Alev - Alev

Review

Bands mit charismatischen Frontfrauen neigen ja bekanntlich dazu, ihre gesamte Präsenz auf die holde Weiblichkeit zu stützen. Visuell ist diese Maßnahme mit Sicherheit sehr nachvollziehbar, selbst ich schau‘ mir lieber eine hübsche blonde Dame als einen bierbäuchigen Gröhler mit fettigen Haaren an… Problematisch wird es nur dann, wenn sich die feminine Allgegenwärtigkeit auch auf die Musik überträgt. Die Stimme avanciert zum klanglichen Knotenpunkt, die Instrumente werden zu hintergründiger Untermalung verdonnert und können sich so nur selten frei entfalten.

Bei den Münchnern ALEV hält sich dieses Phänomen zwar noch halbwegs in Grenzen, doch wird ziemlich schnell deutlich, dass das Quintett enorm von der – zugegeben wirklich starken – Sangesleistung von Frontdame Alexandra Janzen abhängt. Deren energiegeladenes und wandelbares Stimmorgan behält fast konstant die Oberhand und so kann man das Foto auf dem Cover, auf dem sie gebieterisch die Peitsche über den Köpfen ihrer Jungs kreisen lässt, fast schon gleichnishaft auf die tonale Ebene übertragen…

Geboten wird auf „Alev“ eine kurzweilige Melange aus zeitgemäßer Rockmusik, rundfunktauglichen New-Metal-Anleihen und teilweise poppigen Refrains. Das Hauptaugenmerk liegt auf rhythmischem Riffing, Eingängigkeit und, wie mittlerweile ja ausführlich erläutert, dem Gesang. Die pure Instrumentierung kann mich jedoch überhaupt nicht vom Hocker reißen – standardisierte Gitarrenriffs, wie man sie schon x-mal von beliebigen Radiorockkapellen gehört hat, zum Großteil schwunglos und uninspiriert vorgetragen. Die Produktion macht das Ganze auch nicht merklich besser, vor allem der Drumsound sollte nochmal eine Runde durch die Klangwerkstatt drehen und sich den Matsch von den Trommeln wischen lassen. Beim Songaufbau verlassen sich ALEV während der gesamten Laufzeit auf bewährte Strukturen – das Gros der Songs beginnt mit gedrosseltem Tempo und wird dann – je nachdem ob wir uns gerade im balladesken oder rockigen Spektrum befinden – beibehalten oder mit beginnendem Chorus unterbrochen. Mag für ein einzelnes Lied ganz nett sein, nervt bei Mehraufkommen aber schnell. Die berüchtigte Eintönigkeit hat sich also mal wieder breit gemacht, macht erfreulicherweise aber einen großen Bogen um die Vocals. Ob herausfordernd röhrend, wehmütig, klassisch rockig oder gefühlsbetont – mangelnde Vielfalt kann ich, zumindestens Alex und ihren Stimmbändern, nicht anhängen.

Sicher zeigen auch die Herren der Band, das sie ihre Instrumente beherrschen – bedächtiges Klampfen („My Cover“) ist genau so wie schnelle Härte (vor allem zu hören bei „Institutionalized“) fraglos im Repertoire. Nur hat man das Alles leider schon viel zu oft gehört, es gibt keine kreativen Überraschungen oder gar unerwartete Wendungen. „Alev“ ohne Gesangsspur wäre wohl nicht viel mehr als ein fades Best-Off aus verbreiteten Melodien und Rhythmusgruppen aus dem Rock- und New-Metal-Ressort. Schade eigentlich, denn so gut mir Alexandras Stimme auch gefallen mag, kann ich ALEV unter diesen Umständen noch nicht mit einer höheren Punktzahl beschenken.

09.06.2008
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