Der Post ist daaaaa! Jetzt auch bei den Amis von ABIGAIL WILLIAMS, die vor eineinhalb Jahren noch skandinavisch geprägten MeloBlack gezockt haben. Mit ein paar Line Up-Wechseln und einer erneuten Umsiedelung der Band nach Los Angeles (und dem Erfolg von WOLVES IN THE THRONE ROOM?) ist auf dem dritten Album auch eine erneute Kurskorrektur einhergegangen. Langsam ist die Frage dann auch berechtigt, ob ABIGAIL WILLIAMS auch soetwas wie einen eigenen Stil haben.
Sich durch „Becoming“ zu arbeiten, um eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist anstrengend. Der Sechstracker, fast eine Stunde lang, hält von zweieinhalb bis siebzehneinhalb (!) Minuten alles an Spielzeit bereit, was man sich denken kann – und auch stilistisch einen großen Teil dessen, was man an Bandbreite auf eine extreme Metalplatte pressen kann. EMPEROResker Black Metal ist latent immer noch zu finden, auch wenn der Keyboardanteil drastisch vermindert wurde. In die Bresche springen dafür doomig-schwere Parts, langgezogene Sludge-Ausflüge und vor allem immer wieder schmierig verhallte Schwebegitarren und pseudo-epische Arrangements, auf die keine Post Rock-Band der Welt verzichten kann (Paradebeispiel: „Elestial“). Visionäre Bands mögen das unter einen Hut kriegen, aber ABIGAIL WILLIAMS scheitern daran, dass sie zuviel wollen. Das kann man nur mit ganz viel gutem Willen als bezaubernd empfinden.
Dabei wirkt das gesamte Material auf „Becoming“ formvollendet angebiedert und dabei noch nicht mal stilvoll von aktuell angesagten Bands inspiriert. Mit zunehmender Spielzeit häufen sich auch kompositorische Tiefpunkte, für die man sich ein ums andere Mal schämen möchte. Als wäre das noch nicht genug, blähen ABIGAIL WILLIAMS die Platte mit endlosen Akustikspielereien und Ambientparts künstlich auf. Statt 55 hätten es auch 40 kompakte Minuten getan.
Das lässt sich an dem reichlichen Viertelstünder „Beyond The Veil“ exemplarisch gut aufzeigen: Vier Minuten, bis es richtig zur Sache geht, zwischendurch noch drei Zwischenstück-Minuten, endlose Wiederholungen und fünf ausleitende Minuten mit anfangs noch spannender, später ziemlich quäkiger Viola. Die Idee eines epischen Schlussstückes mag ja schön sein, aber die Ausführung packt mitnichten. Wenn man dann noch die ziemlich dumpfe Produktion mit in die Bewertung einbezieht, ist „Becoming“ eine ziemliche Enttäuschung, die ABIGAIL WILLIAMS als eine fast vollständig orientierungslose Truppe ohne eigene Identität zeigt – das aber immerhin auf überdurchschnittlichem Niveau.
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