Wolves In The Throne Room
Invocation of Lightning Tour
Konzertbericht
Die Galionsfigur des Atmospheric Black Metals, WOLVES IN THE THRONE ROOM, zelebriert eine Auswahl von Songs aus allen Schaffensphasen im Gebäude 9 in Köln.
Im Nest der Wölfe
Quasi frisch von ihrer „Thrice Woven“ Tour zurückgekehrt, vereinigen sich WOLVES IN THE THRONE ROOM mit den belgischen Mystikern von WOLVENNEST unter dem Banner der „Invocation of Lightning“-Tour. An einem warmen Donnerstag versammelt sich deshalb eine überraschend bunte Menschenmenge vorm Kölner Gebäude 9. Da trotz eines lauen Abendlüftchens bereits draußen nicht unbeachtliche Temperaturen herrschen, erahne ich schon, dass das heutige Konzert eins der hitzigeren Sorte sein wird. Die Tatsache, dass es lyrisch bei den Wölfen auch gerne um kühlere Waldgebiete des nordamerikanischen Kontinents dreht, schafft dabei wenigstens ein wenig Abhilfe.
Mit einem kalten Getränk und meiner Kamera bewaffnet warte ich daher gespannt wenigstens auf eine mentale Abkühlung, kam ich doch zuletzt vor ein paar Jahren in den Genuss, WOLVES IN THE THRONE ROOM live erleben zu dürfen. Als Opener hat man eine für mich äußerst interessante Truppe, WOLVENNEST, mit an Bord geholt, auf die ich fast genauso gespannt bin wie auf den Headliner selbst. Die Mischung aus esoterischen Themen und treibenden, fast schon hypnotischen Rhythmen aus dem Hause Ván Records, die manch einer ja schon durch die großartigen (DOLCH) in ähnlicher Form live erleben durfte, hatte es mir schon auf dem jüngst erschienenen Langspieler äußerst angetan. Daher schreite ich ziemlich zügig in den Konzertraum, als das psychedelisch anmutende Intro samt einem undefinierbaren Geruch, der scheinbar durch das Verdampfen von speziellen Kräutern auf der Bühne erzeugt wird, die Zeremonie einläutet.
WOLVENNEST
Was sofort auffällt: Das Sextett aus Belgien hat sich Gedanken gemacht. Neben dem schon erwähnten unverwechselbaren Duft hat man die Bühne mit Knochen präpariert und ein Beamer wirft zunächst das an ein Mandala erinnernde Bandlogo auf die Leinwand hinter den Musiker. Schon der erste Song zieht das Publikum voll in seinen Bann. Den besonderen Clue der Band stellt neben der bunten Mischung der Bandmitglieder wohl vor allem das durch die Sängerin bediente Theremin dar, das sich unheimlich gut in den von WOLVENNEST dargebotenen psychedelischen Doomrock einfügt und einen besonderen Touch verleiht.
Während sich die Labelkollegen (DOLCH) hier noch eher in der Drone- bzw. Ambient-Ecke bewegen, ist die Darbietung des belgischen Kollektivs deutlich leichtere Kost, ohne dabei die nötige Atmosphäre missen zu lassen. So lauscht das Publikum gespannt der okkulten Zeremonie und es ist glücklicherweise fast kein, wie sonst üblich, Geschnatter während der ruhigeren Passagen wahrnehmbar. So kann die Musik wirklich vollends ihre Wirkung entfalten und die einzelnen Songs erscheinen live viel kürzer als sie es noch zu Hause getan haben. Wenn es eher langsam, psychedelisch anmutenden Bands gelingt, live nicht langweilig zu klingen und ich mich nicht dabei erwische, zwischendurch mal auf mein Handy zu schauen, dann ist das für mich schon ein Gütesiegel.
Manche Bands dieses Genres funktionieren für mich nur im stillen Kämmerchen, doch WOLVENNEST beweisen eindrucksvoll, dass es auch anders geht. Prädikat: sehr gut! Ein weiterer Aspekt, der zur dichten Atmosphäre beiträgt, ist der Anfangs erwähnte Beamer, der während des Konzerts jedoch nicht mehr das Bandlogo auf die Leinwand wirft, sondern jetzt dem Zuschauer allerlei Magisches zeigt. Zum repetitiven Charakter der Musik passend zeigt die Band sich immer wiederholende Videoschnipsel, in die Tiefe stürzende Wassermassen oder sich hypnotisch im Kreis drehende Tänzer. Dass die Kombination aus Musik, Geruch und der optischen Darbietung der Band eine äußerst beeindruckende Symbiose bildet, zeigt nur wieder, was ich anfangs schon erwähnt habe: Da hat sich jemand Gedanken gemacht. Und das ist für mich ein unheimlich gutes Zeichen, wenn es um Liveauftritte geht.
Als die letzten Töne von WOLVENNEST erklingen, merke ich zum ersten Mal, wie verdammt heiß es im Konzertraum geworden ist. Da kommt das stoßartige Öffnen der Türen und Strömen der Menschenmenge nach draußen als Erfrischung durchaus gelegenen.
Galerie mit 14 Bildern: Wolvennest - Invocation of Lightin European Summer Tour 2018WOLVES IN THE THRONE ROOM
Nach dem Konsum des ein oder anderen kühlen Getränks ist es nun Zeit für die Stars des Abends, die Posterstars des Atmospheric Black Metals, WOLVES IN THE THRONE ROOM! Leider hat sich der Bereich vor der Bühne nur wenig abgekühlt, weshalb mir dieses Mal die Temperatur direkt bewusst ist und ich unruhig auf den Start der Show warte. Auch hier räuchert man die Bühne zunächst gehörig ein, jedoch wird zum Glück rechts von mir ein Ventilator eingeschaltet. Dieser verschafft nicht nur die gern gesehene Abkühlung, sondern lässt beim Einmarsch der Band die Haare der Musiker episch im Wind wehen. Da ich WOLVES IN THE THRONE ROOM das letzte Mal noch ohne neues Album im Gepäck hören durfte, bin ich heute natürlich besonders gespannt, war ich doch relativ unzufrieden mit der Produktion der „Thrice Woven“.
Doch bereits der erste Song nimmt mir alle Zweifel daran, dass WOLVES IN THE THRONE ROOM live wieder eine ganz andere Hausnummer sind. Nicht nur der Sound der Gitarren, der knackiger als auf der Platte klingt, sondern vor allem die Vocals wissen dabei zu überzeugen. An der Stelle auch ein großes Lob an den Soundmann, denn die Soundqualität, selbst direkt vor der Bühne, ist am heutigen Abend ganz große Klasse. Dass aber auch die Musiker mit den Temperaturen zu kämpfen haben, zeichnet sich im Laufe der Show immer mehr im Gesicht von Gitarrist, Sänger und Gründungsmitglied Nathan Weaver ab. Trotzdem gibt er alles und verlässt während des mehr als einstündigem Sets nur einmal für kurze Zeit die Bühne.
Gar nicht auf dem Schirm hatte ich, dass die Band seit einiger Zeit ohne das zweite Gründungsmitglied und Bruder von Nathan, Aaron Weaver, an den Drums unterwegs ist. Dieser lies in Interviews verlauten, dass er sich aktuell auf das Leben auf der heimatlichen Farm konzentrieren will und sich um das Fortbestehen dieser kümmert. Der Performance der Band tut dies aber überhaupt keinen Abbruch, denn der Ersatzschlagzeuger macht einen verdammt guten Job. Glücklicherweise ist die Setlist auch nicht ausschließlich aus Songs von „Thrice Woven“ zusammengesetzt, sondern man hat auch Klassiker wie „I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots“ und Lieder von der „Celestial Lineage“ dabei, was ein unheimlich rundes Gesamterlebnis von treibendes Riffs und atmosphärischen Ambient-Parts ergibt. Auch hier schafft es die Band wieder, zu keinem Zeitpunkt langatmig zu werden und das über eine Stunde lange Set vergeht wie im Flug.
Nach einer herzlichen Bedankung bei der ersten Reihe verlassen die Wölfe dann schließlich auch die Bühne und entlassen das Publikum in die mittlerweile etwas abgekühlte Julinacht. Im Anschluss wird noch diskutiert, ob denn das Beschneiden des oben genannten Songs „I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots“ jetzt ein Fluch oder Segen war. In meinen Augen eher Letzteres, wurde damit doch der gut 20-minütige Song auf wesentliche Spannungsbögen optimiert und nicht reduziert. Und das halte ich auch für ein gelungenes Fazit des Abends: Es wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig, nur heiß.
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