
Seit 2015 haben sich ALLEGAEON hinsichtlich ihres ureigenen Stils eingegroovt. Das liegt einerseits am immer weiter ausgefeilten Songwriting von Greg Burgess, Michael Stancel (beide Gitarre) und Brandon Michael (Bass), auf der anderen Seite an der entsprechenden Anpassung an den Gesangsstil und die vielen Clean Vocals von Riley McShane. Letzterer ist nach nun drei Alben mit dem Höhepunkt der letzten Platte „Damnum“ ausgestiegen und wird auf dem aktuellen Werk „The Ossuary Lens“ wieder von Ursänger Ezra Haynes ersetzt. Dieser hat die Band in ihrer Frühphase begleitet, in der harsche Gesangslinien noch zweifelsfrei im Vordergrund standen.
Progressive Melodeath-Brecher
Gleich zu Beginn also die Beantwortung der Schlüsselfrage: Die Band aus Colorado nimmt keine generelle Rückbesinnung auf ihre Anfangstage vor, sondern geht ihren Weg auch mit neuem Frontmann gewissermaßen weiter. Das funktioniert auf „The Ossuary Lens“ zusammenfassend bemerkenswert gut. Was ALLEGAEON generell erstmals in ihrer Karriere wirklich erkannt zu haben scheinen, ist der Faktor Kompaktheit. Das gilt sowohl für die grundsätzliche Spielzeit, die neuartigerweise unter 50 Minuten liegt, gleichsam aber auch für die Kompositionen die knackiger wirken, die manchmal dann aber auch ihre besondere Verkopftheit ablegen.
Stücke wie das einleitende „Chaos Theory“ oder „Dies Irae“ sind insbesondere für ALLEGAEON-Verhältnisse ziemliche straighte Melodeath-Brecher mit progressivem Anspruch, die aber auch unter diesem Banner ihre Wirkung erzielen. Die bandeigenen Trademarks wie Burgess‘ offensichtliches Faible für Akustikgitarren oder auch virtuose Saitenläufe zwischen ihm und Stancel finden sich auf „The Ossuary Lens“ in den Details. Für „Dark Matter Dynamics“ haben sich die US-Amerikaner zusätzlich noch die Dienste von Akustikvirtuose Adrian Bellue gesichert, wenngleich dieses Element sowieso erweiterten Stellenwert im Soundbild erhält.
Konsequente Fortführung des Weges
Im Jahr 2025 treten ALLEGAEON vor allen Dingen vielschichtig auf und illustrieren ihre Vision von verschiedenen Blickwinkeln des Todes soundtechnisch und atmosphärisch auf unterschiedliche Weise. Mal gibt es erbarmungslos Futter für die Kauleiste, dann wird man wieder feinfühliger. „Wake Circling Above“ könnte mit seinem melodischen Charakter und hervorragenden klaren Vocals auch auf einer SOILWORK-Platte stehen. Ohnehin ist das feine Händchen für Refrains und umgarnende Momente auf „The Ossuary Lens“ vielleicht noch einen Schritt ausgeprägter – Chaos ist hier vollkommen Fehlanzeige.
Der bereits eingeschlagene Weg wird hier konsequent weitergeführt, wobei auch die Rückkehr zu Gründungsmitglied Haynes keinen Bruch dessen darstellt. Tolle Hymnen, teilweise mit Hang zur Epik, und das auf einem hohen spielerischen Niveau – dafür stehen ALLEGAEON weiterhin.
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