Agathocles - Peel Sessions 1997

Review

Die Belgier AGATHOCLES gehören nicht nur zu den dienstältesten Grindcore-Bands, sondern auch zu den Kapellen mit einer der wohl umfangreichsten Diskografien überhaupt – seit 1985 hat die nicht zuletzt deshalb kultige Truppe neben etlichen Demos, Best Ofs, Live- und Studio-Alben eine Unzahl an 7″-Splits veröffentlicht. Dieser Tage gesellt sich mit den „Peel Sessions 1997“ eine weitere EP dazu.

Aufgenommen wurde die nun erstmals auf CD veröffentlichte Session am 30. März 1997 in den BBC Studios in London auf Einladung des 2004 verstorbenen, legendären Radio-Moderators und -DJs John Peel, der zuvor schon ähnlich gelagerten Bands wie etwa CARCASS, NAPALM DEATH, EXTREME NOISE TERROR, GODFLESH und BOLT THROWER ein Forum in seiner Sendung geboten hatte, insgesamt über vier Jahrzehnte lang in rund 4000 Peel Sessions ganz unterschiedliche Künstler wie etwa PINK FLOYD, NIRVANA, SEX PISTOLS, THE CURE, THE VELVET UNDERGROUND, NEW MODEL ARMY oder THE WHITE STRIPES gefördert hat.
Zwei kurze Ansagen von besagtem Herrn Peel gibt es zu hören, ansonsten 15 Lieder und nur 18 Minuten Spielzeit lang den selbsternannten Mincecore des Trios. Und eine bessere Beschreibung als „Zerhack-Grindcore“ kann man für den AGATHOCLES-Sound im Allgemeinen und das vorliegende, mit organisch wirkendem und zugleich differenziertem Klang daherkommende Material im Speziellen schwerlich finden: Fanatischer Kreisch-Gurgel-Doppelgesang, bratende Gitarren, Blastbeats und schwere Grooves vermengen sich vor dem minimalistischen Charakter der Musik zu einem enorm wütend-brutalen Cocktail. Unter den überwiegend superkurzen Stücken finden sich neben Nummern von anderen bis 1997 erschienenen Veröffentlichungen etliche Klassiker vom Death-Metal-lastigen 1992er Debüt, wie das Titelstück “Theatric Symbolisation Of Life”, “Mutilated Regurgitator”, “Consuming Endoderme Pus” oder “Kill Your Fucking Idols”.
Das von einem netten Old-School-Cover verzierte, passend aufgemacht Booklet enthält die plakativen politischen Lyrics – beim verbalen Rundumschlag wettert man Grindcore-like gegen Fachisten, Frauenfeindlichkeit und Fleischfresser, aber auch gegen Gentechnik, Medien und Religion – und einige Linernotes seitens der Band zur Entstehung der Aufnahmen.

Selbst kleinste Anflüge von Überraschungen und Schicknack wie musikalische und lyrische Virtuosität darf man natürlich auch auf den “ Peel Sessions 1997″ nicht von AGATHOCLES erwarten. Wohl aber bekommt man eine authentisch klingende und besessene Gewaltorgie geboten, die Einsteigern ein guter Überblick über die erste Dekade im Schaffen der kompromisslosen Belgier sein kann – und nicht zuletzt stellt man sich mit einer Peel Session ja auch ein kleines Stück Musikgeschichte ins Regal. Trotzdem ist die Veröffentlichung natürlich in erster Linie für Band- und Genre-Liebhaber gedacht.

27.05.2010
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