Abstract Essence - Love Enough

Review

Alle Achtung! Ein frischer Wind weht aus Richtung Osten. Wer hätte vermutet, dass in der tschechischen Republik, abseits der großen europäischen Szenen, solche einmaligen Projekte wie ABSTRACT ESSENCE heranreifen? Bereits 2003 gegründet, hat der Fünfer auch schon einige Veröffentlichungen vorzuweisen – auch wenn die Alben „Lost Life“ (2004), „Aftermath“ (2007) und Manifest (2009)  wohlwollende bis positive Kritiken einfahren konnten, hat die Band außerhalb ihres Heimatlandes bis jetzt kaum Hörer gewinnen können.

Das sollte sich mit „Love Enough“ aber rasch ändern. Denn die akribische Arbeit des vergangenes Jahres, welches die Band hauptsächlich im Studio verbracht hat, kann sich wirklich hören lassen. Schwierig wird es allerdings, wenn man die Musik von ABSTRACT ESSENCE beschreiben soll. Denn die Tschechen bedienen aus vielen Töpfen und kochen doch ihr eigenes Süppchen: bombastischer Symphonic Metal trifft auf Death Metal, Gothic Metal-Einflüsse kann man eben so vernehmen wie dezente Ausflüge in experimentelle elektronische Gefilde. Variabel ist auch der Gesang: Growls, klarer Gesang und fieses, an CRADLE OF FILTH erinnerndes Kreischen werden hier gekonnt eingebracht. Schwer zu glauben, dass Frontmann Ondráš Zbránek das alles ganz allein schultert! Gegen Ende des Albums kommt dann auch noch eine Gastsängerin zum Einsatz („Limitless Future“, „Solar Barge“), zum Glück wird dieses Element sehr intelligent und passend eingesetzt.

Natürlich ist „Love Enough“ mehr als die Summe seiner Teile: Das Album ist trotz seiner Vielschichtigkeit leicht zugänglich, auf allzu vertrackte Songstrukturen verzichten die Tschechen und geben sich stellenweise sogar ohrwurmtauglich (“ Rock ’n‘ Roll Soul“). Synthesizer muss man aber auf jeden Fall mögen, um mit ABSTRACT ESSENCE warm zu werden, da diese in nicht unerheblichem Maße das Klangbild prägen. Sei es bombastisch und opulent wie bei KAMELOT oder DIMMU BORGIR (gerade im Zusammenhang mit den harschen Vocals kommen mir die Norweger in den Sinn) oder so elektronisch und spacig, dass man sich stellenweise an das Debüt von GERM erinnert fühlt. Natürlich gibt es auch gefällige, progressive Gitarrenarbeit und schöne Soli zu bewundern ( „Red One“), hier hat man im Vergleich zu den Vorgängeralben deutlich zulegen können.

Außer Frage steht, dass „Love Enough“ die Aufmerksamkeit der Hörerschaft mehr als verdient. Allerdings ist eine Zielgruppe nur schwer zu definieren: Natürlich werden sich Szenepuristen mit Grausen abwenden. Für Metalfans, die gern mal über den Tellerrand schauen, werden ABSTRACT ESSENCE eine echte Bereicherung darstellen.

11.06.2013
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