Aborted - Vault Of Horrors

Review

So, das Gruppenkuscheln hat ein Ende. Denn ABORTED sind wieder da! Das neue, zwölfte Werk „Vault Of Horrors“ frönt einmal mehr einem der Lieblingsthemen des Metals, alt wie jung: dem Horrorkino. Und das tut die heuer wieder um eine zweite Gitarre in Händen von Daníel Máni Konráðsson (u. a. OPHIDIAN I) bereicherte Band um Fronter Sven de Caluwe auch diesmal nicht alleine, sondern mit Unterstützung eines ganzen Battalions an Gastsängern, die mit de Caluwe um die Wette brüllen, fauchen und grunzen. Dies ist das zentrale Gimmick dieser Platte, denn statt einzeln eingestreuter Gäste gibt es auf jedem Track sekundierende Vocals. Mit von der Partie sind – in Reihenfolge ihres jeweiligen Auftritts:

– Ben Duerr (SHADOW OF INTENT)
– Francesco Paoli (FLESHGOD APOCALYPSE)
– Johnny Ciardullo (CARCOSA)
– Alex Erian (DESPISED ICON)
– Matt McGachy (CRYPTOPSY)
– Jason Evans (INGESTED)
– Hal Micoutsicos (BLASPHEMOUS)
– Oliver Rae Aleron (ARCHSPIRE)
– David Simonich (SIGNS OF THE SWARM)
– Ricky Hoover (OV SULFUR)

Das übergreifende Thema ist moderner Brutal Death/Deathcore – erneut sucht man die Grind-Komponente vergeblich, man hat sich aber für die stimmungsvolleren Passagen den ein oder anderen Trick von der (noch?) neuen Welle atmosphärischer Deathcore-Bands abgeschaut wie LORNA SHORE und MENTAL CRUELTY. Die Präsenz der Gäste fühlt man beim ersten Durchgang nicht notwendigerweise, etwas das sich schon auf dem direkten Vorgänger manifestierte. Einige Rotationen später fallen die Features dann doch allmählich auf, vor allem wenn sie wie McGachy de Caluwes Growls mit abartigen Shrieks sekundieren oder wenn Aleron mal wieder eine buchstäblich atemlose Darbietung vom Zaun bricht.

ABORTED schmeißen den Rasenmäher an …

Die Features scheinen aber nicht integral für das Funktionieren des Albums zu sein, sodass man den Beteiligten verzeihen kann, wenn sie keinen allzu großen Eindruck hinterlassen. Das Rückenmark von „Vault Of Horrors“ ist ohnehin die Brutalität, mit der hier alles kurz und klein getrümmert wird – brachiale Cuts wie „Condemned To Rot“ lassen den Kalk nur so aus den Ohren rieseln. Gewürzt wird gerne mit atmosphärischen Synths oder angeschwärzten Melodiebögen. Das kann man beispielsweise gleich im eröffnenden „Dreadbringer“ oder später in „The Golgothan“ wunderbar in Aktion erleben. Währenddessen gibt es auch technisch Spektakuläres zu bewundern wie beim kleinen, gemeinen „Insect Politics“ oder „The Shape Of Hate“.

Was die Hörerschaft vermutlich spalten wird, ist der wirklich dichte, krachende Sound der Platte. Die Abmischung ist laut und wird Klangästheten in Agonie aufschreien lassen, keine Frage. Auf der anderen Seite muss man sich die Frage stellen, wie man sonst ein derart feste ballerndes Album in Szene setzen möchte, wenn nicht laut und brachial. Nuancen? Fehlanzeige. Hier ist vollkommen rechtmäßig Druck auf dem Kessel. Um in der Thematik des Albums zu bleiben: „Vault Of Horrors“ ist kein sich subtil schlängelnder Psycho-Horror, der seine Zuschauer in den Sitzen vor sich hin schwelen und im eigenen Saft köcheln lässt, sondern ein wildes Splatterfest nach bester Prä-Herr der Ringe-Peter Jackson-Art. Sprich: Rasenmäher an und ab in die Menge.

… und stürzen sich mit „Vault Of Horrors“ mitten ins Vergnügen

Dass das alles aber nicht zum Selbstzweck verkommt, ist die eigentliche Kunst hinter „Vault Of Horrors“. Trotz des Dauerfeuers, trotz des dichten Sounds und trotz der hohen Aggressivität kommen die eigentümlichen Charakteristika der Songs nach und nach hervor. Das zeigt die abgebrühte Erfahrung einer Band, die bald auch schon die 30 voll macht. ABORTED springen dabei zum Glück nicht gänzlich auf den modernen Deathcore-Zug auf, sondern borgen sich eben nur vermehrt deren Kniffe zum Erzeugen ihrer angeschwärzten Atmosphäre aus, was ein bisschen willkommene Frische ins Album hinein bringt. Darüber hinaus klingen sie anno 2024 aber genau so enthemmt wie eh und je.

Dass man einige Horror-Klassiker besingt, ist weißgott nichts Weltbewegendes, aber wie eingangs angedeutet halten ABORTED hier eine altbewährte Tradition des Metal am Leben. Neben The Texas Chainsaw Massacre („Death Cult“), Halloween („The Shape Of Hate“) oder Evil Dead („Naturom Demonto“) wird auch Dogma („The Golgothan“) verwurstet. Ausschuss gibt es kaum zu vermelden, außer vielleicht die Tatsache, dass „Hellbound“ die 30 Sekunden Ballast am Ende des Tracks hätte abwerfen können. Abgesehen davon ist „Vault Of Horrors“ eine feine Sache und ein gelungener Einstand im neuen Labelhafen, welcher der Qualität der Band zum Glück keinen Abbruch tut (sieht man mal vom im schauderhaften Kumpelsprech geschriebenen Waschzettel ab).

07.03.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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