Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2004

Konzertbericht

Billing: Böhse Onkelz, Destruction und Satyricon
Konzert vom 2004-08-05 | Open Air, Wacken

Mayhem

Während sich auf der Partystage Satan nach langer Zeit wieder die Ehre gaben und ich mich der Begeisterung meines rundum zufriedenen Redaktionskollegen nicht anschließen kann, wandte ich mich nach einiger Zeit der Black Stage zu. Zweifelsohne eine nette Bühnenshow hatten Maniac und Co. dort aufgefahren; schicke weiße Bühnendeko, geschminktes Gesicht, aufgespießte Schweineköpfe, Stroboskop-Lightshow … aber ernsthaft – wen sollte das bei gleißendem Sonnenschein Freitag Mittag beeindrucken? Was im Dunkeln sicher eine herrausragende Performance geworden wäre, verpuffte in der heißen Mittagsonne und bei schwächlichem Sound mit mäßiger Wirkung. Immerhin konnten Mayhem definitiv mehr Publikum vor die Stage locken, als ich erwartet hätte; bis weit hinter den Soundturm reihten sich die Neugierigen und blickten teils verwundert, teils gleichgültig in Richtung Bühne/Videowand, wo Maniac mit groben Schneidwerkzeug hantierte und halb verrottete Schweineköpfe verkostete. Mit nichtmal schulterlangen Haaren und weiß geschminkt gab der Fronter dem Publikum was es wollte – Black Metal und Schweineköpfe zum Spielen im Moshpit. Musikalisch gab es soweit ich folgen konnte keine großartigen Überraschungen; unter anderem wurden „Freezing Moon“, „Pagan Fears“ und „Pure Fucking Armageddon“ zum Besten gegeben. Wenn man nicht gerade darauf steht mit Tierkadavern im Moshpit seine Kleidung zu versauen, dürfte das ein recht durchwachsener Auftritt gewesen sein. Auch für Maniac war´s wohl kein Highlight – dank der üblichen Fleischwunden wurde er, soweit man mitbekommen hat, später in das nächste Krankenhaus geschafft.

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HOBB´S ANGEL OF DEATH

Noch in SATANischer Hochstimmung begab ich mich dann ins WET-Tent wo sich mit Hobb´s Angel of Death gleich die nächsten alten Herren anschickten ordentlich Arsch zu treten. Das ist jedes Jahr wieder das schöne an Wacken. Quasi aus dem nichts zaubern die Veranstalter alte Thrasher hervor wie z.B Artillery, Warrant oder Assassin.Und siehe da, auch Peter Hobbs hat sich anscheinend ein Bad im metallischen Jungbrunnen angedeihen lassen und thrashte mit seinem an frühe Slayer erinnernden „satanic virgin metal“ kräftig drauf los. Besonders die alten Klopfer vom 88er Debut wie z.B. „satans crusade“ und „cruxifixion“ kamen beim Publikum sehr gut an, das trotz elendem Gestank und tropischen Temperaturen im Zelt recht zahlreich erschienen war. Nach der heimlichen Bandhymne „marie antoinette“ war erst mal Schicht im Schacht, doch die Meute konnte die Jungs noch zu einer Zugabe zurückbrüllen nach der ein sichtlich geschaffter aber dennoch sehr glücklich wirkender Peter Hobbs erst mal Backstage die Akkus wieder mit lecker Desperado aufladen musste um dann zu später Stunde Satyricon kräftig abzufeiern. Doch das ist ne andere Story. (Nightstalker)

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Misery Index

Nicht nur, dass das Misery Index-Debüt „Retaliate“ überall abgefeiert worden ist, nein, auch der Füllgehalt des allseits beliebten „Wacken Evolution Tents“ ließ darauf schließen, dass der Dying Fetus-Ableger eine gute Zukunft vor sich hat. Die Kurzhaarfrisur von Mastermind Jason Netherton war allerdings immer noch gewöhnungsbedürftig. Dies vergaß man jedoch ganz schnell wieder, wenn er sich packende Vocalduelle mit seinem Gitarrenkollegen Bruce Greig lieferte. Einen Nachteil hatte die Intensität, mit der Misery Index ihren Death Metal ins Zelt holzten aber. Es wurde immer heißer, sodass sogar unser allseits bekannter Turbanträger Singh erschöpft vorzeitig die Segel streichen musste. Draußen vor dem Zelt, war es zwar kühler, aber dort wurde leider alles von den zeitgleich spielenden Grave Digger übertönt. Also wieder rein in die Sauna, denn den ausgewogenen Mix aus „Retaliate“- (u.a. „The Lies That Bind“, „Retaliate“) und „Overthrow“-Material (u.a. „Blood On Their Hands“, „Pulling Out The Nails“) wollte man sich dann doch nicht entgehen lassen. In zwei Jahren spielen die Jungs auf der Party Stage, wenn nicht sogar auf der Black Stage. Versprochen! (metalgreg)

Nach Misery Index war für den Moment erstmal die Luft raus. Während Feinstein unpassenderweise auf der Black Stage langweilte und verhältnismäßig wenig Publikum vor der Bühne versammeln konnte – immerhin spielte Kotipelto zeitgleich auf der Partystage – gönnten wir uns eine ausgedehnte Pause, um ein wenig „socializing“ zu betreiben, wie unser PR Mann Thomas es ausdrückt; konkret heißt das abhängen, Bier trinken und Leute zuquatschen. Da ein ungenanntes Redaktionsmitglied sich trotz Interesse und bester Absichten nicht von Bier und Stuhl lösen konnte um DIO zu begutachten, stand für uns als nächstes Destruction auf dem Programm.

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Destruction

Einen kleinen Hals habe ich schon noch auf die liebe Bardame im Backstage-Bereich. Hätte sie für mein kühles Blondes nicht so lange gebraucht, hätte ich auch den Destruction-Opener „Curse The Gods“ (gleichzeitig mein Lieblingstrack des deutschen Thrash-Urgesteins) mitbekommen können. Naja, wurscht! Schmier und Co. lieferten trotzdem eine einstündige Thrash-Vollbedienung ab, die diesmal zum Glück vollständig von technischen Fuck-Ups (remember WOA 2002!) verschont blieb. Einzig Schmiers Goldmähne musste einem dunklen Braun weichen. Sonst hat sich eigentlich nichts geändert. Die Ansagen waren in etwa dieselben wie immer, genauso wie der inflationäre Gebrauch des berüchtigten F-Wortes in selbigen. Aber wer will das den Jungs schon krumm nehmen, vor allem wenn Schmier seine berühmten Sirenen-Vocals auspackt und die Songs ihres in meinen Augen schwächeren, neuen Albums (u.a. „Metal Discharge“, The Ravenous Beast“, „Desecrators Of The New Age“) live ohne Ausnahme zum kollektiven Rübenrotieren einluden. Vom restlichen Set ganz zu schweigen, das durchweg mit Krachern bestückt war. „Nailed To The Cross“, „Eternal Ban“ (tolle Pyrounterstützung), „Life Without Sense“, „The Butcher Strikes Back“, „Thrash Til Death“ oder „Bestial Invasion“ machen einfach immer Laune, auch wenn man Destruction mittlerweile auf jedem Kirmesfestival zu sehen bekommt. Den Höhepunkt markierte jedoch das abschließende „Total Destruction“, als Hypocrisy-Peter und Immortal-Abbath (ohne Warpaint echt schwer zu identifizieren) rabendicht samt Holy Moses-Sabina die Bühne enterten und dieser Abrisshymne echten Happening-Charakter verliehen. Kultig! (metalgreg)

Absolut Kultig war natürlich auch der zeitgleich auf der Party Stage stattfindende Auftritt der Humppa Crew Eläkeläiset. Über die Entfernung und bei schnell einbrechender Dämmerung war es schwer zu beurteilen, aber ich würde behaupten, das vor der Party Stage um einiges mehr los war, als bei Destruction. Unnötig zu erwähnen, das die Finnen eine riesen Party geschmissen haben und die Stimmung vor und auf der Bühne mehr als ausgelassen war. Dennoch – wer Eläkeläiset zuvor schon gesehen hatte, wird keine Überraschung erlebt haben.
Während Warlock schlagene 2 Stunden das Festivalgelände beschallte, suchten wir wieder Trost im Backstage bereicht und konnten nur aus der Entfernung erhören, das Doro gesangliche Unterstützung auf die Bühne geholt hatte. Zusammen mit Blaze Bailey wurde neben dem normalen Programm auch der ein oder andere Iron Maiden Klassiker zum Besten gegeben. Um 02:00 Uhr war es dann endlich soweit; Amon Amarth sollten sich zum wiederholten Male daran machen ein Open Air Festival musikalisch zu zerlegen – diesmal mit neuen Songs im Gepäck. Die Vorfreude war entsprechen groß, doch die Ernüchterung folgte schnell.

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Amon Amarth

Vor zwei Jahren mussten die Jungs noch in der brütenden Mittagshitze ran, diesmal bereiteten ihnen ca. 20.000 wach gebliebene Nordmannfreunde einen rauschenden Empfang zum nächtlichen Moshen. Los ging es überraschenderweise mit ihrem obligatorischen Rausschmeißer „Victorious March“. Böse formuliert hätte dies vielleicht auch der Rausschmeißer bleiben sollen, denn diese Stunde Viking-Death musste leider als große Enttäuschung verbucht werden. Die Band selbst konnte dafür nichts, aber ihren Soundmann hat sie mittlerweile hoffentlich gefeuert. 15 Meter vor den mächtigen Boxentürmen konnte man sich während Brechern wie „Death In Fire“, „For The Stabwounds In Our Backs“ oder „The Sound Of Eight Hooves“ gemütlich unterhalten ohne groß schreien zu müssen. Und das bei einer Band, wo der Druck der Gitarren und der Bass Drum essenziell ist. Normalerweise hätte das 60km entfernte Hamburg in Schutt und Asche liegen müssen, so aber blieb selbst der nahe Getränkestand unversehrt. Fronthüne Johan und seinen Mitstreitern konnte man jedoch keine Vorwürfe machen. Es gibt eben keine Band, die es schafft, vorne am Bühnenrand stehend so herrlich geschlossen und synchron die Matte kreisen zu lassen. So war es wenigstens kein exorbitanter Verlust, dass Hymnen wie „Where Silent Gods Stand Guard“, „Vs. The World“ oder „Masters Of War“ nur gedämpft das Festivalgelände beschallten. Deswegen wage ich zu behaupten, dass die Reaktionen nach dem Finale in Form von „Bleed For Ancient Gods“ trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit die lautesten am ganzen Tage hätten sein können, wenn der liebe Soundstümper nicht gewesen wäre. Der Kerl kann froh sein, dass heutzutage keine rauen Wikingersitten und Foltermethoden mehr herrschen. (metalgreg)

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24.08.2004

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