Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2005
Konzertbericht
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METAL CHURCH True Metal Stage, 15:40 – 16:40
Der ewige Zweitligist METAL CHURCH enterte um 15.50 Uhr die True Metal Stage ganz in schwarz gekleidet und legte mit dem Set los. Was bei Begutachtung des Publikums gleich auffiel, war der relativ hohe Altersdurchschnitt im Vergleich zu dem der anderen Acts an diesem Nachmittag. Die Menschen direkt in der Mitte gingen gut ab, während der Rest eher verhalten dreinblickte, die Refrains aber trotzdem lauthals mitsang. Sänger Ronny Monroe feuerte die Massen an, die jedoch erst langsam auftauten. Unter anderem wurden „Watch The Children Pray“ vom „The Dark“ Album mit den sirenenhaften Vocals, „Cradle To Grave“ vom aktuellen Album „The Weight Of The World“, „Date With Poverty“ mit schönem Singalong mit dem Publikum, „Gods Of Wrath“ und „Beyond The Black“ gespielt. Leider setzte mitten im Set von METAL CHURCH wie so oft an diesem Wochenende sehr starker Regen ein. Davon ließen sich die Fans aber nicht beirren und feierten Ihre Helden mit steigender Spielzeit immer mehr. Dies übertrug sich wohl auch auf die Herren Musiker, die sehr routiniert aber gleichzeitig mit viel Spielfreude und Posen Ihr Set spielten. Das abschließende, vom Bass eingeleitete „Metal Church“ beendete den Gig der Amis. (Endres)
OBITUARY Black Stage, 16:50 – 17:50
Es sah nicht gerade nach Bilderbuch Florida Wetter aus, als die Mannen von OBITUARY um 16.50 Uhr mit dem von vielen Breaks durchsetzten „Frozen In Time“ Opener „Redneck Stomp“ in Ihr Set einstiegen. Geziert vom genialen Marshall Cover zeigte sich das Backdrop des aktuellen Albums. Die Band spielte im Verlauf Ihres Auftritts unglaublich intensiv und lief spätestens mit dem Song „Insane“ zur absoluten Topform auf. Es passte wirklich alles, OBITUARY spielten absolut tight und energiegeladen. Als nach dem „Cause Of Death“ Klassiker „Chopped In Half“ gar noch der Regen aufhörte, konnte das nur als gutes Vorzeichen verstanden werden. Die Death Metal Legende aus Tampa zeigte sich sichtlich motiviert, sogar Drummer Donald Tardy sang während des Schlagzeugspiels einzelne Songfragmente mit. Die Fans feuerten OBITUARY ein ums andere Mal in den Songpausen mit „Hey, Hey“-Rufen an. Auch der leider wieder einsetzende Regen tat der Stimmung keinen Abbruch, es wurde gebangt, was das Zeug hielt. Höhepunkte der Show waren „Turned Inside Out“, „Inside“, „Threatening Skies“ (in welchem Allen West lässig Gitarre spielend rauchte), „By The Light“, „Dying“ und „Black Inside“. Wie immer bildete der Ur-Klassiker „Slowly We Rot“ den Abschluss des Auftritts. Abgesehen mal vom letztjährigen, mit einigen Pannen durchsetzten Fuck The Commerce Auftritt, haben OBITUARY wie auf der „The Legends Are Back“ Tour 2004 und dem Gig auf dem With Full Force Festival bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Hoffentlich bleiben Sie uns in dieser Form noch lange, lange erhalten. (Endres)
WITHIN TEMPTATION Black Stage, 19:30 – 20:45
Ich weiß nicht mehr, was mich davon abgehalten hat pünktlich vor der Black Stage zu sein, um unsere Nachbarn aus dem schönen Land der Tulpen und des Dopes zu begutachten, aber ich könnte mich in den Arsch beißen, dass ich zu spät kam. Die gute Sharon und ihre Mannen zogen jedenfalls eine ganze Menge Leute vor die Bühne und wurden auch zu Recht sehr abgefeiert. Sharon zog in ihrem schwarzen Korsett (heiß!) wie immer alle Blicke auf sich und wusste auch stimmlich zu überzeugen, ganz im Gegensatz zu ihrer Kollegin Vibeke von TRISTANIA am Vortag.
Ihre Bühnenperformance mag zwar immer noch recht seltsam anmuten (Gefuchtel mit den Armen usw.), gibt ihr aber zusammen mit den zum Teil auf deutsch gemachten Ansagen einen sehr sympathischen Touch.
Standard Hits wie „Mother Earth“, „Stand my Ground“ und „See who I am“ wurden mit alten Nummern vom Debut „Enter“ durchmischt, bei denen Fräulein den Adel gesangliche Unterstützung von ihrem Freund/ Gitarristen Robert Westerholt erhielt. Bei den alten Nummern wird klar, wie weit die „alten“ WITHIN TEMPTATION von den neuen entfernt sind. Keine Spur von Kate Bush oder sowas, sondern harte Klampfen und Growls von Robert dominierten damals das Bild.
Mit „Ice Queen“ beenden WITHIN TEMPTATION dann eine sehr gelungene Performance und hinterlassen nicht nur bei mir einen mehr als passablen Eindruck. Mehr davon! (Nightstalker)
MACHINE HEAD True Metal Stage, 21:00 – 22:15
Zur besten Zeit am Freitagabend ging einer der heimlichen Headliner an den Start – MACHINE HEAD waren zum ersten Mal überhaupt auf dem Wacken Open Air zu sehen. Da ich bisher noch nie die Gelegenheit hatte, die Band live zu bewundern, aber zumindest die Hälfte ihrer Alben hervorragend finde und mir ein gewisser Hörr Metalgreg regelmäßig vorschwärmt wie geil MACHINE HEAD live sind, war ich extrem gespannt, was der Abend so bringt. Leider hatte man CATARACT auf die gleiche Uhrzeit gelegt, sodass mir die Vorfreude ein wenig getrübt wurde, doch das hat sich schnell gelegt, als das Intro aus den Boxen rollte, gefolgt vom überragenden „Imperium“. Unnötig zu erwähnen, wie begeistert Rob Flynn und seine Jungs vom Publikum gefeiert wurden. Nachdem kleinere technische Probleme den Gig kurzzeitig abgekühlt hatten, ging es mit alten Klassikern wie „Old“, „Davidian“, „The Blood, The Sweat, The Tears“ oder „Ten Ton Hammer“, aber auch neuerem Material wie „Descend The Shades Of Night“ oder „Bulldozer“ in die Vollen. Nicht nur die exzellente Songauswahl brachte das Publikum zum überkochen, auch ein sichtlich gut gelaunter Rob Flynn machte den MACHINE HEAD Gig zu einem der heißesten Kandidaten für den besten Gig Wacken 2005. Letztendlich gekrönt wurde der Auftritt aber durch das Cover Medley, das kein Auge trocken gelassen haben dürfte; von „Creeping Death“ (METALLICA) über „Territory“ (SEPULTURA) hin zu einem kurzen Anriss von „A New Level“ (PANTERA), das dann gekonnt in „Walk“ (PANTERA) übergeleitet wurde und schließlich in „The Trooper“ (IRON MAIDEN) gipfelte… Wahnsinn! Nach etwa einer Stunde war der Spaß dann nach „Block“ leider schon zu Ende und etliche tausend Fans haben einen der großartigsten Gigs des Wacken 2005 gebührend abgefeiert. Dass das Wetter so ziemlich zum letzten Mal dieses Wochenende hervorragend war, dürfte der guten Laune des Publikums weiteren Vorschub gegeben haben. (Pro)
Was MACHINE HEAD angeht, geht’s mir doch glatt wie Pro. Zwar noch nie live gesehen, dank Herrn Metalgregs zahlreichen Erzählungen aber so gut wie schon mal dabei gewesen. Drauf gespannt war ich trotzdem, da mich als erklärten Nicht-Fan „Through The Ashes Of Empires“ damals sehr positiv überrascht hat. An diesem Freitagabend muss ganz Wacken vor der True Metal Stage gestanden haben, denn so brechend voll habe ich das Gelände nicht einmal bei SLAYER 2003 in Erinnerung. Und tatsächlich, die Show hat gehalten, was die Erwartung versprochen hat. Das Wackener Publikum hat MACHINE HEAD gefeiert und MACHINE HEAD haben ihr Publikum gefeiert. Die Atmosphäre, wenn 40.000 Leute wie aus einem Hals „Machine Fucking Head“ brüllen, ist einfach unbeschreiblich. Ein besseres Publikum kann sich eine Band nicht wünschen. In sechs Jahren Wacken habe ich ein Publikum eine Band nicht derart frenetisch abfeiern sehen. Die Belohnung gab’s mit der Setlist. Pro hat es schon erwähnt, beim Cover Medley blieb wirklich kein Auge trocken. Die Gretchenfrage, ob denn nun BLOODBATH oder MACHINE HEAD die beste Band auf dem Wacken 05 waren, muss man nicht beantworten. Kann man auch gar nicht. (Thomas)
GOREFEST Party Stage, 23:00 – 00:00
Ein wahres Death Metal Legendentreffen fand heuer auf dem Wacken statt. Neben OBITUARY und SUFFOCATION waren es die erst kürzlich reanimierten GOREFEST, die zum Tanz einluden. Und nicht wenige ließen sich um 22.00 Uhr vor die Party Stage bitten. Eine riesige Menschentraube stand vor der in rotem Licht erstrahlenden Bühne und klatschte euphorisch zu den Klängen des Intros. Und sie sollte nicht enttäuscht werden. Die Holländer schüttelten sich einen Death Metal Klassiker nach dem anderen locker aus dem Ärmel. Unter anderem wurden „Low“, „Mental Misery“, „Demon Seed“ und „Erase“ gespielt. Auch mit seinen deutschen Ansagen konnte Sänger Jan-Chris de Koeijer neben der gut gespielten Musik die Menge für sich gewinnen. Die Fans reagierten mit heftigen Moshpits, „Gorefest“-Rufen in den Pausen und auch einige Crowd-Diver suchten den Weg Richtung Fotograben. Einige etwas übermütige Zeitgenossen warfen auch Becher und Strohballen Richtung Bühne. GOREFEST waren ohne Zweifel in guter Form und lieferten eine wirklich gute Leistung ab. Allerdings wirkte der Auftritt zumindest in meinen Augen etwas steril. Und auch, wenn ich mich freute, wieder einmal alte Jugendhelden livehaftig zu bewundern, so bleibt bei mir jedoch ein wenig ein schaler Geschmack ob dieser Reunion zurück. Doch dies soll nicht Bestandteil dieses Berichtes sein. (Endres)
Na da schau her, die Holländer wollen es wieder wissen und sind mit einem neuen Album im Gepäck nach Deutschland gereist, das trotz einer einberaumten Listening Session im Presse-Zelt aus organisatorischen Gründen nicht den Weg an die Ohren der gespannten Hörer gefunden hat. Aber egal, denn die Mannen waren ja nach langer Abstinenz wieder live zu sehen. Da ist es verzeihlich, dass auch hier keine neuen Sachen vorgetragen wurden, was angesichts der gebotenen Performance auch leicht zu verschmerzen war. GOREFEST sind zurück und das mit Nachdruck, denn fett groovend und routiniert, als hätte es nie eine Auszeit gegeben, wurden Hits wie „Erase“, „Demon Seed“ oder „Reality“ durchgeprügelt. Die Holländer wirkten an diesem Abend wie ein Magnet und füllten die Party Stage bis zum letzten Platz. Und das obwohl auf der Hauptbühne APOCALYTICA ihren Cello-Metal zum Besten gaben. Der kurzhaarige und wasserstoffblonde Jan-Chris De Koeijer, der auf der Straße locker als Vorstadt-Raver durchgehen würde, hatte sichtlich Spaß am Treiben vor der Bühne und unterstrich den gelungen Gig mit seinem außergewöhnlichen Organ, das so gegen 24 Uhr den KRAFTWERK-Hit „Autobahn“ in den verregneten Nachhimmel grunzte. Welcome Back! (Norman)
APOCALYPTICA Black Stage, 23:00 – 00:30)
Man kann von der Kombination Cello meets Metal halten, was man will, doch eines muß man zugeben: Die Finnen von APOCALYPTICA erzeugen mit ihren dickbäuchigen Streichinstrumenten mehr Druck als manch andere Gitarrenarmada. Es ist immer wieder beeindruckend, zu was diese Finnen technisch in der Lage sind, womit sie in punkto Fingerfertigkeit wohl die Speerspitze des diesjährigen Wacken Open Airs darstellten. Zwar wirkten ihre mal ungestüm nach vorne preschenden, mal sich zärtlich in die Gehörgänge schmeichelnden Kompositionen nicht ganz so intensiv wie bei einer Clubshow, aber dieses Manko wurde von einer superben Lightshow, einer göttlichen Bildregie auf der Leinwand und einer unüberschaubaren Menge an ausrastenden Menschen wett gemacht. Die imposante Erscheinung der für jeden Musiker aufgebauten Throne untermalte diesen Klassik/Metal-Crossover passend in seiner Größe. Dabei war es egal, ob die drei Kajalträger zu Eigenkompositionen wie „Cult“ oder „Betrayal“ bangend über ihren Celli hingen, oder selbige zu METALLICA-Klassikern vom Kaliber „Nothing Else Matters“ (Gänsehaut pur!), „Seek & Destroy“ (mit den Gitarrensoli komplett auf Cello adaptiert!) oder „Enter Sandman“ wild durch die Luft wirbelten. Überall standen entweder die Münder offen und es wurde anerkennend mit der Zunge geschnalzt. Interessant war vor allem, wie verschieden ein und dasselbe Stück – „Creeping Death“ – mit verschiedener Instrumentierung wirken kann. Hatten MACHINE HEAD zuvor brachial noch alles in Grund und Boden geballert, zeigte sich nun die filigranere Variante dieses Klassikers, trotzdem wuchtig untermalt vom super arbeitenden Schlagzeuger. Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich die Jungs um Eicca Toppinen, der übrigens immer noch ein kaum verständliches Englisch spricht, ihre Headlinerposition mehr als verdient hatten. Oder hat daran etwa nach dem finalen Cello-Overkill „Hall Of The Mountain King“ jemand gezweifelt? (metalgreg)
CORVUS CORAX True Metal Stage, 00:45 – 02:00
Eine Rüge sei mir vorneweg erlaubt! Diese Redaktion (oder zumindest die diesjährige Wacken-Belegschaft) bestand durchweg aus Banausen. Anders war es nicht zu erklären, dass meinereiner alleine vor der True Metal Stage weilen mußte, um sich die Welturaufführung von CORVUS CORAX‘ „Cantus Buranus“ zu Gemüte zu führen. Zum Glück dachten nicht alle so, denn es hatte sich eine zu dieser späten Uhrzeit unerwartet große Menge Leute eingefunden, um Zeuge dieser einzigartigen Verschmelzung von Mittelaltermusik in Reinkultur und Klassik zu werden. Und was eignete sich dazu besser, als eine Neuadaption der „Carmina Burana“, des ältesten, überlieferten Liedguts aus dem Mittelalter, von Europas berühmtesten Spielleuten! Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut: Ein ca. 20-köpfiges Orchester samt 30-köpfigem Chor (in weiße Kutten gewandet) flankierte rechts und links die acht Barden, die nicht nur durch ihre exotischen Instrumente und Kostüme für Aufsehen sorgten. Nein, es war schlichtweg perfekt, monströs, mächtig, einzigartig, was hier passierte. Das Zusammenspiel zwischen Flöte, Geige, Cello, Chor, Dudelsack, der eigens gebauten, größten Drehleier der Welt und wuchtigen Trommeln entfaltete eine ganz besondere Magie, die einen vom Wackener Matsch direkt auf ein ausuferndes, mittelalterliches Fest versetzte. Man ging vollends auf in der Welt, die die Berliner hier 75 Minuten lang erschufen, nicht zuletzt verstärkt durch Teufels authentisch-mittelalterlich anmutende Ansagen. Das Treiben wurde sogar so bunt, dass vereinzelt fliegende Matten zu Dudelsack in Hochgeschwindigkeit gesichtet wurden. Keine Spur von Verunsicherung war denen zu einer untrennbaren Einheit verschmolzenen Musikern von Band, Orchester und Chor anzumerken, obwohl die kurz davor abgehaltene Probe eher chaotischer Natur gewesen sein soll. Alle Songs des Albums wurden der feiernden Meute zum Fraß vorgeworfen und steuerten zielgerichtet auf das Finale hin, bestehend aus „Ergo Bibamus“, „Dulcissima“ und „Fortuna“. Besser hätte es ein Carl Orff an diesem Abend auch nicht hinbekommen. Diese Form von andersartiger Kunst wird Wacken lange nicht mehr erleben. Das ist sicher. Und deswegen sei mir auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt Prügel bekomme, noch folgende Bemerkung erlaubt: Schön, dass nicht alle W:O:A-Metalheads an diesem Abend so intolerant waren, wie Teile dieser Redaktion. 😉 (metalgreg)
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