Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2005
Konzertbericht
Samstag 06.08.2005
Wie hätte es anders sein können, auch am Samstag wurde man von Regentropfen geweckt, die wild gegen das Zeltdach schlugen. In Verbindung mit dem Brummschädel als Resultat der letzten Nacht also nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen unbeschwerten Tag auf einem Festival. Schon der erste Blick auf das Gelände offenbarte, was der Regenin dieser Nacht wieder angerichtet hatte. Mittlerweile war das gesamte Gelände von tiefen Matschlöchern durchzogen und selbst das am Vortag ausgelegte Stroh hatte keine Wirkung mehr, was die Veranstalter dazu zwang erneut die Traktoren mit riesen Strohballen in Bewegung zu setzen. Die Party konnte also starten und das tat sich auch am letzten Festivaltag. Kaum jemand zeigte Ermüdungserscheinungen und es wurde gefeiert, getanzt und gerockt.
ZYKLON Black Stage, 12:00 – 12:45
Noch ziemlich zerstört von einer durchzechten und verregneten Nacht, fand ich mehr schlecht als recht den Weg vor die Black Stage, auf der ZYKLON den Samstag black-metallisch eröffnen sollten. Zu meiner Überraschung war der durch das Stroh und den Regen Wasserbett-artige Vorhof der Black Stage ganz gut gefüllt. Auch wenn ZYKLON ihren Drum-orientierten Death-/Black-Metal routiniert ins Publikum feuerten, wollte der Funke nicht wirklich überspringen und ich hatte Mühe, dem Geballer zu folgen, da fast gänzlich auf Interaktion der Musiker mit dem Publikum verzichtet wurde. Technisch gab es auch an diesem frühen Morgen (naja es war schon nach 12 Uhr) wenig zu beanstanden und Nummern wie „Prophetic“ und „2000 Years“ trafen mit voller Wirkung ins Publikum. Nichtsdestotrotz blieb ein fahler Beigeschmack. Eine etwas kleinere Bühne und das „Gespräch“ mit dem Publikum hat schon Wunder gewirkt. Für jemanden mit Alkohol-geschwängertem Kopf definitiv eine Nummer zu groß am frühen Morgen. Ausbaufähig. (Norman)
SUFFOCATION Black Stage, 14:00 – 15:00
Eigentlich war es ja inzwischen schon 14:00 Uhr, doch die kalte Nacht und das regnerische Wetter saß noch wie Blei in den Knochen, sodass man sich eher unleidlich vor die Black Stage schleppte, um die New York Hardcore Stars SUFFOCATION zu bestaunen. Nein, natürlich sind SUFFOCATION keine Hardcore Stars, aber ein Blick auf die Bühne könnte entsprechende Assoziationen nahe legen, da sich SUFFOCATION rein optisch von anderen Death Metal Bands doch ziemlich unterscheiden. Gerade Sänger Mullen, dem gewisse Ähnlichkeit mit Vin Diesel nachgesagt wird (nicht von mir, aber Metalgreg hat mich gezwungen darauf hinzuweisen *g*), sah zumindest an diesem Samstag mit seiner Glatze, Bluejeans und Sneakers sehr dynamisch aus. Da das Wetter einigermaßen trocken war, konnten sich die New Yorker über ein großes Publikum freuen, mit dem auch ausgiebig kommuniziert wurde. So blieben die Fans immer darüber informiert, in welche Episode des Schaffens man mit dem nächsten Song zurückblickt; erwartungsgemäß bewegte man sich überwiegend in den frühen Neunzigern, aber niemand war böse darüber, Songs wie „Infecting The Crypts“, „Catatonia“, „Effigy Of The Forgotten“, „Pierced from Within“ oder „Breeding the Spawn“, das allen Death Metal Ladies gewidmet wurde, um die Ohren geknallt zu bekommen. Natürlich wurden auch neuere Songs angespielt, von denen mir aber lediglich „Tomes Of Acrimont“ hängen geblieben ist. Alles in allem ein toller Gig mit fettem Sound, der eigentlich nur durch den schnell und heftig einsetzenden Regen beim letzten Stück etwas verdorben wurde. (Pro)
COUNT RAVEN Party Stage, 14:00 – 15:00
Es geschehen noch Zeichen und Wunder, die großen Doom Heroen aus Schweden COUNT RAVEN wollen es noch mal wissen. Und zwar nicht nur für das eine oder andere Konzert in diesem Sommer, sondern auch tatsächlich für ein neues Album, das man stolz an diesem regnerischen Mittag ankündigte. Bei der Nischenmusik, die dann aus den Boxen quoll war es klar, dass die Party Stage nicht übermäßig gefüllt war, sondern hauptsächlich von Die Hard Doomern belagert wurde. Die Anwesenden sollten aber ihren Spaß haben, wenn man davon bei der Mucke der Schweden sprechen kann. Ist man doch bekannt, dass die tiefen Gitarrensalven in Slow-Motion im Stage-Acting ihre Entsprechung finden. Trotzdem spürte man, wie es den Schweden sichtlich gut tat, die Menge wieder mit ihren Hits zu „quälen“. Das ging gar soweit, dass sich Sänger „Fodde“ das Grinsen angesichts der positiven Reaktionen nicht verkneifen konnte. Als Zugabe wurde noch ein Stück des in Bälde erscheinenden neuen Longplayers ins Publikum geschmettert, das sichtlich angetan war von den Jungs. Ein starker Auftritt, der zum einen mehr Zuschauer und zum anderen die Nachtstunden verdient hätte. (Norman)
OVERKILL True Metal Stage, 15:10 – 16:10
OVERKILL haben mit ihren ersten vier Alben absolute Klassiker im Thrash Genre herausgehauen, ihre nachfolgenden Scheiben hingegen stießen bei mir nur auf taube Ohren. So sind Livegigs der Jungs um Bobby „Blitz“ für mich immer ne heikle Sache: zu viele neue Songs = scheiß Konzert (z.B. Bang Your Head vor 2(?) Jahren), alte Nummern = cooles Konzert.
Diesmal taten mir die Buben den Gefallen und zockten mit „Rotten to the Core“ ,“Wrecking Crew“, „Elimination“, „Hello from the Gutter“ , der famosen Hymne „In Union we stand“ und dem Rausschmeißer „Fuck you!“ einen Haufen alter Classics. Da waren auch einige neue Nummern zu verschmerzen, und soundmäßig lassen die Überkiller eh nie was anbrennen. Die Fans vor der True Metal Stage sahen das wohl ähnlich und feierten die Band ziemlich ab.
Zum perfekten Auftritt hätte eigentlich nur noch „The Years of Decay“ gefehlt, aber das ist wohl ein bisschen viel verlangt. Daumen hoch für OVERKILL und vielleicht knüpfen die Herren ja auch auf Platte mal wieder an ganz alte Glanztaten an. Würde mich alten Sack sehr freuen. (Nighstalker)
TUATHA DE DANANN WET Stage, 15:20 – 15:50
Eigentlich hatten die aus Brasilien stammenden TUATHA DE DANANN ein gutes Los gezogen. Zwar waren sie im Rahmen des Metal Battle auf die WET Stage gebucht worden, doch das sollte bei quasi Dauerregen eher ein Vorteil sein. Außerdem hatten sie als einzige „Konkurrenzband“ an diesem Samstagmittag OVERKILL, die auf der True Stage das Gelände beschallten und sich an eine komplett andere Hörerschaft wenden. Dennoch fanden sich erstaunlich wenig Leute im Zelt ein, als um 15:20 Uhr die recht ungewöhnliche Band ihr Programm eröffnete. Mit ihrer wilden Mischung aus Folk und Power Metal mit gelegentlichen Death Metal Vocals haben sie wohl den einen oder anderen straighten Metaller etwas überfordert. Sicher ist jedoch, das die Anwesenden ihre Freude bei diesem Gig hatten, denn nicht nur die raffinierten Songs sorgten für gute Laune, auch die Spielfreude und technischen Fertigkeiten der Musiker waren sehenswert. Leider war der Sound während dem Großteil der Spielzeit nicht besonders gut, doch das sollte der Stimmung keinen Abbruch tun. Mit Songs wie „The dance of the little ones“, „Tingaralatinga dum“ oder „Believe: It’s True!“ holte man sich nicht nur ein paar neue Fans ins Boot, sondern sicherte sich auch noch den Special Price International im Metal Battle – Gratulation! Well deserved. (Pro)
DISSECTION Black Stage, 16.25 – 17.25
Dass es am offiziellen Merch-Stand keinen MLO-Wachturm zu erstehen gibt, wundert mich doch fast, da Herr Nödtveidt ja sonst keine Möglichkeit auslässt, seinem Verein jedes sich bietende Forum zunutze zu machen. Seit der esoterischen Katharsis ihres Frontmanns umgibt DISSECTION ein mehr als fader Beigeschmack. Aber sei’s drum, die Mucke war und ist genial. Ob sie es bleibt, gilt es angesichts eines „Maha Kali“ jedoch noch abzuwarten. Ich bin skeptisch. Zumindest live hat Jon in den Jahren im Knast nix verlernt, was er ja bereits auf der Wiederauferstehungstour gezeigt hat. Jetzt also wieder Wacken. Wie damals vor seiner Inhaftierung. Und wie damals wird das Set mit dem genialen „At The Fathomless Depths” Intro eingeleitet, das einem wohlige Gänsehautschauer über den Rücken jagt und vor Spannung schier endlos vorkommt. Endlich entert die Band die Bühne und die Anspannung löst sich in einem druckvollen „Night’s Blood“ auf. Hach, wie früher! Was mir sofort auffällt: DISSECTION wirken irgendwie sympathischer als noch letzten Dezember, wenn dieses Wort hier angebracht ist. Liegt aber wahrscheinlich daran, dass Set Teitan dank seines feschen Barts nicht mehr wie ein Hitlerjunge aussieht. Was sein Publikum von ihm erwartet, weiß Jon noch immer. Aber mal ehrlich, mit zwei Alben wie „The Somberlain“ und „Storm Of The Light’s Bane“ auf der sicheren Seite und ausreichend schwammiger Neupositionierung KANN man auch nichts falsch machen. So folgen mit „Frozen“ und „Unhallowed“ zwei absolut wasserdichte Hits. Mit den beiden neuen Songs „Xeper-I-Set“ und „Starless Aeon” wagt die Band einen Ausflug in die nahe Zukunft. Die Songs wirken wie eine Kurskorrektur zum kitschigen „Maha Kali“-Shanty und kommen deutlich düsterer rüber als der karibische böse-Göttinnen-Schunkler, den die Band dankenswerterweise ausspart. Stattdessen fährt man im Laufe des Gigs noch einige Pfunde auf und holt mit „The Somberlain”, „Where Dead Angels Lie”, „Retribution – Storm Of The Light’s Bane” und „Thorns Of Crimson Death” alle Kohlen mit Bravour aus dem Feuer. Dazwischen predigt Reverend Jon seinen Glauben und lässt dabei ein paar Sprüche vom Stapel, die seinem Bewährungshelfer ziemlich zu denken geben dürften (sinngemäß „I will kill and die for my beliefs“). Nun ja, man mag Jon und seinem Geschwätz gegenüberstehen wie man will, an der Klasse dieser Band ändert das nichts. Stoppen können sich DISSECTION nur selber. (Thomas)
AXEL RUDI PELL True Metal Stage, 17:40 – 18:40
Der exzentrische Gitarrenvirtuose aus dem Pott hatte sich für das diesjährige Wacken angekündigt und versprach zumindest von der musikalischen Seite einen ansprechenden Gig. Zu der Sonnenscheinmusik passte allerdings der erneut einsetzende Regen ganz und gar nicht, warum auch viele trotz der ansprechenden Show den Weg zu den schützenden Bierständen suchten. Ein wie immer oberkörperfrei rockender Mike Terrana ließ sich allerdings vom schlechten Wetter und den mäßigen Temperaturen ebenso wenig beirren wie Sänger Johnny Gioeli, der Songs wie „Tear Down The Walls“ blitzsauber der Regenwand entgegen schoss. Die Gitarrenfähigkeiten des Blondschopfs blitzen auch an diesem Nachmittag hervor und es war positiv festzustellen, dass die bisher immer anonym wirkende Formation immer mehr Bandgefühl entwickelt. Solider Auftritt einer Ansammlung von fünf Musikern, die auf dem besten Wege sind, eine Band zu bilden. (Norman)
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