Allegaeon - Damnum

Review

Soundcheck Februar 2022# 5

Die US-Deather ALLEGAEON haben nach ihrem letzten Album „Apoptosis“ vor zwei Jahren die Corona-bedingte Pause genutzt und wieder fleissig neue Songs geschrieben, die nun in Form von „Damnum“ auf die Menschheit losgelassen werden. Das neue Album hat, wie sollte es anders sein, auch mit den Problemen während der Pandemie und privaten Verlusten zu tun. Albumtitel „Damnum“ ist ja Latein für Verlust, also viel offensichtlicher geht es eigentlich nicht.

Auch das Besetzungskarussell hat sich einmal mehr gedreht: Hinter der Schiessbude hat Jeff Saltzmann Platz genommen und füllt diesen Posten souverän aus. Dem spindeldürren jungen Mann sind die wütenden Blast-Feste auf diesem Album auf den ersten Blick schwerlich zuzutrauen.

„Damnum“ nimmt sich mehr Platz für „cleane“ Parts – stimmlich wie auch instrumental

Erneut wurde mit Dave Otero zusammen aufgenommen und produziert, was „Damnum“ auf Produktionslevel direkt an „Apoptosis“ somit anschließt. Und rein musikalisch?

Was sich auf dem Vorgänger schon abgezeichnet hatte, wird auf „Damnum“  weiter fortgeführt: Die cleanen Gesangspassagen werden vermehrt eingesetzt und lassen Sänger Riley McShane wirklich glänzen! Auch sonst gibt es in den Songs stilistisch wieder eine große Vielfalt zwischen verkopften Abschnitten, amtlichen Mörtelpassagen und wieder einmal Greg Burgess‘ unnachahmliches Händchen für die akustische Gitarre, bereits im Start zum sonst sehr rabiaten, schwarzmetallisch angefärbten Opener „Bastards Of The Earth“ zu bewundern so wie auch im Nachfolger „Of Beasts And Worms“. Akustik ist auch im Zwischenspiel „In Mourning“ enthalten und stellenweise ebenso in weiteren Songs auf „Damnum“ präsent. Eigentlich bleibt es nur noch eine Frage der Zeit, wann die erste Flamenco-Schule unter dem ALLEGAEON-Branding eröffnet.

Erneut Qualitätsware von ALLEGAEON trotz streckenweisen Längen

Die Flitzefinger-Duelle von Greg Burgess und Michael Stancel sind immer noch gefundenes Fressen für alle Shred-Liebhaber, aber trotzdem wird hier auch die emotionale Komponente ausreichend bedient. „Damnum“ ist sehr abwechslungsreich und auch lang geraten, wie die vorigen Werke von ALLEGAEON ebenfalls. Die persönliche Seite ist nicht nur lyrisch vorhanden, auch musikalisch wird probiert sich verletzlicher zu zeigen, gleichzeitig gibt es aber immer noch mächtig ballernde Parts. Trauer, Verzweiflung, aber auch unbändige Wut brechen sich musikalisch Bahn.

Dabei ist dieser Mix nicht immer zum Guten, ein wenig Fett trimmen wäre hier durchaus an der ein oder anderen Stelle nicht verkehrt gewesen. Auch wirken manche stilistische Entscheidungen verfrüht getroffen. Die cleanen Gesangspassagen und das ohne große Gedanken hereingequetschte Piano in „Blight“ sind Beispiele, wie neue Elemente eher nicht eingesetzt werden sollten, da sie hier mehr als Fremdkörper wirken. Glücklicherweise stellt jener Song die Ausnahme auf diesem Album dar.

„Called Home“, was sich um den Suizid der Band nahe stehender Personen dreht und sogar in den Lyrics Worte aus dem Abschiedsbrief unter anderem verwendet, schlägt emotional mit diesem Hintergrund natürlich noch einmal ganz anders in die Magengrube, ist sonst aber auch im Aufbau und Wechsel zwischen zart und hart schwenkendes, sehr starkes Stück, was in eher ungewohnten Gefilden für ALLEGAEON wildert und an die ehemaligen Glanztaten OPETH’s streckenweise erinnert.

Shred auf beinahe ARCHSPIRE-Level

Auch „Saturnine“ weiss durch schwarzmetallisch angefärbte Melodien zu begeistern. Ebenfalls gibt es ARCHSPIRE-Level anvisierende, aber nicht ganz dazu aufschließende Beispiele von „Die spinnen doch“-Momenten in „The Dopamine Void – Part II“ zu bewundern. Da ist zum einen das Gitarren-Shredding zu nennen, aber auch die Machine-Gun-Vocals von Riley nach Vorbild von Oliver Aleron. Wie schon gesagt befinden sich ALLEGAEON noch nicht ganz auf der unmenschlichen Ebene der Kanadier, sorgen aber hier trotzdem manches Mal für hochgezogene Augenbrauen.

Auch im Rausschmeißer „Only Loss“ gibt es zwischen allem musikalischen Zertrümmern dann zusätzlich noch diese SCAR SYMMETRY-Gedächtnis-Refrains, die einfach zünden und den Songs eingängige Ankerpunkte geben. Das sind die absolut großartigen Stellen im Songwriting, die mittlerweile die Reife von ALLEGAEON widerspiegeln.

Selbst mit der ein oder anderen eingeschlichen Länge in dem die Stunde vollmachenden Album sind ALLEGAEON immer noch fantastische Songwriter und präsentieren sich mit „Damnum“ noch persönlicher, variabler und auch verletzlicher als auf „Apoptosis“ und den übrigen Vorgängern. Alle Experimente gehen hier nicht immer hundertprozentig auf, aber im Großen und Ganzen haben wir es auch auf „Damnum“ einmal wieder mit großartigem Tech/Progressive Death zu tun, der trotzdem unheimlich eingängig und hymnisch geworden ist und nicht den Fehler des selbstverliebten Frickelns anderer Bands kopiert.

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18.02.2022

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2 Kommentare zu Allegaeon - Damnum

  1. elLargo sagt:

    Eine der momentan fortschrittlichsten Tech Death Bands. Verkopft, jedoch eingängig. Herausragend sind der cleane Gesang und die göttlichen Lead Gitarren. Furz hässliches Cover mit grandiosen Inhalt 😎

    9/10
  2. L33kB0y sagt:

    Bestes Album dieser Band bisher. Ich lächelte!

    9/10