Nichts an „Rebelgrind“ lässt darauf schließen, dass diese Platte wenigstens zwanzig Jahre jünger ist, als sie zunächst wirkt. Das beginnt schon bei der verhaltenen Produktion. Setzt sich mit der Klangästhetik fort, der kein Drumset zu scheppernd klingt, kein Bass zu verzerrt, keine Gitarre zu unbequem und keine Stimme zu bösartig inszeniert sein kann. Und gipfelt schließlich im Songwriting vierer Japaner, die aller Wahrscheinlichkeit nach registriert haben, dass es extremmusikalische Entwicklungen nach 1988 gegeben hat, sie aber geflissentlich überhören. Nein, 324 scheinen überhaupt keinen Gedanken an die restliche Musikwelt zu verschwenden. Verdammt, und das ist gut!
Skrupelloser noch als in ihren Anfangstagen – die Band kann auf unzählige Splits, Alben und EPs zurückblicken – bedienen sie sich auf „Rebelgrind“ an den besten Einfällen führender Grind-/ Thrashcore-Bands der achtziger Jahre; und das so gut wie ausnahmslos. Das kann man dreist finden, klar – oder ganz im Gegenteil völlig angemessen, in einer Zeit, in der die Originale, auf die sich 324 beziehen, längst vergessen worden sind oder es nur noch mit Ach und Krach auf die Reihe kriegen, eine Platte aufzunehmen. Als klassisch geschulte Erbverwalter geben sie jedenfalls eine gute Figur ab.
Die Band sucht ihr Heil im Blastbeat – und findet es. Was 324 vom Gros ihrer heutigen Grindkollegen abhebt, ist das Talent, Songs zu schreiben, die uns mittels Spannung und nicht ausschließlich mittels Geschwindigkeit wegbrutalisieren können: Mehr Puls besitzen diese Songs, mehr bizarren Groove, auch mehr Durchschlagskraft. Sie sind dagegen clever, hektisch und können auch häufig aufgrund eingestreuter vertrackter Noise-Passagen dem eng gesteckten Rahmen des Genres entfliehen. Eingängig geht anders. Und wenn diese Welle aus irrem Riffing und wuchtigen Breaks erst einmal auf dich niedergegangen ist, spielt es auch keine Rolle mehr, was 324 wann wo geklaut haben: Der Zweck heiligt bekanntlich alle Mittel.
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