
Supergroups sind dieser derzeit ein immer wieder aufkeimender Faktor. Kaum ein Subgenre bleibt davon verschont, dass irgendwann einmal Expertisen aus verschiedenen hochkarätigen Bands verschmelzen und eine neue Einheit bilden. Für die kleine Schnittmenge aus Technical Death Metal, Modern Metal und Djent dürften ENTHEOS ein solcher Fall sein. Zwar besteht die Gruppe mit Navane Koperweis (ehemals ANIMALS AS LEADERS) und Frontfrau Chaney Crabb (SYSTEMS) im Prinzip nur aus zwei Personen, doch wie schon beim Vorgänger „Dark Future“ holte man sich für die Basslinien noch Evan Brewer (THE FACELESS) ins Boot – live kommen dann noch erfahrene ehemalige Mitglieder von FALLUJAH und SLAUGHTER TO PREVAIL dazu, sodass auch „Time Will Take Us All“ nicht ganz ohne zu erwartende Qualität auskommt.
Verkopfte Supergroup
Eben weil zu viele Köche den Brei verderben, hat man sich im Vorfeld zu diesem dritten Album entsprechend verschlankt, sodass für den entsprechenden Entstehungsprozess nur noch Koperweis und Crabb verantwortlich zeichnen. Trotzdem bleiben ENTHEOS auch auf diesem Werk nicht unwesentlich verkopft, was wohl alleine schon die Spielart für sich hergibt. Im Opener „Absolute Zero“, dann noch intensiver etwa in „Oblivion“, wird deutlich, dass man auf „Time Will Take Us All“ am Mirko variabler agiert, teilweise sogar klassischen Klargesang zum Besten gibt, oder ganz im Sinne – wenngleich nicht qualitativ – von Will Ramos ultrahohe Squeals einstreut.
Die Instrumentalfraktion, abgesehen vom Bass vollständig von Koperweis gesteuert, arbeitet zum größten Teil mit verschachtelten, technisch anspruchsvollen Riff-Salven, Tempowechseln und teilweise dissonanten Konterparts. Ansonsten vorwiegend im Progressive- oder Technical Death Metal gehört. Dennoch scheuen sich ENTHEOS nicht auch mal andersartige Songs einzubauen. So ist „I Am The Void“ ein geradlinigeres Modern-Metal-Stück mit eingängigem Refrain, während „The Sinking Sun“ zwischenzeitlich mit wuchtigen Stampfparts aufwartet und in diesem Sinne nicht unwesentlich an Deathcore erinnert.
Generisch, trotz großem Input
Dennoch ist „Time Will Take Us All“ kein fluffiges Werk geworden, weil zwar ein guter Teil der offensichtlichen Experimente hängen bleibt, der Großteil des Albums aber leider nicht. Zumeist scheinen ENTHEOS durch die bis zur tiefsten Bräune ausgebratenen melodischen, teils frickeligen Passagen besonders einzigartig klingen zu wollen, doch erreicht man häufig das Gegenteil. Denn schon längst gibt es auch in diesem Nischenbereich zu viel Beiwerk, um nicht generisch klingen zu können.
Obwohl ich Entheos eigentlich wirklich mag, war ich mir immer irgendwie auch unsicher, ob man diese Band mögen kann. Die metal.de Rezi hat mich dann auch dazu gebracht, lange einen Bogen um dieses Album zu machen. Ein echter Fehler. Das Album ist musikalisch und stilistisch ein kleines Highlight. Generisch ist hier nur, dass man es stilistisch einordnen kann und sich nicht wie Mr. Bungle, die ich liebe, jeder Einsortierung gegenüber verweigert. Das Album ist ein abwechslungsreicher Klumpen aus Tech Death, Deathcore, Progressive Death Metal, djentigem Groove Metal und vielen anderen kleineren Einflüssen. Das Werk ist auf den Punkt komponiert und bis ins kleinste Detail ausgefeilt mit Emotion in Schönheit auf den Punkt eingezimmert, entstehen hier immer wieder ganze Welten, die im nächsten Moment verdreht, eingeäschert und neu aufgebaut werden. Man muss manches Werk auch vor dem etablierten Rezensenten schützen und klarstellen, was anderen vielleicht im tagesgeschäftlichen Stress entgeht. Großartiges Album. Meine vorsichtigen 8/10 sind immer noch der eigenen Unsicherheit geschuldet. Mitreißendes Album, sofern man sich darauf einlässt.