AGAINST ME! machen es dem Hörer leicht, mit ihrem siebten Album „Shape Shift With Me“ warm zu werden. Das Quartett aus Florida bindet den Hörer wie immer gleichberechtigt mit ein, gibt ihm euphorisch singbare Refrains an die Hand, leitet ihn durch hitzig-stickige Punk-Rock-Höhlen und zerrt ihn auf die verrucht-groovende Rock-Tanzfläche. Klischees umschifft das Quartett gekonnt, ganz gleich ob es nach Punk-Rock, Hardcore, Blues oder Funk klingt.
AGAINST ME! empfehlen sich weiterhin für kleine und große Bühnen
AGAINST ME! schaffen es gleichzeitig clubtauglich intim und stadiongroß zu klingen. Die meistens Band scheitern musikalisch oder inhaltlich daran. Eindeutig Punk ist wiederum der Opener „Provison L-3“, ein stinkstiefeliges Intro ebnet den Gitarren den Weg durch die eingetretene Tür. Die lassen sich nicht lang bitten und lärmen im Duett mit einer angriffslustigen Laura Jane Grace amtlich los. Womit die Wurzeln klar wären und sich ab jetzt der Sound wieder in alle Richtungen öffnen kann. Nachdem nun ganz sicher alle wach sind, geht es zwar etwas weniger laut, aber nicht weniger dringlich weiter.
„12 03“ läuft wie geschmiert, wickelt den Hörer umgehend in punk-rockige Gitarrenmelodien ein und feuert schon die ersten hymnischen Höhepunkte ab. Davon gibt es noch reichlich im weiteren Verlauf von „Shape Shift With Me“, nahezu jedes der zwölf Lieder hat einen eigenen Charakter, ausgestattet mit grundverschiedenen Höhepunkten. Mal ganz offensichtlichen und häufig auch ganz subtilen. Wobei nicht von qualitativer Berg- und Talfahrt die Rede ist, sondern eher von einer ungemeinen Mannigfaltigkeit bezogen auf Stile, Stimmungen und Gesang – immer unter dem ganz eindeutigen und einzigartigen Banner AGAINST ME!.
What have you got to lose? Fuck it!
Das später folgende „Haunting, Haunted, Haunts“ ist ein hervorragender Kandidat um zu veranschaulichen, was AGAINST ME! besonders macht. Ein Song, der sich gleichermaßen in Stechschritt mit Cowboystiefeln, wie mit Springerstiefel im wilden Pogo betanzen lässt. Ein Song, dessen Refrain dich im Kreis wirbelt und im gleichen Moment Tiefgang bietet. Gleiches gilt für das munter drehende „Rebecca“; ein ungemein motivierender Punk-Rock-n-Roll-Bastard, der positive, fröhliche Energie versprüht und doch eigentlich davon handelt, sich zu lösen.
Der Song „Norse Truth“ weist subtile „She Loves You“-Querverweise von THE BEATLES auf und stellt besonders die stimmliche Variabilität in den Vordergrund. Wenn der Bassist Inge Johansson sich im Duett mit dem bissigen Sprechgesang einmal die Tonleiter rauf- und wieder runter arbeitet und der alarmierende Refrain immer lauter und garstiger wird, fängt jede noch so lahme Hüfte an zu wippen. AGAINST ME! positionieren sich hier mit einem Fuß in den Anfangstagen des Punks und lassen Erinnerung an die Zeit wach werden, als Punk noch tanzbar und gleichzeitig räudig war.
AGAINST ME! sind wieder auf den Punkt
Die Texte auf „Shape Shift With Me“ sind gerade heraus, AGAINST ME! nennen die Dinge beim Namen und beschönigen nichts. Sie zeigen dem Hörer auf, wie nichtig ein Großteil der Probleme ist. Probleme, die man sich meistens selbst macht. Hier und jetzt zu leben, statt ständig im gestern herumzustochern beispielsweise. Dankbar sein, für das was man hat, statt ständig dem nachzuheulen, was man angeblich braucht oder was man verloren hat. Weg ist unterm Strich leider immer weg und die Zeit wartet nicht.
Es sind durchweg persönliche Geschichten, von Liebe, der Frage nach dem eigenen Ich und dem Zweifeln, alles Themen von denen Laura Jane Grace wie man so schön sagt „ein Liedchen singen kann“. Die Sängerin sieht AGAINST ME! als ihr direktes Sprachrohr, jedes Album ist gleichermaßen ein musikalischer wie persönlicher Meilenstein. Der Hörer darf teilhaben, kriegt dafür die Extraportion Authentizität und die Gewissheit, dass Musik helfen und heilen kann.
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