Abhorrent - Rage

Review

Pünktlich zu Weihnachten flatterte hier eine CD der Band Abhorrent rein, einer brasilianischen Band, die es seit 1991 gibt und die nach dem beiliegendem Info-Material in der dortigen Szene einen recht großen Namen hat. Ob ihnen das hier gelingen wird, weiß ich nicht so recht. Um es vorsichtig auszudrücken, sind Abhorrent sehr gewöhnungsbedürftig. Ich habe diese CD diversen Leuten vorgespielt. Alle fanden sie gräßlich (sorry…) und nur eine konnte damit was anfangen (nur hört die sonst kein Metal…). Aus den Mails von Abhorrent war nicht rauszuhören gewesen, welchen Stil sie genau machen. Deshalb wußte ich nicht, was mich erwarten würde. Song 01 ist ein sehr sanftes und wunderschön klingendes Intro, was sehr voll klingt und mich an die Zwischensamples auf der Wildhoney von Tiamat erinnert hat. Das hat also schon einmal sehr positiv auf mich gewirkt. Um so größer war der Schock, der danach kam: Alles klingt irgendwie wie Death oder Thrash Metal ohne Bass mit leichter Anlehnung an die ersten Sepultura und einem Sänger, der Life of Agony und (die neuen) Meshuggah imitiert (hier steht ein dicker Teac mit Dolby Surround, an dem sechs Boxen hängen. Meine Anlage ist also an dem miesen Sound mehr als unschuldig :)). Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Nun gut, es ist eine selbst finanzierte CD, aber trotzdem ist der Sound richtig grauenvoll und der Übergang vom Intro zum Rest der CD kommt einem Schock gleich. Alles klingt vollkommen lau. Es gibt kein Rauschen, wie bei anderen selbst produzierten CDs, der Sound klingt eher wie durch einen Haufen Watte gestopft, wodurch der durchschlagende Moment fehlt. Da aber auch durch eine miese Technik der Sound nicht so fade rüberkommen kann, denke ich mal, daß das beabsichtigt ist. Wenn man sich damit abgefunden hat, daß keine Bässe existieren, ist die Musik gar nicht mal schlecht. Die Gitarrenarbeit ist überzeugend gelöst, einige Riffs sind sogar richtig gut (zweiter Song um die zweite Minute :)). Auch die Drums klingen gut, sind abwechslungsreich, klingen teilweise nach Double Bass-Attacken. Nur kommen diese bei kaum hörbarem Bass eben recht mies rüber… 🙂 Teile bestimmter Songs (vor allem der letzten drei) brachten bei mir öfter ein „Hey, das klingt ja sogar gut!“ hervor, was aber gleich wieder verstummte und in ein leises Grummeln überging. Irgendwie kommt die gesamte CD eben nicht zum Punkt. Teilweise baut die Musik eine bestimmte Stimmung auf, woraufhin man denkt „na jetzt geht’s aber los“ und dann kommt der Gesang rein und versaut wieder alles. Bestes Beispiel sind die musikalisch am besten klingenden Songs „The Witch“ und „Face of Terror“. Ersterer beginnt mit Drum- und Double Bass-Orgien, letzterer mit einem ähnlich schönen instrumentalen Teil wie die CD. Die damit aufgebaute Erwartungshaltung kann aber der dann einsetzende Gesang eher nicht erfüllen… Die Musik ist eben Death Metal. Stellt euch mal Obituary mit dem Gesang von LOA vor. Paßt nicht so ganz… 🙂 Irgendwie haben auch manche Songs den Type-O-Effekt. Man erwartet also, daß der Song zu Ende ist und plötzlich beginnt die Band nochmal da anzufangen, wo sie vor knapp zwei Minuten war, was tierisch nerven kann, was auch für die teils überlangen Intros gilt. Schade eigentlich. Auch der schleimige Brief, der beilag, ändert das Urteil nicht: In manchen Songs wie „The Witch“ und „Face of Terror“ klingen Abhorrent erstaunlich gut und dort zeigen sie die Qualitäten, die in ihnen stecken. Insgesamt aber fehlen Bässe, der Gesang nervt, die Songs sind zu lang bzw. zu gleichförmig und die ganze CD läßt einen an den Qualitäten seiner Anlage zweifeln… Sollte die nächste CD von Abhorrent produktionstechnisch besser gelöst sein (sowas geht auch mit niedrigem Budget!…) und die Songs mehr Druck haben, dann wäre sie vollkommen empfehlenswert, denn die Vocals sind nunmal Geschackssache.

12.01.1997
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