Ahoora - Awkward Diary

Review

Während es in ihrem Heimatland kaum einen Schritt vorwärts geht und die Bevölkerung in einem Klima der Angst und Stagnation lebt, hat sich bei den Iranern von AHOORA eine ganze Menge getan. Als ich sie vor gut drei Jahren das erste Mal zu Gehör bekam, spielten sie Progressive Metal, der viel Talent offenbarte, technisch gesehen das obere Limit des damals machbaren erreichte und viel von der düsteren und hoffnungslosen Stimmung atmete, die im Iran und vor allem bei den Musikern herrscht. Das Werk der quasi verbotenen Band kam im Ausland sehr gut an, deshalb war es besonders schmerzlich, dass Auftrittsangebote von großen Festivals und Veranstaltern sogar aus den USA wegen der rigiden Ausreisebestimmungen nicht wahrgenommen werden konnten. AHOORA sind Musiker in einem Land, welches nicht mal halb so fortschrittlich und weltoffen ist wie sie.

„Awkward Diary“ spricht im direkten Vergleich eine ganz andere Sprache. Der Metal ist aus den Kompositionen fast gewichen, bis auf die harten Riffs in „Unattended“ und „Egoless“ haben wir es hier mit einer stark elektronisch geprägten Mischung aus Progressive Rock, Space und Psychedelic Rock zu tun, die die Erinnerung an die einstige Metalcoverband völlig zurücklassen. Mit diesem Album haben die Iraner ohne Zweifel ihr Meisterstück abgeliefert und zu einem ganz eigenen Stil gefunden. Variationen und Einflussreichtum sind zwei entscheidende Stichworte. AHOORA arbeiten mit verspielten Synthesizerklängen, Saxophon, elektronischen Beats, Disharmonien und ungewöhnlichen Melodieläufen, traditionellen Klängen, eingestreuten Samples, Scratches und ausgefeilter Detailarbeit in den Songs. Die Stücke sind dem Albumtitel entsprechend eine merkwürdig faszinierende Reise, vielseitig und facettenreich, doch nie zu komplex oder abgedreht um aus dem Zusammenhang zu fallen. Fast nahtlos gehen sie ineinander über.

Die Band hat eine enorme Wandlung durchgemacht und auch technisch einen ziemlichen Quantensprung vollführt. Einen Exotenbonus muss man hier gar nicht verteilen, auch wenn sie ihn natürlich verdient hätten. Qualitätsmäßig kann sie mit jeder Band aus der westlichen Welt mithalten. Spätestens jetzt sollte man sich mit dieser Band vertraut machen, die jede Aufmerksamkeit, gerade außerhalb des Iran, verdient hat. Denn Musik wie die auf „Awkward Diary“ ist unter dem Regime von Ahmadinedschad nicht erwünscht – um es harmlos auszudrücken.

09.03.2010

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