Zeal & Ardor
Live In Frankfurt

Konzertbericht

Billing: Zeal & Ardor
Konzert vom 22.09.2017 | Das Bett, Frankfurt

Rückblende: Vor etwas mehr als einem Jahr macht ein ungewöhnlicher Geheimtipp die Runde – ZEAL & ARDOR (zu Deutsch: „Eifer und Hitze“), ein Projekt des damals in New York lebenden Schweizers Manuel Gagneux. Im Alleingang hat er einen bis dahin nie gehörten, gleichsam bizarren wie spannenden und atmosphärisch düsteren Stilmix eingespielt und ins Netz gestellt: Gospel trifft auf Black-Metal-Gitarren, erweitert mit klagendem Delta Blues, eingestreuten Hip-Hop-Beats, Glockenspielen und einer Prise altem Soul. Und das alles überlagert von Gesang, der zwischen Screams, okkulten Beschwörungen und repetitiven Work-Chants im Stil afroamerikanischer Sklaven pendelt.

Diese äußerst unkonventionelle Sprengung von Genre-Grenzen schlägt ein wie eine Bombe, und ergo dauert es nicht lange, bis ein Debutalbum folgt: Im Februar 2017 erscheint „Devil Is Fine“, auf dessen Cover das Siegel Luzifers ein Bildnis von Robert Smalls überdeckt (ein Sklave, der einst entfloh, ein Schiff klaute, viele Leute befreite und später Politiker wurde). Kurz darauf schart Mastermind Gagneux fünf befreundete Musiker um sich, verwandelt sein Soloprojekt in eine Band und begibt sich mit dieser auf Tour quer durch die USA und Europa.

ZEAL & ARDOR liefern eine mächtige Soundwall

Am 22. September macht das frischgebackene Sextett Station im Frankfurter Club „Das Bett“, wo rund 250 Besucher, dicht gedrängt und gespannt, wie das Ganze live wirken mag, auf die noch dunkle, unbeleuchtete Bühne starren. Den Einlauf der Band zum Interlude „Sacrilegium I“ kann man deshalb nur schemenhaft erahnen, aber als sie ihr Set mit „In Ashes“ beginnen, fangen zahlreiche bunte Lichtkaskaden an zu zucken im Takt der Blastbeats und der sich auftürmenden, dissonanten Gitarrenwände. Manuel Gagneux steht mittig platziert und liefert neben Gitarrenlinien seinen unverkennbaren, bluesdurchtränkten Gesang, der vom Sound her schön über die Instrumente gemischt ist. Flankiert wird er von zwei weiteren Sängern, die ihn in Call-And-Response-Manier unterstützen. Eine Bassistin, ein Drummer sowie ein weiterer Gitarrist komplettieren den mächtigen Soundwall, der live um einiges metallischer und härter klingt als auf dem Album.

Zeal & Ardor, live in Frankfurt 2017, Das Bett

Schon nach wenigen Takten hat sich das Publikum eingegroovt in die musikalische Horizonterweiterung, und mit folgenden Stücken wie „Come On Down“, „Children’s Summon“ oder „Blood In The River“ intensiviert sich die Stimmung stetig. Es ist wie beim ersten Hören des Albums – ein gewisser Wow-Effekt stellt sich ein und das Gefühl, gerade etwas Besonderes abseits des Üblichen zu erleben. Ansagen und Geplänkel zwischen den Stücken gibt es kaum, die Band lässt lieber die Musik unkommentiert wirken. Gut so. Und die Frage, wie man mit dem Material eines nur rund 25 Minuten langen Albums eine Headliner-Show bestreitet, klärt sich auch alsbald: Offenbar war die Band fleißig und liefert insgesamt acht Stücke, die sich auf jenem nicht finden, darunter „We Never Fall“, „Row Row“, „Ship On Fire“ oder „Bury My Body“, die sich nahtlos einfügen und die Vorfreude auf den Nachfolger gewaltig steigern.

Dennoch ist man schon nach rund einer Dreiviertelstunde am Ende angelangt, das von „Sakrilegium III“ eingeläutet wird. Die verschwitzten Leiber fordern Nachschlag, und den kriegen sie auch in Form von zwei der besten Stücke: Nach „Don’t You Dare“ (das es ebenfalls nicht auf das aktuelle Album geschafft hat) serviert die Band noch das kettenrasselnde „Devil Is Fine“. Damit endet die Entdeckungsreise in einen ganz eigenen musikalischen Kosmos endgültig, und Gagneux muss dem weitere Zugaben fordernden Volk absagen: „Sorry, wir haben keine Songs mehr“.

Die verschwitzte Meute fordert Nachschlag

Fazit: Ein kurzes, aber gelungenes Konzert, in dem die extravaganten Kompositionen und der klagende Gospelgesang samt unheilvollen Chorälen sehr gut umgesetzt wurden. Wie schon auf Platte waren zwar die Black-Metal-Elemente recht einfach gestrickt und wirken austauschbar, sie dienen aber ohnehin eher der atmosphärischen Untermalung; gerade bei den neuen Stücken war aber durchaus schon ein höherer Fokus auf die Gitarrenarbeit erkennbar. Noch ein persönlicher Tipp für die Zukunft: Um ein weiteres Plus an Intensität zu erlangen, würden sich gerade bei dieser Musik und der recht statischen Show sicher Visuals gut machen – das Spannungsfeld zwischen Sklavenarbeit, okkulten Gesängen, Verdammnis/Erlösung etc. bietet doch einiges an Stoff für im Hintergrund laufende Videosequenzen, durch die künftige Konzerte nicht nur musikalisch, sondern auch optisch zu einem grenzüberschreitenden Erlebnis geraten würden.

Text und Fotos: Heiko Weigelt

03.10.2017

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