Æolian - The Negationist

Review

Um es schon einmal vorweg zu nehmen: ÆOLIAN schielen musikalisch deutlich in Richtung Skandinavien. Dabei hat es der Fünfer im realen Leben wohl eher weniger mit Fjorden, Seenlandschaften und schneebedeckten Gipfeln zu tun, stammen sie doch aus Palma, jener Hauptstadt der teutonischen Lieblings-Ferieninsel. Das bedeutet natürlich nicht, dass dort mit genügend Hingabe nicht dennoch authentisch klingender Melodic Death Metal entstehen könnte. Das dachte man sich wohl auch bei Black Lion Records und nahm die Band für ihr zweites Album „The Negationist“ unter die eigenen Fittiche.

ÆOLIAN – Wildern bei allem was Rang und Namen hat

Der Opener nutzt sein „Momentum“ als selbiger direkt schamlos aus und schlägt entsprechend mit High-Speed-Attacken und episch-hymnischen Melodien um sich. Die Screams von Daniel Pérez erinnern hier ein wenig an Tompa Lindberg von AT THE GATES. In „We Humans“ bleibt die Band zwar weiter episch, agiert aber deutlich folkiger, irgendwo zwischen AMON AMARTH und AMORPHIS. Ebenfalls an letztgenannte erinnert zunächst „Unseen Enemy“, insbesondere durch die tieferen Growls, bevor Pérez dann höher kreischt und die Reise sich eher in Richtung ENSIFERUM bewegt. Auch im weiteren Verlauf der Scheibe geizen die Spanier nicht mit Melodien und immer wieder variierenden Vocals. Was zwar einerseits nach einem großen Vorteil klingt, birgt auch ein gewisses Risiko.

ÆOLIAN bedienen sich nämlich quasi bei allem, was hauptsächlich im Bereich Melodic Death Rang und Namen hat – teilweise auch darüber hinaus. Klar, jede Band ist irgendwo die Summe der musikalischen Einflüsse ihrer Mitglieder. Allerdings sind diese hier einerseits überdeutlich heraushörbar, andererseits bleiben sie aber weitgehend Versatzstücke und ergeben eben kein schlüssiges, neues Ganzes. Das Songmaterial auf „The Negationist“ erzeugt somit einfach schnell ein Gefühl der Beliebigkeit. Bestes Beispiel dafür ist „Blackout“. Angerauter Gesang der – samt Power-Metal-Screams – an ACCEPTs Mark Tornillo erinnert, plötzlich moderne Riffs die so 1:1 aus einem aktuellen IN FLAMES-Song stammen könnten, um dann kurz darauf von einer starken Folk-Schlagseite inkl. Geige gekontert zu werden. Das ist irgendwann einfach too much, so willkommen Variantenreichtum an sich auch sein mag.

Wenig Wiedererkennungswert – „The Negationist“

Gute Produktion, reichlich ausladende und auch durchaus packende Melodien, eine Gitarrenfraktion, die weiß was sie tut und dazu noch ein durchaus wandlungsfähiger Fronter. Die Grundzutaten bei ÆOLIAN klingen vielversprechend , immerhin sind die meisten Mitglieder auch schon länger in diversen Bands aktiv. Das Ergebnis ist letztlich aber doch nur ein ziemlich wilder Querschnitt durch alles, was der skandinavische Death Metal – von melodisch bis folkig – so zu bieten hat. Ok, einer Band mangelnde Eigenständigkeit vorzuwerfen hat so einen Bart.

Auf „The Negationist“ führt das aber tatsächlich dazu, dass die einzelnen Songs kaum Wiedererkennungswert haben und der Hörer schnell den Überblick zu verlieren droht – auch begünstigt durch das inflationäre Überangebot an epischen Melodiebögen. Klar, kurzweilig sind die elf Songs allemal. Dauerhaft im Kopf festsetzen können werden sie sich aber kaum. Unter dem Strich bleibt also ein solides zweites Album, das aber sicher nicht für den großen Durchbruch sorgen wird. Vielleicht ist das aber auch gar nicht der Plan. Zumindest für Fans der in der Review genannten Bands könnte sich ein Reinhören immerhin lohnen.

10.01.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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