt der Richtige…
Aber genau diese Attitüde der Selbstironie ist es, durch die ALLIGATOAH den Spagat zwischen den beiden Szenen schafft. Für die Rap-Fans mag “OFF“ tatsächlich ziemlich metallisch klingen, während die Metal-Fans in der Hörerschaft ALLIGATOAHs erste echte Gehversuche im Metal wohlwollend zur Kenntnis nehmen und sich bei seinen Growls vielleicht eher wie stolze Eltern fühlen, die nach dem ersten Bild ihres 5-jährigen bereits einen Picasso vor sich sehen. Ob das die Zukunft ist, die ihm in metallischeren Gefilden beschieden ist, bleibt vorerst abzuwarten.
ALLIGATOAH vereint das Beste aus beiden Welten
“OFF“ ist ein Album, das kaum Schwächen aufweist, in keine der typischen Crossover-Fallen tappt und fast jedes Bedürfnis befriedigt, das ein Musikfan haben könnte. Von headbangen über mitsingen, von lautstark mitpöbeln bis Luftgitarre spielen, alles geht. Mit “DAYLIGHT“ endet das Album zwar nicht gerade mit einem Knall und die Welt wäre wohl auch ohne ein halbherziges Rock-Cover eines NO ANGELS-Songs zurechtgekommen, aber immerhin wissen wir jetzt, dass das Krokodil auch Englisch kann. Herzlich willkommen auf der dunklen Seite der Macht, ALLIGATOAH!
Alligatoah - OFF
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Crossover, Hip Hop |
Anzahl Songs | 12 |
Spieldauer | 41:15 |
Release | 22.03.2024 |
Label | Alligatoah |
Trackliste | 1. ICH FÜHLE DICH 2. NIEMAND 3. WEISSE ZÄHNE (feat. Bausa) 4. WER LACHT JETZT 5. SO RAUS (feat. Fred Durst) 6. SCHEISSDRECK 7. MENSCHLICHES VERSAGEN (feat. Guano Apes) 8. KÜSSEN 9. ES KRATZT 10. ICH ICH ICH (mit Solo von Mille Petrozza, steht aber nicht in der Promo) 11. PARTNER IN CRIME (feat. Tarek K.I.Z.) 12. DAYLIGHT |