Adrenaline Mob - We The People

Review

Der ADRENALINE MOB sollte 2017 endgültig über eine Anpassung des eigenen Namens nachdenken – angesichts der dicken Hose, die ihr neues Statement „We The People“ trägt. Testosterone Mob, die Herren? Russell Allen (SYMPHONY X) und seine ziemlich runderneuerte Gang geben sich erneut so zurückgelehnt wie ein … äh … Jack Russell, der im Angesicht der bedrohlich großen Dogge – „Die da oben“? Das eigene Älterwerden? – den Terrier raushängen lässt. Gewissermaßen.

„We The People“ ist ein wütendes Album

„King Of The Ring“ klingt stampfend und röhrend gleich zum Einstieg so sehr nach Wifebeater, Tribal-Tattoo und dickem, wild fuchtelndem Arm, dass der Auftritt im zugehörigen Video (s. u.) eher wenig überrascht. „Raise ‚Em Up“ in der Mitte des Albums wiederum mutet an wie spätere ANTHRAX auf VOLBEAT. Alles in allem bleibt die Halsschlagader dabei geschwollen, ADRENALINE MOB wollen zeigen, was sie unter Wut stehend können. „We The People“ tritt zum Sparring gegen FOZZY und DISTURBED an und nimmt sich sozusagen zwischen den Runden nur vereinzelte riffreduzierte Pausen. Seien es das genannte und programmatische „King Of The Ring“, der Titelsong oder „Ignorance & Greed“ – geboten wird modern groovender US-Metal der direkten Art. Wobei insgesamt schon regelrecht faszinierend ist, wie poliert ein derart tiefenbetonter Sound klingen kann.

Der ADRENALINE MOB packt die Faust eher selten ein

Am stärksten ist der ADRENALINE MOB bei seinen im Verlauf des Albums mehr werdenden etwas gelasseneren Schwenkern. In diesen Passagen erahnt man hinter den erdrückenden Mauern des Nu-Metal-Gyms die befreiende Weite der Hardrock-Arena. Besonders eindrücklich ist dies im gleichwohl von der Double Bass getriebenen „Chasing Dragons“ der Fall. Hier schwingt sich Mr. Allen melodisch und nicht so aufgesetzt aggressiv zu einem Ohrwurm-Refrain auf, der die Lippen fortgesetzt zum beschwingten Mitträllern animiert. Und sie nicht verbissen zum Platzen zu bringen versucht. „Blind Leading The Blind“ ist noch stärker 80s-Hymne und „Bleeding Hands“ gar eine schöne Powerballade inklusive Flitzfinger-Solo, welche die Bezeichnung „Powerballade“ gar nicht so sehr als Euphemismus erscheinen lässt. Cool ist auch die Gitarrenhelden-Spielerei in „Violent State Of Mind“ oder das breitbeinige „Lords Of Thunder“, in dem Orlando ebenfalls glänzen kann. Mehr davon wäre über die gesamte Stunde von „We The People“ verteilt mehr gewesen.

Welch ein Potenzial …

Wobei musikalisch ordentlich auszuteilen selbstredend nicht per se die schlechtere Strategie ist. Mit dem Ansatz würde man ja der verzerrten Gitarre als solcher ihre Herrschaft streitig machen. Und dann könnten wir den Laden hier dichtmachen. „We The People“ allerdings wirkt mit seiner Kraftmeierei und seinen letztlich zu häufig austauschbaren Songs weder gewaltig noch bedrohlich, sondern oftmals eher anstrengend. Und das ist bei den ja durchaus aufblitzenden Fähigkeiten der Beteiligten, besonders Russells und des Gitarristen Mike Orlando, ein bisschen wenig. Auch wenn die Antipathie des Rezensenten dieser Art des humorlosen Auf-die-Brust-Trommel-Gestus gegenüber in Rechnung gestellt wird.

P.S.: „You better slow down and turn around, you’re gonna keep on pushin‘ yourself to the limit, you’re tryin ‚til the head explodes.“ („Til The Head Explodes“)

05.06.2017
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