Aephanemer - A Dream Of Wilderness

Review

Die aus Frankreich stammenden AEPHANEMER gehören ohne Zweifel zu DEN Senkrechtstartern innerhalb der europäischen Melodic-Death-Metal-Szene. Nachdem sie ihr Demo „Know Thyself“ und das Debüt „Memento Mori“ komplett in Eigenregie aufgenommen haben (und beide sich wie ein Lauffeuer bei Bandcamp ausgebreitet haben), winkte für „Prokopton“ der Plattenvertrag mit Napalm Records. Nachdem dieses bei Fans und Presse durchweg positive Resonanz gefunden hat, sind die Erwartungen an den Nachfolger „A Dream Of Wilderness“ nicht gerade gering.

AEPHANEMER – Beständig in die Zukunft

Schon mit dem ersten Song fegen die FranzosInnen alle Zweifel über Bord. „A Dream Of Wilderness“ macht genau da weiter, wo sie mit „Prokopton“ aufgehört haben. Selten funktioniert das Zusammenspiel bei Melodic-Death-Metal-Bands so fließend, wie es AEPHANEMER vorlegen. Referenz wären hier nur noch MORS PRINCIPIUM EST. Der Gesang von Frontfrau Marion Bascoul ist auch auf „Antigone“ beißend, fast schon keifend. Er muss aber gefallen können. Schließlich hebt er sich qualitativ schon deutlich von einer Alissa White-Gluz (ex-THE AGONIST, ARCH ENEMY) oder einem Mikael Stanne (DARK TRANQUILITY) deutlich ab und erzeugt nicht immer das Quäntchen Melodik, was vor allem an ihrem englischen Akzent liegt.

Und schwer lastet das Keyboard

Dass die MusikerInnen von AEPHANEMER ihr Handwerk verstehen und theoretisch guten bis sehr guten und modernen Melodic Death Metal schreiben können, haben sie auf „Memento Mori“ bewiesen. Und auch auf „A Dream Of Wilderness“ beweisen sie, dass sie ihr technisches Handwerk sehr gut verstehen und es auch meistern, zwischen Melodik und härteren Passagen fließend zu wechseln. Allerdings belastet der Kritikpunkt, den sie sich schon auf ihrem Vorgängeralbum „Prokopton“ haben gefallen lassen müssen: der übertriebene, ja fast schon übermäßig kitschige Einsatz von Keyboardwänden. Diese liegen wie ein dicker Schleier über den Songs und machen Gitarren und Bass fast unhörbar. Sie schmälern die eigentlich vorhandene künstlerische Finesse von AEPHANEMER. Von dem daraus entstehenden mangelnden Härtegrad ganz zu schweigen. Und genau auf den kommt es ja eigentlich im Death Metal an.

Quo Vadis, AEPHANEMER?

Da stellt sich jemandem, der die Band schon vor der Veröffentlichung des ersten Album kennengelernt hat, die Frage, wo soll die Reise hingehen? Sicherlich ist es schön für AEPHANEMER über die Ressourcen einer größeren Plattenfirma zu verfügen. Wenn dieses aber auf Kosten der kreativen Prozesse geschieht und eine fette Produktion zugunsten des Kommerz im Vordergrund steht, möchte man sich fast einen Schritt zurück in den Untergrund wünschen. Oder einfach ein kategorischer Verzicht auf besagte Keyboards und dafür mehr Einsatz der Lead-Gitarren. Dass sie es können, steht außer Frage. Damit wird „A Dream Of Wilderness“ eben dies: Ein Traum von animalischer Wildheit, der aber eben mehr nicht ist. Nichtsdestotrotz haben AEPHANEMER damit ein Album vorgelegt, dass Neulingen des Genres sicherlich einen guten Einstieg gewähren wird. Für Fans des Genres mag es jedoch etwas zu weichgespült klingen.

19.11.2021
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