Anneke van Giersbergen, ehemalige Sängerin bei den Holländern von THE GATHERING, verliess die Band überraschenderweise nach vierzehn Jahren um ihre eigene Gruppierung zu gründen: AGUA DE ANNIQUE. Das Debütalbum „Air“ setzt im Prinzip dort an, wo THE GATHERING mit „Nighttime Birds“ und „How To Measure A Planet“ begannen, und bietet straighten, atmosphärischen Gitarrenpop ohne grössere Abschweifungen oder Experimente.
Lebte THE GATHERING musikalisch in perfekter Symbiose mit Sängerin Anneke und zauberte emotional tiefe Momente, so lebt „Air“ ausschliesslich vom Gesang Annekes, während die Musik bei AGUA DE ANNIQUE lediglich schmückendes Beiwerk ist und keinerlei Melodien, Rhythmen oder Spannungbögen zu bieten hat, auf die man sich wirklich freuen kann. Ausnahmesängerin Anneke veredelt dabei die hier vorhandenen Popsongs engelhaft beschwörend und glänzt vor allem in Songs wie „Beautiful One“, dem Gänsehautsong „Day After Yesterday“, dem eingängigen und mit leichten Indie-Rock-Anleihen aufgepeppten „My Girl“ oder dem verträumten „Trail Of Grief“. Auch das zerbrechlich wirkende „Ice Water“, bei dem Anneke in den Backing Vocals Unterstützung in Gitarrist Joris Dirks findet, kann sich hören lassen. Der einzige schnellere Rocker „You Are Nice!“ zur Mitte des Albums fährt einige schwere Girarrenriffs auf, die im Gesamtbild des Albums allerdings völlig untergehen und sogar fehl am Platz wirken. Meine Favoriten auf diesem Album sind die melancholisch-jazzig angehauchte Nummer „Sunken Soldier Ball“ und das pink-floydig-inspirierte „Lost And Found“, auf dem im letzten Drittel noch einmal ein wunderschönes Gitarrensolo etwas Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann.
Viele werden sich dieses Album nur aus einem Grund kaufen (wollen): Anneke van Giersbergen. Aber es muss ganz deutlich gesagt werden, dass es sich bei AGUA DE ANNIQUE definitiv nicht um THE GATHERING II handelt, denn „Air“ ist eine Ansammlung von süssen, zu keiner Zeit fesselnden Pop-Balladen, die ich bestenfalls als Gutenachtmusik empfehlen kann, oder jetzt für den Herbst, wenn man sich in Selbstmitleid und Melancholie daheim einigelt, mit einer schönen Tasse Heisser Schokolade und in Gedanken versunken vor sich her träumen möchte.
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