Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2008
Konzertbericht
Samstag
3 INCHES OF BLOOD
Als Opener des Festival-Samstags waren 3 INCHES OF BLOOD um 12.00 Uhr eine absolut positive Überraschung. Ihre Show war extrem unterhaltsam und die gesamte Band machte einen gut gelaunten und motivierten Eindruck, was sich in kürzester Zeit auf ihr Publikum übertrug. Eine gelungene Mischung aus Death- und True Metal, sowie dem guten alten Heavy Metal macht die Kanadier so interessant und einzigartig. Von ihrem abwechselungsreichen Aussehen gar nicht zu sprechen: Während einer der Sänger aussieht, als würde er demnächst bei AMON AMARTH einsteigen, hat sich sein singender Gegenpart wohl eher für eine Remake der 70ger fein gemacht. Das Auftreten der blutigen Jungs ließ Spielfreude statt Routine erkennen, sodass die Ami-Newcomer einen positiven Eindruck bei mir hinterlassen. (maike p.)
HATEBREED
HATEBREED übertrafen den SOILWORK-Gig vom Vortag um einiges, jedenfalls was die Crowdsurfer betrifft. Der Ansturm der Crowdsurfer nahm während des gesamten Konzerts nicht ab. Den Security-Jungs rann der Schweiß in Sturzbächen herunter, an Verschnaufen war nicht zu denken. Die Fans surften bis zur totalen körperlichen Erschöpfung, oder bis die Sanitäter sie aus dem Verkehr zogen. Ein gelungenes Fest für Band und Fans.
Aber beim Crowdsurfen blieb es natürlich nicht. Frontmann Jamey Jasta ließ der Meute vor der Black Stage keine Verschnaufpause. Immer wieder rief er die Fans auf, einen Moshcircle zu bilden. Das ließen die Leute sich nicht zweimal sagen. Kaum ebbte der erste Circle ab, bildeten sich schon zwei neue. Dieses Spiel trieben HATEBREED so lange, bis die Fans drei Circles gleichzeitig am Laufen hatten. Die Spitze des ganzen bildete natürlich die Wall Of Death, die auch bei den fünf Jungs aus Connecticut/USA nicht fehlen durfte. Untermalt wurde das “Konzert-Entertainment“ unter anderem mit „Defeatist“, „Destroy Everything“ und „This Is Now“. (ME)
NIGHTWISH
Für die meisten NIGHTWISH- Fans war es vermutlich die Premiere, ihre Lieblingsband mit der neuen Sängerin Anette Olzon zu sehen. Auf den ersten Blick recht unscheinbar betrat Anette die True-Metal-Stage, aber kaum ließ sie ihre Stimme erklingen konnte man sich gewiss sein, dass die Jungs von NIGHTWISH einen guten Ersatz für Tarja Turunen gefunden hatten. Stimmlich bot Anette natürlich einen anderen Stil. Doch passt dieser wunderbar zur Stimme von Marco Tapani Hietala und auch zu den bisherigen NIGHTWISH-Songs. Die neue Frontfrau ließ die Band in einem ganz neuen Licht erscheinen. Ihre natürliche Ausstrahlung schien sich auf die anderen Bandmitglieder übertragen zu haben. Allen voran wirkte Marco auf der Bühne viel fröhlicher und ausgeglichener, als in den Jahren zuvor. Die Bühnenpräsenz von Anette und ihren Mitstreitern ließ nichts zu wünschen übrig. Anette wirbelte wie ein geladener Energieball über die Bühne und animierte die Fans zum Mitsingen und Klatschen. Mit Songs wie ?Amaranth?, ?Nemo? und ?Over The Hills And Far Away? stellten NIGTHWISH eindeutig klar, dass sie ihren musikalischen Pfad auch nach der Trennung von Tarja beibehalten und Anette ein vollwertiges Mitglied der Band geworden ist. Die Bühnenshow war hingegen nicht so opulent, wie noch zu Tarjas Zeiten. Pyrotechnik wurde nur hier und da mal verwendet, die Lightshow war nicht übertrieben und passte hervorragend zu den einzelnen Songs. Ein insgesamt sehr stimmiger Auftritt, der für die Zukunft auf einiges hoffen lässt. (ME)
KILLSWITCH ENGAGE
Nach OPETH waren KILLSWITCH ENGAGE ein nächstes Highlight auf dem diesjährigen Wacken und somit ganz dick auf meiner Running Order angestrichen. Auch hier war ich mit meiner Meinung nicht allein. Schon lange vor der eigentlichen Spielzeit tummelten sich die Menschenmassen vor der True-Metal-Stage und ich hatte Not, ein würdiges Plätzchen zu finden, um vernünftige Fotos machen zu können. Mit dem Opener ?Daylight Dies” vom gleichnamigen 2006er Album hatten die Amerikaner sich einen würdigen Song ausgesucht, was auch sofort von der Menge ausgenutzt wurden, um die Band ordentlich anzuheizen. An vorderster Front der offensichtlich Verstrahlteste von allen: Gitarrist und Bandoberguru Adam Dutkiewicz. Wie ein aufgescheuchter Papagei raste er über die Bühne und feuerte hitverdächtig zwischen den Songs und seinen Spielpausen das Publikum zum feiern und mitgrölen an. Der Rest der Band war nicht weniger gut drauf und tat es seinem Gitarristen gleich, indem er zu allen Songs ausgeflippt über die Bühne wirbelte und das Publikum mit einer außergewöhnlichen Groovekraft zum Mitmachen animierte. Durchgeknallte Typen. Die intensiven Stimmhöhen und -tiefen traf – mit einer knallroten Baseballkappe gekleidet und äußerst sympathisch – Frontmann Howard nicht immer. Aber welcher Gesangsguru schafft das auch schon immer live, mit derart vielen wirbelnden Hummeln im Popo? Bei Songs wie ?Take This Oath”, ?Unbroken”, “Breathe Life”, ?This Fire”, “A Bid Farewell”, “This Is Absolution” und “Life To Lifeless” unterstützte das Publikum die Band tatkräftig, sodass einige schiefe Parts gar nicht mehr auffielen. Zum Schluss zockte die Band neben den genialen älteren „My Last Serenade“ noch den Klassiker “The End Of Heartache“ und den Dauerbrenner „Rose Of Sharyn“. Mit ?Holy Diver“ verabschiedeten sich die Fünf nach kurzen 75 Minuten Show auf ein baldiges Wiedersehen auf ihrer Tour. (maike p.)
OBITUARY
Um 16.00 Uhr war es Zeit für eine ganze Stunde Oldschool-Death à la OBITUARY. Ich war erstaunt, dass sie dieses Jahr nur auf der Party Stage gastieren durften, hatten sie doch 2005 jeden einzelnen Zentimeter Black Stage mit ihrem Publikum eingenommen. Mühsam kämpfte ich mich also unters Volk, um als recht kleiner Mensch noch genug von den wallenden Mähnen der fünf Boys aus Florida sehen zu können. Die Party Stage war voll und wo ich hinsah bangende Köpfe und fliegende Haare. Natürlich passend zum Sound etwas langsamer, dafür intensiver. Best of OBITUARYs Dampfwalzen-Death-Metal. Zur Auswahl stand, wie sollte es auch anders sein, eine ordentlich gelungene Anzahl Songs, die für Stimmung sorgten und mal wieder alles in Grund und Boden walzten. Ihre schweren Riffs trafen zentnerschwer in die Magengrube, Grunzgott John Tardy holte das letzte aus seinen unmenschlichen Stimmbändern heraus, und OBI besorgten es uns so richtig. „Back To One“, „Turned Inside Out“ und natürlich der geliebte Klassiker „Slowly We Rot“ kamen direkt aus der Hölle empor gekrochen und fielen unbarmherzig über uns her. Allerdings muss man durchaus sagen, dass das Songmaterial mit der Zeit arg monoton wirkte. Große Ansagen gab es ja noch nie bei OBITUARY, daran hat sich auch nichts geändert. Und so kloppten die Jungs hier mehr oder weniger ein Stück nach dem anderen herunter, und räumten dabei ordentlich ab. (maike p.)
AS I LAY DYING
Nachdem im vergangenen Jahr viele vergebens auf die Metalcore-Formation um die fünf braun gebrannten Kalifornier gewartet hatten, zeigten sich AS I LAY DYING 2008 von ihrer besten Seite und rockten ordentlich die True-Stage. Ihr moderner Hardcore und die noch recht aktuelle CD ?An Ocean Between Us“ lockten mehrere tausend Metaller vor die Bühne. Bereits bei den ersten Klängen rastete das Publikum, animiert von Frontmann Tim Lambesis, der ständig in Bewegung war, vollkommen aus. Hier wurde gebrüllt, gejumpt, gepogt, getanzt und zu Songs wie „94 Hours“ und ?The Sound Of Truth“ kräftig die Haare geschüttelt. Der Moshpit in den ersten Reihen war heftig und auch bei den Mitklatsch-Parts stand das Gelände Kopf, wobei sich das Publikum überraschend auch ziemlich textsicher erwies. Die Amerikaner proklamieren mit ihren Texten eindrückliche Botschaften wie ?And I’ll always wonder why we’re given grace we’ll never deserve, and a second chance we’ll never earn, for there is nothing I can do to save myself.? Zu Deutsch: ?Und ich werde mich immer fragen, wieso wir Gnade und eine zweite Chance bekommen, die wir uns nie verdienen werden, denn es gibt nichts, das ich tun kann, um mich selbst zu retten? …und nehmen kein Blatt vor den Mund. Dafür steht diese Band ein. (maike p.)
AT THE GATES
Wie lange musste man warten und wie hatte man gezittert, ob die Väter des Melodic-Death-Metal die Power ihrer genialen Scheiben nach so vielen Jahren auch live umsetzen können? Aber warum all diese Sorgen? Wer es sich leisten kann, mit einem Göttersong wie “Slaughter Of The Soul“ den Gig zu beginnen, macht eh nichts falsch. AT THE GATES kamen, sahen und siegten auf ganzer Linie. Anders kann man es nicht sagen. Die Band war sehr gut drauf und hatte sichtlich Spaß, den Leuten zu zeigen, wer auch trotz jahrelanger Abwesenheit noch immer auf dem Melodic-Death-Metal-Thron sitzt und ihn im Prinzip nie verlassen hat. Die Metalheads (und es waren sehr, sehr viele) ließen sich beliebig dirigieren. Es wurde gemosht, gesurft und der Pit war auch ansehnlich groß. Kein Wunder, denn wer auch nur einen Funken Ahnung hat, bekommt Gänsehaut, wenn er Songs wie “Blinded By Fear“, “Kingdom Gone“ oder das geniale “Nausea“ um die Ohren geballert bekommt. Zum Heulen schön! Und wenn die Jungs vorhaben, eine neue Scheibe zu machen, sollten sich diverse Pseudo-Death-Metal/Metalcore Combos prophylaktisch schon mal auflösen. Für mich waren AT THE GATES neben IRON MAIDEN die beste Band des Festivals! (colin)
Da kann ich Kollege Colin nur beipflichten. AT THE GATES zeigten allen Zweiflern wie eine gelungene Reunion auszusehen hat. Während die Jungs um Frontkasper Tompa Lindberg, der mittlerweile haargenau so aussieht wie Chuck Norris, ihr Killerset runterholzten, wurde mir erst mal wieder richtig bewusst, dass eigentlich fast sämtliche ?modernen“ Core-Bands bei AT THE GATES klauen wie bekloppt. Ob ich allerdings unbedingt eine neue Scheibe der Burschen haben will, weiß ich nicht so genau, denn gegen eine Göttergabe wie ?Slaughter Of The Soul“ kann man nur abstinken. Aber trotzdem waren AT THE GATES nach MAIDEN die absolut beste Band des Wochenendes. (Nightstalker)
EXODUS
Zur relativ frühen Stunde bliesen EXODUS von der True Metal Stage zum Thrash-Assault und machten wie gewöhnlich keinerlei Gefangene. Unterstützt von abnormer Lautstärke fönte die Thrash-Legende dem anwesenden Publikum ordentlich die Haare nach hinten. Los ging der ?good friendly violent fun“ dann auch direkt mit dem Klassiker ?Bonded By Blood“, und Frontasi Rob Dukes machte mal wieder allen klar, dass er sich überhaupt nicht mehr hinter seinen beiden Vorgängern verstecken muss. Genau wie einst Paul Baloff kotzbrüllt und rüpelt er sich durch den Set, der eine gute Mischung aus altem und neuem Material bot. Wobei mir, als altem Fan, natürlich besonders die frühen Perlen wie ?A Lesson In Violence“ oder ?Strike Of The Beast“ das Herz aufgehen ließen. Der zurückgekehrte Tom Hunting verdrosch sein Kit wie ein Uhrwerk, und über das wahrscheinlich beste Klampfengespann im Thrash, Holt/Altus, braucht man keine Worte mehr zu verlieren. In solch einer bestechenden Form werden uns EXODUS wohl hoffentlich noch lange mit Knallerscheiben und Hammergigs erhalten bleiben. (Nightstalker)
EVOCATION
Die Schweden von EVOCATION ereilte das bittere Los, zeitgleich mit OBITUARY auf die Bühne zu müssen. Wahrscheinlich aus diesem Grund verloren sich nämlich auch wohl nur 300 Nasen vor der W.E.T.-Stage um sich feinsten Elchtod kredenzen zu lassen. Trotz des mageren Zuspruchs seitens des Publikums ließ sich die Band aber nicht beirren, sondern schleuderte eine Salve nach der anderen ins Volk. Das Highlight war natürlich mal wieder der Übersong ihres ersten Albums ?Feed The Fire“, doch auch der Ausblick auf das bald erscheinende ?Dead Calm Chaos“ machte Lust auf mehr. Fans des klassischen Schwedentods sollten die Band im Auge behalten. (Nightstalker)
CARCASS
Wie sehr hatte ich mich auf das diesjährige W:O:A gefreut. AT THE GATES, MASSACRE und CARCASS! Wie geil würde das wohl sein? Doch so gelungen die Rückkehr von Tompa und seinen Jungs war, so zwiespältig fiel die CARCASS-Reunion aus. Frontmann Jeff Walker sah gar nicht gesund aus, und wirkte den gesamten Gig über etwas zerfahren. Vielleicht sollte der gute Mann die Finger von diversen illegalen Substanzen lassen. Michael Amott gab ganz den Gitarrengott inklusive Posing, und Bill Steer schien zugekifft bis unter die Hutschnur. Sein permanenter, dämlicher Hippiedance hatte jedenfalls nix mit Death Metal oder gar Grindcore zu tun. An den Drums rödelte Daniel Erlandsson für Ken Owen, der aufgrund seiner schweren Erkrankung passen musste. Mit einem leider recht miesen Sound bedacht, schleuderten die Herrschaften dem Publikum nun solch legendäre Stücke wie ?No Love Lost“ oder ?Incarnated Solvent Abuse“ entgegen. Bei letzterem wurden CARCASS von Michael Amotts ARCH ENEMY-Bandkollegin Angela Gossow ?unterstützt“. Kurz vor Schluss schaffte es dann Originaldrummer Ken Owen, der seit einem Hirnschlag vor einigen Jahren schwer behindert ist, auf die Bühne zu kommen und ein kurzes Drumsolo zu absolvieren. Zu sehen, was solch ein Schicksalsschlag aus einem der ehemals besten Drummer der Szene gemacht hat, tat sehr weh. Insgesamt war es zwar sehr cool, die alten Klopfer der Band mal wieder live zu hören, doch irgendwie konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da oben alte Männer auf der Bühne standen, die gerade CARCASS-Songs covern. Die Jungs sind halt mittlerweile so was von weit weg von dem was sie früher gemacht haben. Leider merkte man das dem Auftritt deutlich an. Wie man so etwas deutlich besser macht, konnte man bei AT THE GATES sehen. (Nightstalker)
LORDI
Den diesjährigen Abschluss des Festivals bildeten die finnischen Grand-Prix-Gewinner LORDI. Nach dem bekannten ?Arockolypse?-Intro stiegen die Monster zielsicher mit ?Bringing Back The Balls To Rock? und ?Who’s Your Daddy? in den Set ein. Die Band war förmlich heiß wie Frittenfett und fegte über die Bühne, als ob sie schon seit Jahrzehnten im Musik-Business sei. Die nicht gerade kleine Meute vor der Bühne fand das klasse und feierte LORDI nach allen Regeln der Kunst ab. Ein würdiger Abschluss des W:O:A 2008. (Timo Pässler, stalker.cd)
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