Aara - Eiger

Review

Die Schweizer:innen AARA bleiben bei ihrem Rhythmus: Jedes Jahr erscheint ein neues Album. Nachdem das Trio im letzten Jahr seine ambitionierte “Triade” mit dem dritten Teil “Nyx” abgeschlossen hat, bestand durchaus die Gefahr, dass sich Berg, Fluss und J. in ihrem markanten Stil festfahren und verlieren. Sie haben jedoch das einzig richtige gemacht und sich konzeptionell neu aufgestellt. Dadurch liefern sie sich selbst nicht nur thematisch, sondern auch musikalisch neue Ansätze. Das kommt “Eiger” zu gute, denn es beschreitet merklich frische Wege.

Alpines Flair mit AARA

Behandelte die “Triade” noch die Gothic Novel “Melmoth der Wanderer” von Charles Robert Maturin, befassen sich AARA auf ihrem inzwischen sechsten Album mit einem Stück Heimat und der dazugehörigen Tragik. Der Eiger ist nämlich ein 3967 Meter hoher Berg in den Berner Alpen, dessen Nordwand seit Ewigkeiten Bergsteiger:innen fasziniert. Seit 1935 sind mindestens 64 Menschen beim Versuch, die Nordwand zu erklimmen, tödlich verunglückt. Daher wird die Nordwand des Berges gelegentlich auch als “Mordwand” bezeichnet.

Dieser inhaltliche Rahmen funktioniert für AARA sehr gut. Orientierte sich die “Triade” in der Melodieführung durchaus häufiger an den dunkleren Seiten der Epoche der Romantik, trägt die Band auf “Eiger” ein erneuertes Melodieempfinden zur Schau, das die Thematik gut einfängt. So schaffen sie es, sowohl die intensive Bedrohlichkeit der unglaublich steilen Bergwand einzufangen als auch Gefühle wie Erleichterung und Erlösung, die beim Erreichen bestimmter Etappen oder des Gipfels zweifelsfrei empfunden werden können. Zudem haben AARA auch am Soundbild getüftelt. Tatsächlich ist ihnen das Kunststück gelungen, die Stimmung jedes Songtitels exakt in der Musik zu reflektieren. Ganz adäquat zur massiven Wucht des Eigers fühlt sich die Produktion wesentlich voluminöser als die des Vorgängers an.

“Eiger” setzt in der eigenen Diskografie neue Akzente

Obwohl die Produktion deutlich fetter geraten ist und die Gitarren mehr braten, lassen AARA sowohl Synthies als auch folkloristischen (Zupf-)Instrumenten mehr Raum in ihren Kompositionen, wodurch sie latent in die Nähe von beispielsweise  WOLVES IN THE THRONE ROOM rücken. Im Gesamteindruck handelt es sich natürlich unverkennbar um die gleiche Band, doch die zuvor geäußerte Befürchtung, sie könnten für immer auf der Stelle treten, hat sich damit verflüchtigt. Geschmackssache bleibt wie immer der schrille, entmenschlichte Gesang von Sängerin Fluss. Inzwischen ist er aber ebenso Markenzeichen geworden und dürfte nach sechs Alben kaum noch überraschend sein.

Ein Monument für einen Berg

“Eiger” ist ohne jeden Zweifel auf jeder Ebene die bisher beste Leistung im Schaffen von AARA. Man muss kein Fan sein, um ihnen zu attestieren, dass sie sich ein spannendes inhaltliches Konzept mit passender musikalischer Umsetzung erdacht haben. Wer angesichts der zugegeben nicht ganz so zwingenden letzten beiden Teilen der “Triade” das Interesse an der Band verlor, sollte hier auf alle Fälle noch mal reinhören. Wer die letzten Alben sowieso schon gut fand, wird “Eiger” wahrscheinlich noch mehr abgewinnen können.

01.12.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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