Ad Infinitum - Abyss

Review

Nachdem die schweizerisch-deutsche Band AD INFINITUM mit “Chapter III – Downfall“ letztes Jahr ihre erste Albumtrilogie abgeschlossen hat, folgt sogleich die nächste. “Abyss“ ist der erste Teil einer weiteren Trilogie, deren Folgeteile auf die Titel “Surface“ und “Elysium“ hören werden. Wir haben uns in den Abgrund begeben und probegehört.

AD INFINITUM verlassen ausgetretene Pfade

Dass sich AD INFINITUM systematisch vom Symphonic Metal wegbewegt haben, hört man dem ersten Titel “My Halo“ sofort an. Der Song kommt schnörkel- und kompromisslos, dennoch angenehm melodiös aus den Boxen und macht direkt Lust auf mehr. “Outer Space“, gleichzeitig die erste Vorab-Single des Albums, führt diesen Eindruck fort. Mit “Follow Me Down“ und “The One You’ll Hold On To“ werden auch die Tempo-Liebhaber bestens bedient. Beide Songs könnten als Soundtrack für schnelle Verfolgungsjagden dienen und lassen den Zuhörer wunderbar atemlos zurück. “Parasite“ zeigt sich mit einem zum Titel passenden, dominierenden Growl-Part eher von der dunkleren Seite.  Krönender Abschluss von “Abyss“ ist “Dead End“, dessen basslastiger Anfang ein bisschen an “Uprising“ von MUSE erinnert und die Füße zum zucken bringt. Auf der Earbook-Version des Albums gibt es zudem eine Orchestral Version von “My Halo“, die die einmalige gesangliche Leistung von Melissa Bonny gekonnt in den Vordergrund stellt.

Zwei Titel stechen auf “Abyss“ besonders heraus. Das ist einmal “Euphoria“, eine zunächst hauchzarte, poppig angehauchte und dennoch handfeste Rockballade mit leichtem R&B-Vibe und positiver, hoffnungsvoller Grundstimmung. Ein absoluter Ohrwurm! Der zweite, sehr besondere Titel ist “Surrender“. Hier zeigen AD INFINITUM beeindruckend, dass sie sich nicht um Genrevorgaben scheren und einfach machen, was sie gut finden. Das Ergebnis lässt sich hören! “Surrender“ startet zunächst irreführend mit Clubsound, der verblüffend an die Achtziger erinnert und den Zuhörer entspannt einlullt, bis ihm ein knallharter Break und Melissas Growls um die Ohren fliegen und es mit der gleichen Grundmelodie, aber im typischen Bandsound weiter geht. Der Song endet mit einem bestechend schönen Akustikpart, der einem die Härchen auf den Armen zu Berge stehen lässt.

Auch visuell betreten AD INFINITUM mit diesem Album neue Wege. Die bisher veröffentlichten Singles “Outer Space“, “My Halo“ und “Surrender“ werden von ausgefallenen Videos begleitet, die im Stil gänzlich abweichen von allem, was wir von den Videos zu “Chapter III“ kennen. War dort Feuer das herrschende Element, haben die aktuellen Videos einen sehr modernen und kühlen Style und sind durch Storyelemente miteinander verbunden. Die Farben im Vordergrund sind schwarz, metallicfarben und weiß; ein komplett reduzierter und gerade deshalb sehr einnehmender Look. “Outer Space“ wird passend zum Titel von einem recht spacigen Video begleitet. “My Halo“ besticht durch Szenen unter Wasser, und “Surrender“ wurde unter und auf dem Tetraeder in Bottrop im Freien, inklusive Verfolgungsjagd den Turm hinauf, gedreht.

Musikalischer Abgrund oder harmonische Erleuchtung?

AD INFINITUM schlagen musikalisch neue Pfade ein und pfeifen darauf, was jemand sagen oder denken könnte. Das wird mit Sicherheit nicht jedem gefallen, ist doch das Geschrei immer dann besonders laut, wenn etwas auf den ersten Blick “kein Metal“ ist. AD INFINITUM lassen sich dadurch zum Glück nicht beirren und machen trotzdem, worauf sie Lust haben. Und das machen sie verdammt gut! “Abyss“ ist eine mitreißende Mischung aus unterschiedlichen Stilelementen, gekrönt von Melissa Bonnys markanter Stimme, die von zart und leise über laut und eindringlich bis zu derben Growls alles beherrscht. Wer “Abyss“ bisher noch nicht auf dem Schirm hatte, sollte sich schleunigst einmal mit dem Album beschäftigen. Hörempfehlung!

04.10.2024
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