Wave Gotik Treffen
Der große Festivalbericht vom 24. WGT 2015 in Leipzig
Konzertbericht
Sonntag
Traditionsgemäß eröffneten wir den dritten Festivaltag mit einem Brunch in der Leipziger Innenstadt, diesmal im Ratskeller. Die ehrwürdigen Gemäuer des 1904 eröffneten Gewölbes wurden Weihnachten 2013 von einem verheerenden Brand heimgesucht – erst im vergangenen Herbst nahm das Restaurant wieder seinen Betrieb auf. Mit 25 Euro pro Nase war der Preis für Leipziger Verhältnisse zwar schon sehr gehoben, doch Ambiente und Angebot rechtfertigten die Kosten. Ein weiterer Pluspunkt: Der Ratskeller hat den Craft-Bier-Trend erkannt und eine kleine Auswahl von BraufactuM in der Karte. Und so ließen wir uns zum Abschluss noch ein leckeres Progusta India Pale Ale schmecken.
JO QUAIL
Das Schauspielhaus zählt zu den WGT-Locations mit der besten Akustik und Atmosphäre. Zudem bietet das Theater den entscheidenden Vorteil, während des langen Festivals mal ein Konzert im Sitzen genießen zu können, um den geplagten Knochen eine Erholungspause zu gönnen. Wir entschieden uns für den Auftritt der Cellistin JO QUAIL, die mit ihrer Performance zur absoluten Neuentdeckung 2015 avancierte. Nach einer schüchternen Begrüßung begann sie behutsam, ihrem E-Cello die ersten Töne zu entlocken. Als sie nach und nach das Effekt-Board zu ihren Füßen beackerte, um kontinuierlich Loops aufzuzeichnen und abzuspielen, steigerte sich der Song zu einer gefühlten Cello-Armada, deren Intensität die Zuschauer förmlich wegpustete. Mit diesem Rezept verzauberte sie das Publikum in der folgenden Stunde – es war eine Ohrenweide, der Entstehung monumentaler Soundlandschaften von den ersten zögerlichen Tönen bis zum finalen Vulkanausbruch zu lauschen. Der blanke Wahnsinn.
Galerie mit 3 Bildern: Jo Quail - Wave Gotik Treffen 2015DER WEG EINER FREIHEIT
Nach einem Cello-Konzert geht doch nichts über eine volle Black-Metal-Dröhnung, weshalb wir uns nach JO QUAIL auf den Weg in den Felsenkeller machten. Den Anfang machten DER WEG EINER FREIHEIT, die sich von der deutschen Black-Metal-Nachwuchshoffnung zum etablierten Act entwickelt haben. Zwar gibt es immer noch vereinzelte Spackos, die in ihnen nach strenger PEGIDA-Logik den Untergang des Black-Metal-Abendlandes sehen, aber auf sämtliche Hipster-Rufe hat die Band mit ihren ausgereiften, mitreißenden Hymnen die richtige (und deutlich lautere) Antwort. Obwohl es einem die Jungs auf ihren Alben schon leicht machen, in die Songs einzutauchen und die Stürme zu genießen, die durch die Ohren fegen, entfaltet das Material erst live seine volle Pracht. Spätestens als der Opener „Repulsion“ vom aktuellen Album „Stellar“ Fahrt aufnimmt, beginnen die Matten im Publikum für die folgende Stunde zu rotieren. Besonders erfreulich: Mit Nikita am Mikro knallen die Songs der ersten Releases sogar noch besser. Mit ihrem Auftritt legten DER WEG EINER FREIHEIT die Messlatte so hoch an, dass die nachfolgenden DARK FUNERAL und GOD SEED (Vorsicht, Corpsepaint-Kalauer) dagegen fast verblassten.
Galerie mit 16 Bildern: Der Weg Einer Freiheit - Wave Gotik Treffen 2015DARK FUNERAL
Das letzte DARK FUNERAL-Album hat mittlerweile schon sechs Jahre auf dem Buckel. Dass die Fans trotzdem scharenweise zu den Auftritten stürmen, zeigt, welche Maßstäbe die Schweden im Laufe ihrer Karriere gesetzt haben. Nach etlichen Line-Up-Wechseln in den letzten Jahren scheint nun hoffentlich wieder etwas Kontinuität in das satanische Schaffen zu kommen – immerhin präsentierte man Ende 2014 den neuen Song „Nail Them To The Cross“ und mit ihm auch die beiden neuen Bandmitglieder Heljarmadr am Mikro und Bassist Natt. Gemeinsam bewiesen DARK FUNERAL an diesem Abend, dass die Luft noch lange nicht raus ist. Mit durchgetretenem Gaspedal wütete sich das Gespann durch die Bandgeschichte und Heljarmadr zeigte mit energischem und hasserfülltem Gekeife, dass er ein mehr als würdiger Nachfolger von Nachtgarm ist. Ein kurzweiliger Auftritt, dem ein etwas besserer Sound allerdings gutgetan hätte.
Galerie mit 32 Bildern: Dark Funeral - Wave Gotik Treffen 2015GOD SEED
GOD SEED wurde die Ehre zuteil, den Black-Metal-Abend im Felsenkeller als Headliner zu beschließen. Nach holprigen Anfangstagen der neuen Band um die Ex-GORGOROTHer Gaahl und King ov Hell erschien 2012 das Debüt „I Began“, das sich erfreulicherweise nicht wie ein GORGOROTH-Abklatsch anhörte, sondern mit Ausflügen ins Psychedelische und Sphärische erfrischend anders klang. Die WGT-Setlist bestand jedoch nur zur Hälfte aus GOD SEED-Songs – die übrigen Stücke stammten alle aus Zeiten, in denen man mit Infernus noch ein bisschen besser klar kam. Durch diese Mischung gelang es den Norwegern aber hervorragend, alte Fans bei der Stange zu halten und sie gleichzeitig für die Neuausrichtung zu erwärmen. Eingebettet in trockene GORGOROTH-Knüppelnummern entfalteten experimentelle Tracks der Marke „Alt Liv“ und „This From The Past“ mit seiner Hammond-Orgel sogar erst ihr volles Potenzial. Frontmann Gaahl zog mit seiner stoisch-furchterregenden und auf minimale Interaktion beschränkten Art wie erwartet sämtliche Blicke auf sich und beeindruckte darüber hinaus mit einer facettenreichen stimmlichen Leistung. Alles in allem ein würdiger Abschluss eines deftigen Abends.
Galerie mit 38 Bildern: God Seed - Wave Gotik Treffen 2015
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