Das Debüt der Isländer kommt schon rein physisch beeindruckend daher, denn „A Long Time Listening“ hat über eine Stunde Spielzeit und ganze 17 Songs zu bieten. Wer nun denkt, bei der Hälfte der Tracks handle es sich lediglich um Füllstücke und Geplänkel, der hat sich getäuscht: Das Quartett bietet hier auf einer Platte Material für gleich mehrere Scheiben. Vor allem die stilistische Abwechslung verblüfft zunächst, ergibt dann aber sehr schnell ein stimmiges Gesamtbild. Die Band verbindet Experimental und Ambient auf der einen mit wütenden, rhythmisch orientierten Hardcore-Ausflügen auf der anderen Seite. Dass dieses Konzept funktioniert, liegt nicht zuletzt an der herausragenden Leistung von Frontmann Arnór Dan Arnársson. Zugegeben, sein extrovertierter Gesang mag nicht jeden Geschmack treffen, ist aus rein musikalischer Sicht aber über alle Zweifel erhaben. Hinzu kommt, dass die Lyrics der anspruchsvollen Performance an Qualität in nichts nachstehen.
Doch auch Arnárssons Mitstreiter müssen sich hinter ihrem Frontmann keineswegs verstecken: Supertighte, vertrackt-verspielte Drumarbeit, jazzig-ausladende Gitarren und allerhand Klangexperimente sorgen für eine große Differenziertheit im Sound. Zahlreiche Piano-Samples und Synthiespuren sorgen zusätzlich für Spannung, besonders in Verbindung mit der teils sehr ausgefuchsten Rhythmik. So offenbaren Songs wie „Of Keen Gaze“, „Translations“ und „Yellow Nights“ das breite Spektrum der Isländer, die es immer wieder schaffen, die unmöglichsten Gegensätze gekonnt miteinander zu verbinden. Und auch dynamisch agiert das Quartett auf hohem Niveau, denn von der rauchverhangenen Jazzclub-Atmosphäre bis zum Hardcore-Konzert wird alles abgedeckt.
Fazit: „A Long Time Listening“ ist eine sehr gewagte, aber auch sehr gelungene Scheibe, die bei jedem aufgeschlossenen Hörer ihre Spuren hinterlassen dürfte.
Sehr schön! Erreicht den Nachfolger nicht ganz. Dennoch, absolut durchdachte, teils fordernde Musik mit etwas eigenwilligem Gesang, die (zumindest mich) bewegt.