Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2005
Konzertbericht
MARDUK Black Stage, 18:55 – 19:55
Gegen 18.55 Uhr wurde die Black Stage stark in Nebel eingehüllt. Als dieser sich etwas löste, zeigte sich ein riesiges Backdrop mit dem Totenkopf Cover das „Plague Angel“ Digipaks von MARDUK. Die Musiker um Bandleader Morgan kamen in Corpsepaint während des Intros auf die Bühne. Der neue Sänger Mortuus schien ungeduldig zu sein und lief stets hin und her. Anfangs war etwas weniger Publikum als bei DISSECTION vor der Bühne, dies sollte sich aber im Laufe der Show noch ändern. MARDUK spielten einen vor allem auf schnellen Songs basierenden Auftritt mit mächtig viel Druck. Die aus viel weißem Licht bestehende Lightshow sowie der mehrfach eingesetzte Nebel sorgten zusätzlich zur Musik für eine kalte Atmosphäre. Das passte ja wunderbar zum Wetter. Die Ansagen waren wieder einmal mit extrem viel Hall unterlegt. Die Highlights waren „Burn My Coffin“, „With Satan And Victorious Weapons“, „Slay The Nazarene“, „Seven Angels, Seven Trumpets“, „Baptism By Fire“ und „Panzer Division Marduk“. Der Sound war absolute klasse, MARDUK fuhren ein wahrhaft aggressives Set und holten mehrmals den Knüppel aus dem Sack. Dabei spielten sie weitaus überzeugender und motivierter als noch vor kurzem in der Rockfabrik zu Ludwigsburg auf deren Tour (X-Mass Festivals) mit NAPALM DEATH. Eventuell lag dies auch an der riesigen Menschenmenge vor der Bühne, die die Schweden in wilden Moshpits abfeierte. Nicht wenige Crowd-Surfer waren zu sehen. Gegen Ende des Auftritts goss sich Sänger Mortuus mit einem Kelch Kunstblut über den Oberkörper. Lustigerweise wurde während des Auftrittes von MARDUK auf der Bühne direkt daneben (True Metal Stage) die Dekoration für HAMMERFALL aufgebaut, eine kitschige Eislandschaft und ein überdimensionaler Hammer, was für einigen Frohsinn bei dem Schwarzheimern vor der Black Stage sorgte. (Endres)
FINNTROLL Party Stage, 18:55 – 19:55
Samstagabend 19:00 Uhr und der Folk Metal ist erneut drauf und dran die Party Stage zu übernehmen. Und genau da ist das Problem; was sich Freitag Nacht bei TURISAS bereits abzeichnete bewahrheitete sich nun. Folk Metal, allen voran natürlich die Vorzeigetrolle aus Finnland, hat auch beim Wacken Publikum eine enorme Popularität erreicht, sodass die Party Stage katastrophal unterdimensioniert für diesen Auftritt war. Wer nicht bereits sehr zeitig Position in Reichweite der Bühne bezogen hatte, der konnte seine Hoffnungen, die Show aus akzeptabler Entfernung in Ruhe zu genießen, in die Tonne kloppen. Ohne Zweifel waren Finntroll eines der Highlights des Festivals, doch unter diesen Umständen war die Freude etwas getrübt. Wollte man sich nicht erst minutenlang durch die Menschenmenge in eine zentralere Position quälen, war die Show kaum gut zu sehen, geschweige denn war der Sound akzeptabel. Keine Frage – FINNTROLL machten ihre Sache mal wieder mehr als gut, doch ich entschied mich, nachdem ich „Nattfödd“ und „Trollhammaren“ gesehen hatte, zum geordneten Rückzug und wartete darauf, das der Special Guest die Bühne für EQUILIBRIUM räumt. (Pro)
MARTIN KESICI Party Stage, 21:25 – 21:45
Gut, überraschend war es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, da wir eigentlich schon vor Wacken wussten, wer die Special Acts sein werden; außerdem waren sowohl STRATOVARIUS, als auch eMKay auf den offiziellen Shirts vertreten. Dennoch war es ein seltsamer Moment, Martin tatsächlich zwischen FINNTROLL und EQUILIBRIUM auf der Party Stage stehen zu sehen. Wir hatten eine etwas erhöhte Position am Rand des Geschehens bezogen, da wir eher auf die Publikumsreaktionen, denn auf eMKay gespannt waren. Ich werde meine Zusammenfassung über diesen Auftritt so kurz und schmerzlos machen, wie es für Martin sicher nicht war. Während der ca. 20 Minuten auf der Bühne wurde er zwar von einem beachtlich großen Publikum beobachtet, das ihn aber nahezu komplett ignorierte. Einige vertrieben sich die Wartezeit bis zu EQUILIBRIUM damit, der Bühne den Rücken zuzudrehen und freundlich die Mittelfinger in die Luft zu strecken – erstaunlich wie man das tatsächlich geschlagene 20 Minuten durchhält. Musikalisch hatte Martin leider nur recht durchschnittlichen Rock mit gelegentlichen Metal Ausschlägen zu bieten, aber alles in allem keinen Deut schlechter, als das, was auf anderen Bühnen zeitweise geboten wurde. Stage Acting war nahezu komplette Fehlanzeige, sowohl beim Sänger selbst, als auch bei seiner Band, was den Auftritt nicht wesentlich aufsehenerregender machte. Nach vier Songs war der Gastauftritt dann auch schon wieder vorbei und eMKay verließ die Bühne unter genauso frostigen Reaktionen aus dem Publikum, wie sie den ganzen Gig über geherrscht hatten. (Pro)
EQUILIBRIUM Party Stage, 22:00 – 22:45
Laut Spielplan hätten die Melodic Folk Black Metaller aus Süddeutschland fünf Minuten nach Abgang des Special Acts die Bühne entern müssen; hätten müssen, haben es aber nicht. Mit lockeren 15 Minuten Verspätung ging es dann endlich los. Gleich vorweg – EQUILIBRIUM haben eine solide Show geliefert, aber zu Höchstleistungen wie auf dem letztjährigen Summer Breeze waren sie nicht in der Lage. Es wirkte schon fast zurückhaltend, wie die Jungs und Mädels auf der Bühne agierten, aber vielleicht waren sie auch einfach nur so baff, dass sie auf einmal vor Tausenden von Leuten spielten. Eigentlich gab es dazu aber gar keinen Grund, da das Publikum selbst schon für einen Großteil der guten Stimmung sorgte und jeden Song extrem abfeierte. Vor allem die Gastsängerin Gabi Ross wurde mit begeisterten „Gabi! Gabi!“ Rufen überschüttet, was sie bei ihrer Gesangsleistung aber auch verdient hatte. Songtechnisch war so ziemlich alles dabei, was die tobende Menge sich wünschen konnte. Ob nun „Unter der Eiche“ oder – gar nicht mal so realitätsfern – „Der Sturm“ intoniert wurde, immer war vor der Bühne die Hölle los und ließ der Grabensecurity keine Verschnaufpause. Als dann auch noch „Met“ mit den obligatorischen Metflaschen für das Publikum angekündigt wurde, gipfelte die Stimmung in eine riesen Party. Auch wenn EQUILIBRIUM auf der verhältnismäßig großen Bühne nicht so gut wirken konnte, waren die Fans mehr als zufrieden; und mehr kann man kaum erwarten. (Pro)
KREATOR Black Stage, 21:25 – 22:25
Eine Stunde Teutonen Thrash Metal par excellence stand auf dem Programm, und das wollten sich offensichtlich viele Fans nicht entgehen lassen. KREATOR hatten Ihre eigene Lightshow zusätzlich am Start, was für einiges Aufsehen sorgte. Unter anderem gab es noch viele Säulen mit farblich wechselndem Licht und farbige Nebelwände. Der Startschuss fiel um 21.25 Uhr mit dem kultigen Intro der „Pleasure To Kill“ Scheiblette. Nahtlos weiter ging es dann mit „Enemy Of God“, ehe mit „Impossible Brutality“ ein unglaublich fettes Brett folgte. Von Anfang an tickte ein Großteil des Publikums völlig aus und bejubelte in jeder Songpause die Mannen um Mille. Schön anzusehen war, dass KREATOR scheinbar spielend sämtliche Alterschichten für sich gewinnen können. So stand neben dem lange gedienten Alt-Thrasher in Kutte der Jungspund im nagelneuen NIGHTWISH-Shirt. Nun kamen die ersten kultverdächtigen Ansagen von Frontmann Mille: „Hallo Wacken, wie geht es Euch? Ich werde in Rücksicht auf die vielen ausländischen Besucher einen Großteil der Ansagen auf Englisch halten! Are you ready to kill? Are you ready to kill each other?“ Natürlich kam dann sogleich der Klassiker „Pleasure To Kill“, welcher allerdings ein wenig unsauber dargeboten wurde. Es folgten das lauthals vom Publikum mitgesungene „Phobia“, „Violent Revolution“ und „Suicide Terrorist“. Weiter ging es mit einer dieser super kultigen Ansagen: „Can you feel the aggression in the air? You came from everywhere in the world, from Australia, ähm, from fucking Hamburg!“ Überhaupt war Mille der souveräne Fronter wie eh und je und gestikulierte viel bei entsprechenden Gesangspassagen. Weitere Höhepunkte des Auftritts waren „People Of The Lie“, „Terrible Certainty“ und „Betrayer“. Mit „Wacken, I wanna see a fucking moshpit European style“ heizte Mille die Fans nochmals kräftig an. Die folgenden und leider auch schon abschließenden „Flag Of Hate“ und „Tormentor“ wurden dann noch den beiden Verstorbenen des diesjährigen Wackens gewidmet. Leider konnten KREATOR aufgrund des eng gestrickten Zeitrahmens die vom Publikum lauthals geforderte Zugabe nicht erfüllen. Um es in den Worten zweier Fans zu sagen: „Einfach Geil!“ (Endres)
ACCEPT True Metal Stage, 22:45 – 00:30
Über den mittlerweile inflationär benutzen Begriff der Reunion lässt sich sicher streiten und ich würde sagen, dass 95 Prozent dieser Comebacks herz- und erfolglos verlaufen. Bei ACCEPT verhält es sich allerdings etwas anders, denn Udo Dirkschneider und sein Kollege Hermann Frank hatten in den letzten Jahren schon diverse Auftritte mit U.D.O. oder VICTORY, waren also nie wirklich verschwunden. Da hält sich der kommerziell fahle Beigeschmack einer Reunion doch merklich in Grenzen. ACCEPT wurden dann auch ihrem Anspruch völlig gerecht und zelebrierten ein energiegeladenes Fest voller Hits, die einen krachenden Querschnitt durch das Schaffen der Band bildeten. Bei Songs wie „Balls To The Walls“, „Metal Heart“, „Love Child“ oder „Rebel“ waren nicht nur die obligatorischen Kuttenträger und Enddreißiger zu sehen, wie man das oft lichte Haupthaar im Takt schwang, sondern auch viele Junge Fans, die die Vollgasfahrt der Herren auf der Bühne wild bejubelten. Trotzdem muss man anmerken, dass die Zuschauerresonanz an diesem letzten Abend nicht ganz dem Headliner Status der vorherigen Tage entsprach, was neben dem mehr als durchwachsenen Wetter auch den Grund gehabt haben könnte, dass ACCEPT zwar eine erstklassige Show zockten, aber leider Gottes nicht mehr so ganz dem Geschmack des gemeinen Festivalbesuchers anno 2005 entsprachen. Für mich bleibt der Gig allerdings in sehr positiver Erinnerung und ich hoffe, dass ACCEPT nicht den Fehler machen und an einem neuen Album werkeln. R.I.P. (Norman)
PRIMORDIAL WET STAGE, 23:30 – 00:15
Da hatten die Iren richtig Glück, als sich zu Beginn des Sets die Himmelspforten öffneten und der Regen innerhalb von Sekunden den Platz abermals unter Wasser setze. Da ich ohnehin einem der raren Gigs der Iren beiwohnen wollte, waren einige Menschen durchaus störend, die sich lauthals neben mir über die Wetterkapriolen unterhielten. Aber egal, denn was PRIMORDIAL in dieser Nacht abbrannten, war ein Feuerwerk purer Energie und tiefster Emotionen. Dabei schien Sänger A.A. Nemtheanga ähnliche Leidenswege auf der Bühne zu durchschreiten wie MY DYING BRIDE Sänger Aaron Stainthorpe. Man merkte, dass die Band erst mit der Rolle fertig werden musste, dass ein proppevolles Zelt immer mehr ihrer Musik verfiel und diese aus einstigen Regen-Flüchtlingen begeisterte Fans machte, die jeden Song bedingungslos abfeierten. PRIMORDIAL wanderten dabei in ihrem Set von der Black Metal angehauchten Nummer bis hin zu emotionalen Streifzügen durch unwegige Geröllwüsten, wie sie wohl ein jeder aus der Verfilmung der Herr der Ringe Trilogie kennt. PRIMORDIAL lieferten einen denkwürdigen Gig, in dessen Genuss dank des Regens noch wesentlich mehr Menschen kamen, als wohl ursprünglich geplant. Nicht auszudenken, wenn an diesem Abend noch MY DYING BRIDE statt ENDSTILLE die Bühne geentert hätten. Unglaublich intensiver Gig der Iren. (Norman)
SENTENCED Black Stage, 00:45 – 01:45
Nachdem mir ACCEPT mit ihrer nahezu zweistündigen Show eine angenehme Pause gegönnt hatten, machte ich mich um 00:30 Uhr auf den Weg vor die Black Stage, um eine der letzten Shows der Dark Metaller von SENTENCED zu sehen. Eigentlich keine schlechte Zeit so kurz nach Mitternacht am letzten Tag des Wacken Open Air. Leider war es nicht nur ziemlich kalt, sondern es regnete auch immer wieder während des etwa einstündigen Gigs, was ein wenig auf die Stimmung drückte. SENTENCED waren an diesem Abend, wie könnte man das am besten ausdrücken, sehr relaxt; mit anderen Worten war zumindest Ville Laihiala mehr als ein wenig angetrunken und hatte auch nicht vor, diesen Zustand zu verbessern, da er immer wieder fleißig zur Bierdose griff. Der Show selbst tat das zum Glück keinen Abbruch, lediglich eine kurze technische Panne unterbrach das ansonsten sehr gelungene Set. Ich hatte ehrlich gesagt nicht viel vom SENTENCED Gig erwartet, da mir die letzten Scheiben eher schlecht zusagten. Doch an diesem Abend war ich fast rundum zufrieden, auch wenn sich ruhig der ein oder andere ältere Song noch zusätzlich ins Programm verirrt haben könnte. Doch mit Hits wie „Nepenthe“, „May Today Become the Day“, „Bleed“, „Broken“, „Farewell“, „Vengeance is Mine“ oder ganz besonders „Noose“ war die Stunde wie im Flug vergangen und fand in „End of the Road“ ein logisches Ende. Nach so einem Auftritt ist es gleich doppelt schade, das die Ära SENTENCED schon sehr bald beendet sein wird; wenn das quasi auch gleichzeitig der Schlusspunkt des diesjährigen Wacken Open Airs ist, wird es Zeit die schlechte Laune zu ertränken… (Pro)
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