Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2004
Konzertbericht
Donnerstag, 05.August 2004
Zodiac Mindwarp
Nach einem ausgedehnten Nickerchen auf der Hinfahrt, einer unverschämten Verkäuferin im Supermarkt in Itzehoe, die mir ein Stück „Golden Kiwi“ mit dem Spruch „Das tut ihrem Teint gut“ in die Hand drückte, Zelt aufbauen und einigen Bierchen, fiel endlich der Startschuss für das Jubiläums-Wacken um 18 Uhr. Zodiac Mindwarp enterten flugs die Bühne und legten eine Rock ’n‘ Roll Show hin, die einem eigentlich nicht wirklich interessieren konnte. Die Songs langweilten mehr oder weniger von Beginn an und konnten nicht mehr als Höflichkeitsapplaus heraus holen. So verzog ich mich relativ schnell gen Bier- und Fressstände, um noch mal etwas Kraft zu tanken für den weiteren Abend. (Metal_Inc)
Motörhead
Sie sind ein immer wieder gern gesehener Gast auf allen Open Airs, so auch auf dem W:O:A, dass sie schon 2001 erbeben ließen: Motörhead. Dieses Jahr sollte der Gig allerdings nicht so furios verlaufen wie vor 36 Monaten. Dafür gab es mehrer Gründe. Lemmy hielt sich mit Ansagen weitgehend zurück und nuschelte nur selten ein paar amüsante Zeilen ins Mikro. Noch dazu war er nicht ganz so gut bei Stimme, wie man es eigentlich gewohnt ist. Man musste der Band zugute halten, dass ihnen die Sonne unbarmherzig in die Fresse brezelte, was vielleicht die langen Pausen zwischen den Songs erklärte. Als Entschuldigung für das Verlassen der Bühne, obwohl noch zehn Minuten Zeit waren, konnte dies jedoch nicht gelten. Zum Glück haben die Jungs aber immer ein Setlist am Start, die mit Klassikern nur so gespickt ist. So sorgten z.B. „Civil War“, „Metropolis“, „Killed By Death“, das unausweichliche „Ace Of Spades“ oder der Rausschmeißer „Overkill“ für gute Laune vor der Bühne. Schade nur, dass die bärenstarke neue Scheibe „Inferno“ nur mit einem Stück, nämlich „Life’s A Bitch“, bedacht worden ist. Was soll’s? Schlecht werden Lemmy und Co. nie sein. Man hat sie nur schon wesentlich besser gesehen als an diesem Tage. Prost! (metalgreg)
Böhse Onkelz
Was wurden im Vorhinein die Foren geflutet: „Hilfe! Onkelz in Wacken! Stress vorprogrammiert!“ „Wer braucht diese Band und vor allem ihre Fans auf unserem Festival?“ Es schien, als sollten am heutigen Abend zwei Fronten aufeinander prallen, die Onkelz-Anhänger und die restlichen Metaller. Doch alles blieb friedlich. Es gab nicht mal irgendwelche Schmährufe zu hören oder Stinkefinger zu sehen, als die vier Frankfurter Jungs mit „Hier sind die Onkelz“ in ihren Set einstiegen. Nein, stattdessen wurde geschlagene 165 Minuten (es wurde eine Viertelstunde überzogen) gefeiert („So sind wir“), gepogt („Danke für nichts“), gesungen („Wieder mal ’nen Tag verschenkt“, „Nur die besten sterben jung“) und getrunken. Sogar nietenbehangene Kuttenträger, die man auf den ersten Blick nie mit Deutschlands wohl auf ewig polarisierendster Band in Verbindung gebracht hätte, ertappte man dabei, wie sie still und heimlich die Texte von „Dunkler Ort“, „Finde die Wahrheit“ oder „Gehasst, verdammt, vergöttert“ mitsangen. Ja, voll war es vor der Bühne, was die mobile Kamera und ihr Bild auf der Leinwand zwischen True Metal und Black Stage ab und an eindrucksvoll dokumentierte. Ein geselliges Miteinander, während dem das Bier in Strömen floss und die Becher zu Gassenhauern wie „Nie wieder“, „Terpentin“, „Heilige Lieder“ oder „Danket dem Herrn“ in den Himmel gereckt wurden. Doch auch das Geschehen auf der Bühne konnte sich sehen lassen. Zwar war es musikalisch bestimmt nicht der beste Onkelz-Gig der letzten Jahre, denn jeder hatte irgendwann einen bösen Schnitzer zu verzeichnen (z.B. Kevins Taktschwäche während „Nichts ist für die Ewigkeit“), aber die gute Stimmung brachte all das wieder ins Lot. Als dann die Songauswahl auch noch mit einer Handvoll faustdicken Überraschungen aufwartete (u.a. „Ein langer Weg“, „Buch der Erinnerung“, „Für immer“, „Wie tief willst du noch sinken“), waren die Bedenken von vor dem Festival entgültig Geschichte. Es blieb sogar komplett ruhig, als es unter dem Jubel der Menge auf einmal ein Fan auf die Bühne schaffte, sich kurz an Kevin klammerte, etwas Unverständliches in Mikro grölte und sofort wieder verschwand. Einzig die Security fing sich deswegen einen netten Seitenhieb von Bandsprachrohr Weidner ein, dessen Ansagen sich in den letzten Jahren kaum geändert haben, außer natürlich es drehte sich um die getroffene Auflösungsentscheidung der Band und der daraus resultierenden Abschiedsstimmung. Die Publikumsreaktionen waren trotzdem durchweg auf euphorischem Level, das noch nicht mal bei den neuen Stücken „Onkelz vs. Jesus“, „Immer auf der Suche“ und der Bohlen-Schelte „Superstar“ abebbte. So verging die Zeit wie im Fluge und man schaute ungläubig auf die Uhr, als sich Pe, Gonzo, Stephan und Kevin mit dem superben Doppel „Stunde des Siegers“ und „Lieber stehend sterben“ in eine kurze Pause verabschiedeten. Die unausweichliche Zugabe steigerte sich mit dem austauschbaren „Die Firma“, dem sentimentalen „Auf gute Freunde“, der von Videosequenzen begleiteten Abrechnung mit der „Kirche“ auf ihren Höhepunkt hin: „Mexico“. Auf einmal tanzten sogar Metaller, die Fußball im Alltag hassen. Nur unser lieber Nightstalker hätte sich lieber „Frankreich ’84“ gewünscht. Mit dem danach allerorts Gänsehaut verbreitenden „Erinnerungen“ fand um 24 Uhr ein Gig sein Ende, der aller Skeptik zum Trotz ein riesengroßer Erfolg wurde: 30 Songs, 2 Std. 45 Min., Wackens bis dato größter Chor, wahrscheinlich Rekord-Bierumsatz, einfach ein absolut (denk)würdiger Einstieg in den 15. Geburtstag unseres Metal-Mekkas. Die einzige Frage, die bleibt: Werden die Onkelz jetzt, wo sie aufhören, auf einmal doch salonfähig in Metallerkreisen? (metalgreg)
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