Wardruna
Nordic Nights Summer Open Air Tour
Konzertbericht
Lange musste man warten, bis dieses Konzert, respektive die Tour nun endlich nachgeholt werden konnten. Nachdem die Release-Show zum aktuellen WARDRUNA-Longplayer “Kvitravn” als Streaming-Veranstaltung bereits gehörig Appetit auf einen Aus-Fleisch-Und-Blut-Gig gemacht hatte, ist man beim Betreten der Musik-Arena nicht überrascht, ein nahezu volles Zelt vorzufinden. Damit kommen wir aber direkt zum Knackpunkt: Einerseits verspricht der Zeltpavillon eigentlich eine sehr gute Stimmung und entsprechend finstere Atmosphäre. Leider ist die Arena am heutigen Abend aber komplett bestuhlt und durch die (verständlicher Weise) geöffneten Notausgänge dringt zwar Sauerstoff ins Innere, aber eben auch nervige Sonnenstrahlen, die ein notwendiges Abdunkeln der Location unmöglich machen.
LINDY FEY HELLA und KALANDRA verziehen keine Mine und sind doch emotional
Als Opening-Acts sind für diese Tour praktischer Weise zwei Mitmusikerinnen von Einar Selvik mit ihren Bands verpflichtet worden, was rein musikalisch natürlich wie die Faust aufs Auge passt. Den Anfang macht heute die, während den WARDRUNA-Sets aktivere Sängerin LINDY FEY HELLA, die mit ihrer Variante des Dream Pop durch Grazie und Melodien überzeugt und am Ende brav ihre Mitstreiter vorstellt.
Nach kurzer Umbaupause erscheinen zwei Hünen mit Gitarren im Anschlag auf der Bühne, während Katrine Stenbekk mit langen, wallenden Locken und in zerrissenen Jeans das Szenario betritt. Komplettiert wird die Besetzung lediglich vom Schlagzeug, ansonsten ist es Stenbekks Stimme, die im Vordergrund steht. Zwischendurch klingt KALANDRA nach gut gereiftem Indie-Rock, speziell wenn die E-Gitarren (!) auf Heavyness setzen. Während des Auftritts muss die Sängerin eine Pause einlegen und sich die Tränen aus dem Gesicht wischen. Die Erklärung folgt auf den Fuß: “Würden wir nicht bei WARDRUNA mitwirken, könnten wir wohl niemals vor einer solchen Kulisse auftreten. Das ist wirklich eine großartige Gelegenheit für uns”. Das kommt in der Tat nicht gekünstelt beim Publikum an und der Sympathiefaktor steigt ins Unermessliche.
Galerie mit 8 Bildern: Kalandra - Nordic Night with Wardruna 2022 in GelsenkirchenWeniger ist manchmal einfach mehr
Später werden ein paar, mit Stoffbahnen behängte Wände aufgestellt und ein ebensolches Backdrop am hinteren Bühnenrand emporgezogen. Mehr Kulisse benötigen WARDRUNA erfahrungsgemäß nicht, denn die wahren Emotionen sollen durch die Musik und zurückhaltende Beleuchtung erzeugt werden. Das Intro zu “Kvitravn” animiert leider nur wenige Besucher:innen sich zu erheben, was leider wieder auf die Stimmung drückt. Natürlich sind Konzerte dieser Art nicht dafür gemacht, ausufernde Tanzeinlagen vor der Bühne abzuliefern, aber irgendwie kommt keine wirkliche Begeisterung auf. Der Professionalität von Mastermind Selvik uns seiner Band tut das natürlich keinen Abbruch und ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken, werden Stücke wie “Fehu” und zuletzt das obligatorische “Helvegen” in die stickige Zeltluft entlassen. Vielleicht ist es nicht die richtige Uhrzeit, vielleicht ist es zu heiß. Das nicht wirklich homogen wirkende Publikum (Vanlifer:innen treffen auf Metalheads in Battle-Vests und brave Eheleute) trägt sicher auch einen Teil dazu bei, dass der Zauber dieses Live-Erlebnisses heute nur bedingt seine Wirkung entfacht.
WARDUNA halten ihr versprechen
Selvik wendet sich erst ganz zum Ende hin an das Publikum und gibt sich dabei als souveräner Charmbolzen, der einmal mehr darüber spricht, wie wichtig es ist, nicht in Grenzen zu denken und auf terrioritalen Besitztümern zu bestehen. Mit weisen Worten über den Umgang mit der Natur und der Bedeutung von Musik gerät der Mann geradezu in einen Redeschwall, dem man in diesem Moment einfach gerne zuhört. Und genau jetzt wachen die Konzertbesucher:innen auf und spenden der Band den wohlverdienten Jubel und Standing Ovations.
Damit geht ein Abend zu Ende, der sich sehr schwer objektiv betrachten lässt. Einerseits spielen WARDUNA gewohnt hochklassige Musik, ohne auch nur einen Grund zur Kritik zu liefern, andererseits gehen die sonst so vielen, zauberhaften Momente im muffigen Dunst des Tageslichtes und einer unglücklich gewählten Location unter. Diese Worte dürften eigentlich niemals geschrieben werden, aber letztlich konnte das bereits erwähnte Streaming-Konzert mehr berühren als die heutige Show.
Unsere Bilder vom Vortag im Amphitheater Gelsenkirchen:
Galerie mit 11 Bildern: Wardruna - Nordic Night with Wardruna 2022 in Gelsenkirchen
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