With Full Force
Der große Festivalbericht 2007
Konzertbericht
Sonntag, Main Stage
MANOS
Dass diese Band gepflegt einen an der Waffel hat, muss nicht weiter erwähnt werden. Das geht schon mit dem schrägen Outfit von Basser Eule los, der bei dem insgesamt fünften Auftritt der Band in Roitzschjora neben einer extravaganten Kopfbedeckung einen Vogelkäfig auf dem Rücken trägt und seinen Bass diesmal mit einem Eimer und einem Toiletten-Spülkasten verziert hat. Letzterer macht sich bereits nach wenigen Minuten selbständig, was den Vier-Saiten-Akrobaten aber nicht weiter stört. Der tritt das Ding nur gepflegt einmal quer über die Bühne. Musikalisch wenig filigran scheppern MANOS ihren simplen Death Metal ins Auditorium und können bereits beim Opener ‚Genocide’ mächtig bei ihren Fans punkten. Zwar spielt das Trio noch einige Hits ihrer Karriere, wegen der musikalischen Eintönigkeit fällt der Schmunzelfaktor jedoch bald weg, und es macht sich Langweile breit. (Wyatt Earp)
UNEARTH
Als zweite Band am Sonntag auf der Hauptbühne sollte nun UNEARTH aufspielen. Diese fanden ein erstaunlich zahlreich erschienenes Auditorium vor. Das mag zum einen an der großen Fangemeinde der Bostoner Metalcore-Combo liegen, aber vielleicht auch zum anderen daran, dass die Sonne schon ab Mittag mächtig brutzelte und wohl den Schlaf des einen oder anderen vorzeitig beendete. Neben Songs wie „This Glorious Nightmare“, „Sanctity of Brothers“ und „Giles“ konnte vor allem das Stageacting der Amis überzeugen. Es war ständig Bewegung auf der Bühne, Sänger Trevor Phipps schraubte sich bei jedem Song förmlich die Rübe ab und das Publikum ging ebenfalls gut ab. Man merkte UNEARTH ihre Spielfreude an und diese übertrug sich prompt auf die Fans. Daumen hoch! (Alex)
SONIC SYNDICATE
Respekt! Sich zwischen etablierten Größen wie UNEARTH zuvor und CHIMAIRA danach so gut zu schlagen schafft nicht jede Newcomer-Band aus dem Stegreif. SONIC SYNDICATE taten es und das, obwohl man nicht mal zwei Wochen zuvor den ersten Gig auf deutschem Boden absolvierte. Zahlreich versammelt sich das Publikum vor der Hauptbühne am nachmittäglichen Sonntag um zu schauen, was Nuclear Blast Neues zu bieten hat – und ist schwer angetan. „Denied“, „Enclave“ oder „Blue Eyed Fiend“ finden absoluten Anklang und die jungen Schweden um das brüderliche Dreigestirn Richard, Roger und Robin Sjunnesson machen alles richtig. Auch die Festival-Taufe ist hiermit mit Bravour bestanden. (Imperium)
Metal von Kindern für Kinder – so würde mein Claim für das neuste Signing von Nuclear Blast ausfallen. Die Jungs plus Mädel haben, bis auf den Vertragsschluss mit dem Label-Riesen, noch nichts geleistet, aber dürfen bereits jetzt mitten am Tag auf der Hauptbühne spielen. Dafür werden jedoch solche Übercombos wie VOLBEAT und NEAERA als erstes verheizt. Klingt durchaus nachvollziehbar und vor allem fair! Nichtsdestotrotz gibt die Band ihr bestes und das Stageacting sieht auch gar nich mal so schlecht aus, ich vermute, die Band ist nur so gut aufeinander eingespielt, weil 60 Prozent der Bandmitgleider Brüder sind. Vielleicht wird das Sextett noch groß rauskommen, aber nur wenn es den IN FLAMES und CHILDREN OF BODOM Sound über Bord wirft und was Eigenständiges macht. Ansonsten gibt es nicht viel mehr über die Band zu sagen. (SirG)
CHIMAIRA
Als nächstes betraten nun CHIMAIRA die Bretter, die die Welt bedeuten. Besonders ihre letzte Veröffentlichung „Resurrection“ machte Hoffnung auf einen guten Auftritt mit starken Songs und so stiegen die Jungs aus Ohio auch direkt mit dem Titeltrack ihrer neuen Scheibe ein. Sofort war die Stimmung im Publikum oben und die Fans kamen der Aufforderung von Sänger Mark Hunter („Destroy this fuckin’ place!!!“) ohne Widerspruch nach. Die Band lieferte mit Titeln wie „Power Trip“, „Needle“, „Severed“ (mit Gastsänger Ken Susi von den Labelkollegen UNEARTH) und „Pure Hatred“ die passende musikalische Untermalung. Insgesamt sicherlich ein metalcoriges Highlight des Wochenendes, das von einem hohen Level an Energie und Intensität geprägt war. (Alex)
THE BONES
Die Band erinnert an die guten Zeiten von RAMONES und SOCIAL DISTORTION und so kam auch schnell Stimmung auf. Schön rotziger Rock n’Roll der wieder mal unter Beweis stellte das in Schweden neben brutalem Death-Metal auch ganz ordentliches Potential in anderen Musikbereichen liegt. Die Band machte eine gute Liveshow und somit auch Lust auf mehr! (Dorian)
PRO PAIN
PRO-PAIN sind und bleiben unverwüstlich. Doch trotzdem ist es immer wieder erstaunlich, mit wie viel Spaß in den Backen die vier NYHC-Opas noch zu Werke gehen. Das schienen auch ca. 20.000 andere Festivalgäste so zu sehen und bereiteten Gary Meskil und Konsorten einen mehr als warmen Empfang, an den sich der in meinen Augen beste Gig des Festivals anschloß. Angespornt von so viel Treue rotzten sich PRO-PAIN ohne große Worte durch einen Best-Of-Set, der sich vor allem in punkto Tempo gewaschen hatte. Groover wie „In For The Kill“, „State Of Mind“, „Fuck It“ oder „Unamerican“ hatten gegenüber pfeilschnellen Geschossen der Marke „FOAD“ fast das Nachsehen. Die diesmal etwas älteren Pitfighter dankten es ihnen. Und wer immer der Meinung war, daß PRO-PAIN stumpfe Mucke machen, der hätte sich mal Drummer JC Dwyer anschauen sollen. Gar nicht so ohne, was der Herr hier in die Felle drosch. Nicht zu vergessen, das Gitarrenduo Klinger/Klimchuck, das aus dem Grinsen, Springen und Abgehen gar nicht mehr herauskam. Müßig zu erwähnen, daß beim abschließenden „Terpentin“ der größte Chor des Festivals hinter PRO-PAIN stand. Immer wieder geil, die Jungs! (metalgreg)
ILL NINO
ILL NINO, die NuMetal-Recken um Front-Dreadlocke, Charismatiker und Ausnahmesänger Cristian Machado (brillierte einmal mehr durch seine einzigartigen Cleanvocals), haben nicht nur den Overkill ihrer Szene locker überstanden, sondern zählen mit Sicherheit auch nach wie vor zu den originellsten und besten Bands der modernen Metal-Musik. Hit reihte sich Hit an Hit – u.a. „What Comes Around“, „How Can I Live“ oder „What You Deserve“ – die Bühnenaction war vorbildlich und völlig zurecht feierte die Szene-Klientel ihre Helden und – nach der ärgerlichen und unbegründeten STATIC-X-Absage neben KORN einzig verbliebenen Vertreter – ab. Sehr cool! (Hage; www.ancientspirit.de)
DROPKICK MURPHYS
„Let´s go MURPHYS!“-Schlachtrufe hallten schon Minuten vor dem Auftritt der Bostoner Party-Animals übers Gelände. Die DROPKICK MURPHYS sind ein Phänomen, denn auch wenn sie astreinen Partysound fabrizieren, bei dem gar das irische Original des KLAUS & KLAUS-Faschingsburners „An der Nordseeküste“ zum Zuge kommt, so wirken ihre zwischen irischem Folk, SICK OF IT ALL und kernigem Rock angesiedelten nie platt oder peinlich. So durften sich die Burschen auch völlig zu recht feiern und von einer Woge der kollektiven Sympathie zu einem echten irisch-amerikanischen Kantersieg tragen lassen. (Hage; www.ancientspirit.de)
SLAYER
SLAYER und das With Full Force gehören irgendwie zusammen wie Saufen und Metal. Schon ab der ersten Stunde nach Öffnung des Festivalgeländes schallen die berühmten „SCHLÄÄÄYYYER“-Rufe im vornehmlich sächsischen Dialekt über den Campingplatz, obwohl die Frequenz besagter Rufe dieses Jahr merklich gesunken war. SLAYER sind einfach Kult und so fegten sie auch an diesem Sonntag den Campingplatz zu großen Teilen leer und füllten die Reihen vor der Mainstage weit mehr als die anderen beiden Headliner des Wochenendes. So starteten die feinen Herren, die mal wieder etwas länger auf sich warten ließen, direkt mit „Disciple“ in ihren Auftritt. Allerdings enthielt die Setlist keine Überraschungen und setzte sich wie ein Best Of-Programm der bisherigen Karriere zusammen. Neben zwei Songs vom neuen Album „Christ Illusion“, nämlich „Cult“ und „Jihad“, gab es gewohnte Kost in Form von „Seasons In The Abyss“, „Die By The Sword“, „War Ensemble”, „Dead Skin Mask”, „South Of Heaven”, „Mandatory Suicide” und „Bloodline”. Den Abschluss bildete das Doppelpack „Raining Blood“ und „Angle Of Death“. Also leider „business as usual“. Klar machen SLAYER ihre Sache professionell, der Sound hat auch gestimmt (bis auf die etwas zu leise Klampfe von Kerry King) und Dave Lombardo an der Schießbude war wie immer ein Ereignis, aber wenn man dieses Programm zum dritten oder vierten Mal sieht, wird es irgendwann doch eher ermüdend, seien die Songs noch so gut. Das Seltsame an SLAYER ist, dass sie, trotz dessen sie kaum mit dem Publikum kommunizieren oder sich sonderlich auf der Bühne bewegen, immer eine hervorragende Stimmung erzeugen. Sie leben einfach von ihrem Ruf und den Songs, die (fast) jeder (ob er nun SLAYER mag oder nicht) kennt. Dennoch sollten sie sich gelegentlich etwas einfallen lassen, um nicht auch die eigentlichen SLAYER-Fans (zu denen sich der Schreiber dieser Zeilen auch zählt) zu sehr zu langweilen. (Alex)
Sonntag, Tent Stage
FINAL PRAYER
FINAL PRAYER aus Deutschland dürften vor allem Fans von BORN FROM PAIN oder HATEBREED rein gelaufen sein. Ihr sehr mosh-orientierter Hardcore entpuppte sich bei gutem Sound als 110% pitkompatibel. Zwar schienen die meisten Anwesenden die schon länger im Geschäft befindliche Truppe kaum zu kennen, was einigen Kung-Fu-Kämpfer dennoch nicht davon abhielt, ihre Show abzuziehen. FINAL PRAYER standen noch nicht oft auf einer Bühne diesen Ausmaßes, was man ihnen zu einem gewissen Teil anmerkte. Alles in allem konnte aber auch diese Tatsache der ordentlichen Auf-die-Fresse-aufwärm-Show keinen Abbruch tun. (metalgreg)
MISCONDUCT
Die Hardcore Formation erwischte keinen guten Startplatz auf dem Festival. Viele Besucher waren zu der Zeit des Auftritts zu sehr damit beschäftigt, die großen Bands auf der Hauptbühne zu feiern, und somit ging diese recht punkige Formation etwas unter. Sänger Fredrik schien auch etwas schlecht in den Rhythmus zu finden und preschte zu Beginn des Sets etwas zu schnell durch die Songs, was für ein wenig Verwirrung in den hinteren Publikumsreihen sorgte. Die Fans an vorderster Front schienen davon aber recht wenig mit zu bekommen und feierten eine „Hardcoreschlacht“, die zum Ende in einer kleinen Wall of Death endete. (Dorian)
FEAR MY THOUGHTS
Jetzt war es an den deutschen Metalcorelern von FEAR MY THOUGHTS das Zelt zum Wackeln zu bringen. „In The Hoursglass“ wurde als erster Brecher in die Menge geschleudert, die sofort die Chance nutzte, um sich den Staub aus den Haaren zu schütteln. Angeheizt wurde die Stimmung durch semilustige Kommentare des Sängers wie „Headbangen fürs Klima“. Das Publikum stimmte dem anscheinend zu und so steppte der Bär ganz ordentlich. „Death Is By Your Side“, „Rain“, „Accompanied By Death“ und „Sweetest Hell“ rundeten einen soliden und stimmungsvollen Auftritt ab, der das Zelt an diesem Tag zum ersten Mal richtig in Bewegung brachte, und das, obwohl der Sound etwas unfreundlich war und der Reigen doch durch zeitweilige Rückkopplungen gestört wurde. (Alex)
DIE KASSIERER
Nun war es wieder an der Zeit die Musik, die einem aus Zeltansammlung auf dem Platz entgegen wehte, auch Live zu begutachten. Was soll man zu den KASSIERERn groß sagen? Mancher Festivalbesucher lernt sie gerade kennen, ist entzückt oder entsetzt, und bei anderen hat sich die Prosa der Wattenscheider einfach schon zu tief ins Hirn gegraben. Ich zähle mich wohl zu den Letzteren. Die Show war sicher nicht ihre beste, aber wie immer eine gute Hintergrundmusik zum Bierkonsum. Das Publikum feierte somit auch stark berauscht eine wieder recht groteske Show. Interessierten empfehle ich aber ein kleineres Konzert um die wahren Abgründe dieser Band zu ergründen. (Dorian)
The Last Supper
ONKEL TOM
SODOMs Frontnase Tom Angelripper alias ONKEL TOM ist nicht nur auf dem Wacken Open Air ein gerngesehener Gast, auch die Trunkenbolde auf dem With Full Force hießen ihn herzlich willkommen. Zum Saufen gehört auch das Singen und ONKEL TOM stellte abermals unter Beweis, dass er beides perfekt beherrscht. Mit Ohrwürmern aus mehreren Jahrzehnten unterhielt er den gröhlenden Mob vor der Bühne. Und solchen poetischen Ergüssen wie „Es Gibt Kein Bier auf Hawaii“, „Caramba, Caracho, Ein Whisky“ und nicht zu vergessen dem Gassenhauer „Trink, Trink, Brüderlein Trink“ verdanken die umliegenden Bierstände das Geschäft des Jahres. Prost! (SirG)
TURISAS
Die Finnen, recht spät auf den Genre-Zug aufgesprungen, boten mit ihrem eigens auf den Homo Metallus zugeschnittenen Genre Battle Metal kurzweilige Unterhaltung im Zelt. Die Jungs, die sich nach einem finnischen Kriegsgott benannt haben, warteten mit recht ungewöhnlicher Instrumentierung in Form von Geigen, Akkordeons und Flöten auf. Ok, der letzte Tag sollte gefeiert werden, aber das war sogar mir, als beinhartem Pagan-Freund, zu viel des Guten. TURISAS‘ gespielte Fröhlichkeit schien aber auch nicht nur bei mir nicht anzukommen, denn die Menschenströme Richtung Zeltplatz waren beeindruckend. Naja, was der Mensch nicht braucht, braucht der Mensch halt nicht! Und auch ich konnte mir nicht mehr als drei Songs dieser aalglatten Band geben. Zumal der Sound einfach scheiße war – die Gitarre, die Sau war’s! Sorry Jungs, Daumen runter. (SirG)
PAIN
Als letzte Band des Festivals hatte man Peter Tägtgren’s Side-Projekt PAIN verpflichtet. Die Band um den HYPOCRISY-Frontmann war trotz der fortgeschrittenen Zeit voller Spielfreude, was man bei früheren Konzerten der Band auch schon anders gesehen hatte. Jedenfalls schien die Mucke, die man wohl am besten als Industrial-Rock mit Metalanleihen beschreiben kann, genau den Zahn des Publikums zu treffen. Zwar waren die ersten Reihen doch eher überschaubar besetzt, dennoch war die Stimmung sehr ausgelassen und man mobilisierte die letzten Kräfte um zu Songs wie „On And On“ abzutanzen oder ein letztes Mal das gut bewachsene Haupt rotieren zu lassen. Ein würdiger Abschluss für dieses With Full Force-Wochenende. (Alex)
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