Abschlach! - Du Wirst Uns Siegen Seh'n!

Review

Rein technisch gesehen hat Fußball mit Rockmusik so viel zu tun, wie Currywurst mit Busfahren. Die Auswirkungen auf das musikalische Schaffen Einzelner beim Gründen einer Fussballband sind wohl ähnlich grundlegend, als würden sie eine Karnevalstruppe gründen. Denn obwohl sie sich damit ökonomisch recht gut mit einem großen potentiellen Fankreis eindecken, werden sie für andere Menschen schon aus ideologischen Gründen unhörbar. Und müssen mit kreativen Scheuklappen leben: Lieder über Politik sind fortan nicht mehr drin, sinnloses „bring your daughter to the slaughter“-Gebrabbel auch nicht, und jeder Text mit Fremdwörtern oder alkoholuntauglichen Inhalten wird seinen Weg wohl in keinen Fanchor finden. Auch ABSCHLACH! aus Hamburg sind lang genug dabei, um diesen Fehler nicht zu machen, und präsentieren auf „Du wirst uns siegen seh’n!“ 15 eingängige Rocksongs mit mitgröhlbaren Refrains und Texten auf ONKELZ-Niveau. Überhaupt habe ich selten ein Rockalbum gehört, bei dem mir so klar bewusst wurde, dass ich nicht die Zielgruppe einer Band bin.

Richtig ist aber auch: „Du wirst uns siegen seh’n!“ lässt sich trotz der respektablen Spielzeit von fast einer Stunde gut bis zum Schluss durchhören. Auch wenn der Mittelteil mit Kriegsmetaphern wie in „Mitten im Feindesland“ und einem Prostitutionsvorwurf gegen St. Pauli etwas obskur auf mich wirkt, ist die Musik handwerklich gut gemacht und auf angenehme Weise fast schon etwas retro. Denn so eine klassische Akkordarbeit, wie auf dem aktuellen Album, ist in der heutigen Rocklandschaft schon fast verschwunden und höchstens noch von mittelmäßigen Punkbands zu hören. Die gute Produktion, die den Gitarren den nötigen Drive gibt, gibt da ihr Übrigstes dazu. Wie die Komponisten es beherrschen, mit einfachen Mitteln eine große Bandbreite an unterhaltsamen Liedern zu generieren, ist beachtlich und zeugt von der jahrelangen Erfahrung der Band.

Hinzu kommt, dass das Gefühl Hamburgs sehr angenehm durch die Songs schimmert und Gastauftritte wie der von STURCHs Dennis Wendig und Fernsehkoch Steffen Henssler (!) zur Authenzität beitragen. Um es kurz zu fassen: Kein Metal- oder St. Pauli-Fan muss sich dieses Album kaufen, da gibt es im Genre deutlich cleverere und innovativere Vertreter. Aber wer über den HSV sowieso zur Musik des Sextetts gekommen ist, brauch sich nicht schämen, „Du wirst uns siegen seh’n!“ auch seinen süddeutschen Facebookfreunden zu zeigen. Allein schon wegen dem hörenswerten Titeltrack.

20.01.2012
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