Seit ihrem letzten Album „Heathen” hat es wieder fünf Jahre gedauert, bis AETERNUS jetzt ihren „Philosopher“ von der Kette lassen – wobei das vielleicht etwas falsch formuliert ist, sieht doch der auf dem Albumcover dargestellte Denker reichlich abgerissen aus und ist von Spinnweben überzogen. Außerdem war der vorab veröffentlichte Track „Existentialist Hunter“ eher ein Moodsetter (Danke an die Kommentatoren für diesen Ausdruck) anstatt eines Wintersturms, der über den Hörer hinwegfegt.
AETERNUS definieren ihren Dark Metal düster und getragen
AETERNUS definieren ihren einst postulierten und aus einer Mischung aus Death und Black Metal bestehenden Dark Metal im Jahr 2023 also eher düster und getragen, was auch das anschließende „World Bleak Nepotism“ zeigt. Es dominieren eher die disharmonischen Obertöne statt der massiven Riffs, die in der Vergangenheit ja schon mal Dimensionen eines blitzschnell herannahenden Wirbelsturms annehmen konnten.
Drummer Phobos treibt die Songs hingegen im moderaten Tempo an und setzt auf Akzente auf den Toms, während seine schnell gespielten Double-Bass-Drums eher untergründig tackern. Dafür ist der grummelig gurgelnde Gesang von Frontmann Ares so tief wie eh und je. Erst mit „Wresting Worm“ und damit dem fünften von sieben Tracks wird das Tempo so richtig angezogen. Das anschließende „The Luciferian Architect“ erinnert kurzzeitig an die Zeit vor 20 Jahren, als AETERNUS ein ebenso mächtiges wie schwer zu kontrollierendes Riffgewitter vom Stapel ließen.
Der Rausschmeißer „Carving The Pristine Anomie“ zeigt dafür noch einmal die Vorzüge von „Philosopher“: Es sind kleine Melodien und Arpeggien, die häufig unverzerrt über die schrammeligen Riffs gesetzt werden und die sich eher heimtückisch als mit großer Geste im Hinterkopf festsetzen. Das war ja schon bei „Heathen“ so der Fall, und das zelebrieren die vier Norweger mit großer Souveränität.
„Philosopher“ funktioniert als Gesamtwerk
„Philosopher“ funktioniert also durchaus als Gesamtwerk. Es gibt jedoch ein „Aber“, und damit sind wir bei einem Punkt angelangt, warum das Album diesmal nicht in die höheren Sphären der eigenen Diskografie gelangt: Es enthält keine wirklichen Übersongs, kein „Descent To The Underworld“ oder „Burning The Shroud“, aber auch keine sich über mehrere Minuten aufbauende Epik wie auf ihrem Überalbum „…And So The Night Became“. Außerdem ist mir nicht ganz ersichtlich, warum sich die Band in „World Bleak Nepotism“ selbst zitiert und eine (zugegebenermaßen großartige Harmonie) aus „How Opaque The Disguise Of The Adversary“ vom letzten Album noch einmal aufwärmt.
AETERNUS setzen also im Jahr 2023 einen anderen Akzent und verlegen sich eher auf einschmeichelnde Harmonien und Melodien, anstatt das ganz große Getrümmer zu entfachen. Das ist in der Gesamtschau durchaus legitim und eine angenehme Ergänzung der eigenen Diskografie. Einzigartig klingen die Norweger auch damit. Einzig hinsichtlich der Memorabilität gibt es noch etwas Luft nach oben – wenngleich das Album viele Details erst nach und nach preis gibt.
Habe selten so ein chilliges „Black Metal“ Album gehört (auch wenn Black Metal hier als Stilbezeichnung nur noch ansatzweise zutrifft), einschmeichelnde Harmonien und Melodien, moderates Tempo, den Gehörgang besänftigende Produktion, Aeternus treten ganz offensichtlich Ihre Altersteilzeit an. Und so vernichtend das zuerst klingen mag, ich mag das Teil irgendwie. Verkitschter, klebriger Kommerzsud sind dieser Band fremd, stattdessen wir eines Philosophen würdig, eben nicht aggresiv gepoltert, sondern eine bedächtige Stimmung vermittelt, der mir nur etwas Einzigartiges fehlt, dass mich immer wieder dazu animiert, die Scheibe erneut rotieren zu lassen. Ein Akustik Stück wie es am Ende von Void of Venom zu vernehmen ist, könnte man ruhig öfters, dafür aber wirklich auch im Metalsound eingewoben, erklingen klann. So macht man hier definitiv gar nichts falsch, aber so eine 100%ige Kaufempfehlung würde ich ad hoc auch nicht aussprechen.