Aether Realm - Redneck Vikings from Hell

Review

Schlechte Nachrichten: Die Zeitmaschine ist kaputt und hat uns zwar sicher ins Jahr 2010 gebracht, doch irgendetwas scheint schief gelaufen zu sein. Zumindest die Anlage spinnt. Anstatt ALESTORM, IN FLAMES und LAMB OF GOD getrennt abzuspielen, dröhnt die Mucke in einem seltsamen Mix aus den Boxen. Was? Das soll so sein? Und wir sind immer noch im Jahr 2020? Dann habe ich gute Nachrichten – zumindest für jene, die sich mit einem Mix aus den oben genannten Bands anfreunden können. Denn AETHER REALM lassen mit „Redneck Vikings from Hell“ den Titel Realität werden.

Der Reihe nach: AETHER REALM aus North Carolina wandern schon lange auf den Spuren der alten Götter. 2013 erschien das Debüt „One Chosen by the Gods“, auf dem die Band sich am skandinavischen Folk Metal im Stile von KALMAH oder WINTERSUN orientierte. Schon damals war aber zu erahnen, dass die Jungs wenig auf Genreschranken geben. Die Spielfreude und die Lust, hier und da mal einen härteren Part einzubauen, waren nicht zu überhören. Mit dem zweiten Album „Tarot“ wandten sich AETHER REALM schließlich ganz einem ausgefeilten Göteborg-Sound zu, bauten aber auch Gitarrenparts ein, die klar dem modernen US-Metal zuzurechnen waren.

Mit „Redneck Vikings from Hell“ folgt nun der nächste Schritt in der Entwicklung der Band. Fast möchte man sagen, dass es ein Schritt zurück ist. Denn in den Refrains knallen AETHER REALM dem Zuhörer ausgenudelte Folk-Metal-Melodien um die Ohren, wie man sie auf europäischen Bühnen früher en masse zu hören bekam. ALESTORM, KORPIKLAANI – sie alle lassen grüßen, wenn die epischen Mithüpf-Melodien ertönen. Dass AETHER REALM nicht auf Piraten oder Wikinger zurückgreifen, sondern stattdessen die Südstaaten-Rednecks raushängen lassen, ist zwar ein nettes Gimmick, trägt aber nicht über den Opener hinaus.

Langschiff oder Jagdhütte? Die „Redneck Vikings from Hell“ wollen beides

Musikalisch haben AETHER REALM dennoch was zu bieten und beweisen dabei nicht nur ein Händchen für eingängige Melodien, sondern auch für vielschichtige Songs. Das Problem ist nur, dass der oben beschriebene Mix, betrachtet man das gesamte Album, nicht zünden will. Bei Songs wie dem Titeltrack, „Hunger“, oder „One Hollow Word“ geht das Konzept auf. Andere Songs hingegen, wie „Lean into the Wind“ und „Slave to the Riff“ wirken nicht ganz rund, die Radio-Ballade „Guardian“ gar völlig deplatziert.

Nachdem AETHER REALM eigentlich schon mit beiden Beinen fest im Göteborg-Death-Metal standen, wagen die Jungs aus North Carolina noch einmal ein Experiment. „Redneck Vikings from Hell“ ist deswegen nicht ganz ausgegoren. Zudem bleibt die Frage, wer hier überhaupt angesprochen werden soll? Pagan-Metal-Tanzvolk oder Modern-Metal-Mosher? Vorausgesetzt, die Orientierung in den neuen Gewässern gelingt den Redneck-Wikingern, könnten sie mit ihrem nächsten Album sogar beide Lager ansprechen. Die musikalischen Fähigkeiten sind durchaus vorhanden.

01.05.2020
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