Aetas Obscura - War Without End

Review

Die geistige Strömung des Renaissance-Humanismus prägte seit dem 14. Jahrhundert den Begriff “aetas obscura“, der das “medium aevum“, also das Mittelalter und damit die Epoche zwischen Antike und der dem Verständnis der Humanisten nach nun anbrechenden neuen Zeit, als ein “dunkles Zeitalter“, eine Leerstelle in Geschichte der Kultur verstand, von dem es sich scharf abzugrenzen galt. Sechs junge Männer aus Tübingen griffen diesen Terminus 2005 auf, um fortan unter dem Banner AETAS OBSCURA ihre Interpratation der dunklen Zeit zum Besten zu geben – nach einer Demo bläst man nun zum “War Without End“.

Aber was bitte ist denn das? Gleich der Opener “Beyond the Shelter of Agony“ kommt mit Keyboardgedudel daher, wie man es penetranter und störender selten vernommen hat – dabei ist der melodische, nicht völlig von Einflüssen aus dem klassischen Metal oder Thrash Metal freie Black Metal ansonsten sehr ordentlich: Der wütende Gesang ist oberer Genrestandard und das gut wahrnehmbare, schön scheppernde Schlagzeug gibt dem Ganzen zusätzlich eine räudige, ungeschliffene Note. “Phrenesie“ fängt dann auch vielversprechend an und man beginnt schon zu hoffen, aber nach der Hälfte des Stücks taucht das kitschige und deplatziert erscheinende Geklimper erneut auf. Auch “Earth’s Grief“ leidet darunter, wenn auch nicht so sehr wie die beiden erstgenannten Nummern.
Den so leider in ihrem Gesamteindruck geschmälerten Stücken stehen glücklicherweise auch besser funktionierende gegenüber: Das mit galoppierenden Riffs angreifende “Chaos (Redemption Of Faith)“ mit seinem boshaften Gesang ist richtig gut und fetzig – das Tasteninstrument steht hier glücklicherweise einmal weit mehr im Hintergrund. Auch bei den mit Laut-Leise-Wechseln passend vertonten “Seasons in Darkness“, bei “Requiem“ und dem abschließenden, atmosphärischen und gegen Ende zunehmend mächtig daherkommenden “War Without End“ wird das Keyboard wesentlich passender eingesetzt.

Man merkt, dass sich die Baden-Württemberger an Kapellen wie etwa DIMMU BORGIR zu “Enthrone Darkness Triumphant“-Zeiten orientiert haben, die Rechnung aber nicht voll aufgeht und AETAS OBSCURA eigentlich auch das Zeug hätten, eigenständiger, das heißt ohne stetige Blicke auf die Vorbilder, zu agieren. Die Musik jedenfalls hätte das Potential, ohne oder zumindest mit stark reduziertem/passenderem Keyboardeinsatz zu bestehen, ja sogar zu begeistern, gibt es doch zahlreiche vielversprechende Passagen. Das überzeugende “Chaos (Redemption Of Faith)“, “Seasons in Darkness“ oder der Titeltrack zeigen, dass AETAS OBSCURA es eigentlich drauf haben und was für ein starkes Album möglich gewesen wäre, hätten doch alle Nummern dieses Niveau. So aber bleibt es vorerst beim Konjunktiv beziehungsweise einer Scheibe im oberen Mittelfeld.

27.11.2009

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3 Kommentare zu Aetas Obscura - War Without End

  1. Detlef Baum sagt:

    Black Metall aus der Seele, das ist Aetas Obscura. Es hat in Deutschland noch nie eine authenterische und bessere
    Black-Metall-Band gegeben. Doch die Texte passen nicht in das politisch dominierte kulturelle Klischee der Merkel-Dschunkel FDJ-Kultur, deswegen wird die eigentliche und gesamtkünstlerische Leistung des Sextets auch außerhalb des Genehmigungs- Politbüro herunter diskutiert. Aetas Obscurs sind halt keine „toten Hosen“ , kein „Borani“; kein „Lindenberg“, lein Gröhlemayer“ oder auch keine „Ärzte“ , sondern nur ehrliche Undercover- Metall-Autodidakten, die
    allerdings mit ihrem Album ein unübersehbares und unüberhörbares Zeichen gesetzt haben.

    10/10
    1. SaGi sagt:

      Also mir fallen da spontan mehrer deutsche Bands ein, die um Längen besser waren/ sind.
      Zu deinem restlichen Geschwaller sag ich lieber nichts.
      Bewertung kann ich leider auch nicht für das ganze Album abgeben, da mir mein Kopfhörer nach 2 Songs auch ein unüberhörbares Zeichen gesetzt hat.

      1. Bluttaufe sagt:

        Definitiv! Auch nur einen Song auf YT angehört. Ich musste auch unweigerlich an DIMMU BORGIR´s „EDT“ denken.
        Was er uns im Bezug auf die lyrischen Ergüsse sagen wollte, erschließt mich mir auch nicht ganz.
        Dass ein martialischer Titel wie „War Without End“ total misanthropisch und antipazifistisch klingt ergo der Antagonist von Bravo „Punk“ Bands ist?
        Wie kommt man auf solche Vergleiche? Zu viel SATANINCHEN gehört?