ABNORMAL THOUGHT PATTERNS sind ein US-amerikanisches Tech-Death-/Progressive-Trio, bestehend aus den beiden Zwillingsbrüdern Jason (Gitarre) und Troy Tipton (Bass) sowie dem Drummer Mike Guy. Alle drei spielten zuvor gemeinsam in der mittlerweile auf Eis gelegten Progressive-Metal-Band ZERO HOUR. Stilistisch bietet die Band auf ihrem Debüt „Manupilation Under Anesthesia“ ein umfangreiches Spektrum: Die Songs bieten sowohl Postrock-/Ambient-Schwelgerei, vertrackte Djent-/Mathcore-Rhythmen als auch sehr technisch dargebotenen Shred-/Tech-Death, wobei der Fokus klar auf letzterem liegt. Hinzu kommen immer wiederkehrende Jazz-Einsprengsel, die für die nötige Auflockerung sorgen. Anders gesagt: In manchen Phasen reibt man sich wirklich verwundert die Augen und mag nicht so recht glauben, dass hier ein und die selbe Band am Werk ist.
Den Auftakt markiert der knapp 13-minütige Opener „Velocity And Acceleration“, der in vier Abschnitte unterteilt ist und zu Beginn mit anspruchsvollen Gitarren-Sweepings daherkommt. Beeindruckend ist dabei vor allem die Bass-Performance – immer wieder spielen die beiden Brüder an den Saiten-Instrumenten Unisono-Leads in teils atemberaubender Geschwindigkeit. Und wenn der Mann am Bass diese Parts wirklich halbwegs am Stück aufs Tonband gebracht hat, dann gebührt ihm allein dafür ein dickes Sonderlob. Viel lobenswerter ist allerdings die Tatsache, dass sich ABNORMAL THOUGHT PATTERNS wirklich darum bemühen, nie in endlose Frickel-Orgien zu verfallen. Vielmehr stellt das Trio den Tech-lastigen Passagen immer wieder melodisch und rhythmisch eingängigere Parts zur Seite, wie beispielsweise im zweiten Part des Openers, wo neben sehr zugänglich inszenierten Postrock-Melodien sogar ein stimmungsvolles Gitarren-Solo mit unterschwelligem 80er-Heavy-Metal-Flair seinen Platz findet.
Der vierte Abschnitt von „Velocity And Acceleration“ wiederum erinnert entfernt an DREAM THEATER, bevor mit dem folgenden „Calculating Patterns“ eine waschechte Jazz-/Lounge-Nummer dargeboten wird, die in dieser Form in jeder gemütlichen Kneipe dieser Welt gespielt werden könnte. Und der geneigte Leser ahnt es schon: Der nächste Song, „Harmonic Oscillators“, ist dann selbstredend wieder völlig konträr gehalten. Hier pendelt die Band zwischen THE FACELESS, ORIGIN und verspieltem Melodic Metal – absolut stark wiederum, was der Bass hier veranstaltet: Kinnlade erfolgreich wieder eingerenkt.
Und dann, gerade wenn man denkt, die Band habe sich stilistisch irgendwie festgelegt, kommt mit dem atmosphärischen „Autumn“ ein absolut hochklassiger Ambient-/Postrock-Song um die Ecke. Na gut – ein bisserl Bass-Sweeping hier und da gibt’s dann doch obendrauf. Ist aber egal, weil das Ganze nämlich – ich bitte um Entschuldigung – verdammt geil klingt. Das verspielte „Quintessence“ besitzt dann noch einmal eine deutliche Jazz-Schlagseite und beendet die Platte in ausgesprochen starker Manier.
Für Kritik bietet „Manupilation Under Anesthesia“ wahrlich wenig Angriffsfläche. Zwei Dinge gibt es für meinen Geschmack aber dann doch, die eine Höchswertung verhindern. Zum einen die – allerdings wirklich nur phasenweise – etwas überladenen Arrangements. Musikalisch über alle Zweifel erhaben, tragen die Musiker wie beispielsweise im vierteiligen Opener dann doch manchmal etwas dick auf. Hier wäre etwas Zurückhaltung – entweder bei der Abmischung oder eben im Songwriting – gewinnbringender gewesen. Zweitens wirkt das reichlich siebenminütige „Harmonic Oscillators“ etwas gestückelt – weil hier nicht jeder Übergang wirklich flüssig daherkommt.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass „Manupilation Under Anesthesia“ am Ende eine ultra-versierte und saustarke Platte ist, an der Tech-Death-Freunde und Liebhaber anspruchsvoll dargereichten Metals eine Menge Spaß haben sollten.
Jepp, der Bassmann hat’s drauf! An dieser Stelle sollte aber auf den Umstand hingewiesen sein, dass es sich hier um Instrumentalmucke handelt.