Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2003
Konzertbericht
Sentenced
Sicherlich sind Sentenced so eine Sache für sich. Eine Hälfte stempelt sie als HIM-Nummer ab, die mit schmachtender Musik Mädchenherzen höher schlagen lässt, die andere Hälfte weiß die Musik zu schätzen die mit viel Tiefgang Emotionen von Trauer, Schmerz und Hass so wundervoll intonieren können, wie es eben nur Sentenced schaffen. Diese beiden Gruppen und viele andere Zuschauer versammelten sich also vor der Bühne, um 60 Minuten Gäste der finnischen Combo zu sein. Die Jungs boten eine abwechslungsreiche Mixtur aus ihren Alben und ließen dabei auch die älteren Scheiben nicht außer Acht, die genauso passend umgesetzt wurden („Nepenthe“). Neben „The Suicider“, „Bleed“, „Sun Won´t Shine“ oder „Farewell“ gab es natürlich auch Lieder vom aktuellen Album „The Cold White Light“ wie z.B. „Excuse Me While I Kill Myself“, „No One There“ oder „Cross My Heart And Hope To Die“, die allesamt von der Menge gut aufgenommen wurden. Durch die wenigen und kurzen Ansagen wirkten die fünf Finnen etwas kühl, strahlten aber trotzdem eine gewisse Spielfreude aus, die sie auch auf die Zuschauer projizieren konnten. Dort gab es nämlich einige Bang-Pits, oft sah man aber auch Leute, die bedächtig der Musik lauschten oder lauthals mitsangen. Dass das finnische Selbstmordkommando aber trotzdem Humor hat, bewies das „Supergay“-Shirt von Sänger Ville, der dies doch mit gewohnt eisiger Miene trug. Ein wirklich gutes Konzert und es war auch nur gerecht, dass Sentenced eine ganze Stunde Spielzeit bekommen hatten. (Proserpine)
Die Apokalyptischen Reiter
Trotz ihres neuen Gitarristen Pit – und somit der Line-Up Aufstockung zum Fünfer – hieß es auch heute zu Beginn des Gigs in Wacken „Vier Reiter stehen bereit“. Dass diese Reiter sich in den letzten Jahren den Ruf erspielt haben, mächtig Party zu veranstalten, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein und so überraschte es nicht weiter, dass das Areal vor der Party Stage an diesem Wochenende wohl kein zweites Mal so gut gefüllt sein sollte, wie in dieser Stunde. Mit „We will never die“, „Du kleiner Wicht“ und „Terra nola“ folgten insgesamt noch drei weitere Tracks des aktuellen Albums HAVE A NICE TRIP, welche ebenso, wie die bereits als Klassiker zu bezeichnenden „Reitermania“, „Erhelle meine Seele“, „Licked by the Tougues of Pride“ und „Unter der Asche“ (allesamt vom Vorgängeralbum ALL YOU NEED IS LOVE) gefeiert und lauthals mitgesungen wurden. „The Smell of Death“ deckte zudem ALLEGRO BARBARO ab, „Instinct“ und „Iron Fist“ riefen gar noch einmal das ’97er Debüt SOFT & STRONGER ins Gedächtnis und die Gehörgänge. Die Bandhymne schlechthin „Metal will never die“, ebenfalls vom Debüt, beendete nach einer Stunde wie gewohnt die Reitermania und ließ wohl ausschließlich zufriedene Fans zurück. Allerdings kann ich nicht leugnen, dass ich bei den Gigs der Thüringer hier und da immer wieder mal ein leichtes Déjà Vu Erlebnis vor Augen habe – vor allem die Ansagen klingen inzwischen recht festgefahren, was eigentlich zum schwungvollen Auftreten der Band so gar nicht passt. Aber ich lasse mich in Zukunft gerne eines Besseres belehren… (Azazel)
Rotting Christ
„WET STAGE! Gibt es doch garnicht!“ … Das waren so ziemlich meine ersten Gedanken, als ich die Running Order für diesen Tag durchsah. Es war mir vollkommen unverständlich, warum man die griechische Legende Rotting Christ ins Evolution Tent verbannt hatte. Doch Klagen hilft in diesem Fall nicht viel und so drängelte man sich eben gegen 21:00 Uhr ins gut gefüllte Zelt, um den düsteren Einmarsch zu beobachten, der musikalisch vom neuen Album untermalt wurde – „In Domine Sathana“ sollte auf die kommenden 45 Minuten einstimmen. Da ich Rotting Christ noch nie live genießen durfte, habe ich mir fast in die Hose gemacht, als es richtig los ging – doch zu meiner Enttäuschung war der gesamte Gig eher mittelmäßig. Der Sound war – WET typisch – leicht klirrend und überlappend, die Bühnenperformance, wenn sie denn vorhanden war, wurde von Nebel überdeckt und die Songauswahl war in meinen Augen unglücklich – zumindest bei dem mittelmäßigen Soundgewand, das der Tontechniker des WET den Griechen verpasst hatte. Rotting Christ hatten ihr Set hauptsächlich auf ihre neue Scheibe Genesis und den letzten Output Khronos ausgelegt, wobei der Funken, aufgrund der komplexen Stücke und der damit verbundenen Schwierigkeit sie bei diesem Sound dem Publikum live nahe zu bringen, nicht so recht überspringen wollte. Mit Stücken der älteren CDs wie „King of a stellar war“ oder gar „Non Serviam“ konnte man die Gesichter in den ersten Reihen zwar etwas erhellen (oder verfinstern – wie man´s sehen mag), aber mein Gesicht wurde immer länger, als klar wurde, das kein „Sorrowfull Farewell“, „Out of Spirits“ oder sonstiges von dem überragenden A Dead Poem Album gespielt werden würde. Etwas geknickt trottete ich mich nach dem Outro dann ´gen Bierstand, um die leichte Enttäuschung mit Alkohol zu bekämpfen.
Gamma Ray
Sozusagen fast ein Heimspiel haben Gamma Ray und sind, wenig überraschend, auch einer der Publikumsmagneten am Freitag. So dürfen sich die Hamburger 75 Minuten lang über ein großes und begeistertes Publikum freuen und erweisen sich mit einem großartigen Live-Gig und einem permanenten Grinsen bis zu den Ohren im Gesicht dankbar. Die Setlist ist gut gewählt und von jedem ist was dabei. Stimmung also garantiert. Was bei Gamma Ray ja auch nicht anders zu erwarten ist. Gekonnt wickeln sie sich das begeisterte Publikum um den Finger um ihm einen großartigen Auftritt zu bescheren. (KB)
Was ? Schon 22:30 Uhr ? Und was macht denn die „Probably best Band of the world“ um diese Uhrzeit auf der Bühne ? Zumindest mir kam diese Frage in den Sinn, wenn ich mich zurück erinnere, das In Flames sich letztes Jahr noch mit dem Vorabendslot zufrieden geben mussten – der ehrlich gesagt ausreichend gewesen war. Doch Anno 2003 mussten sich die Schweden als Co-Headliner (naja, vor Twisted Sisters ist das nun auch keine unlösbare Aufgabe) beweisen und dem erwartungsfrohen Publikum etwas für ihr Eintrittsgeld bieten. Allerdings waren da auch noch die wiederauferstandenen Assassin, die ihre Songs zum Besten gaben – und da so ziemlich jeder In Flames mindestens 5 mal gesehen hatte, fiel die Wahl diesesmal auf die Old School Thrasher.
Assassin
Schenkt man den Gästebucheinträgen auf der kürzlich online gegangenen Webseite des wiederbelebten Thrash-Fünfers aus Düsseldorf Glauben, so hieß der einzig wahre Headliner des diesjährigen Wacken Open Airs weder Twisted Sister oder Slayer, sondern einzig und allein Assassin. So ganz entspricht dies trotz der für mich enttäuschenden Leistungen der beiden genannten Headliner, zwar nicht meiner Sicht der Dinge, doch der erste Gig (lässt man die Warm-Up-Show eine Woche zuvor in Düsseldorf aussen vor), der seit knapp 15 Jahren brach liegenden Combo, bot doch einiges an Unterhaltungswert. So plötzlich 1987 das Ende für die Assassinen kam (unglaublich aber wahr: ein Einbruch in den Proberaum und das gestohlene Equipment besiegelte das Ende der jungen, aufstrebenden Formation), so überraschend kam für mich und wohl auch viele alte Fans der Band diese Reunion, welche nun nach 1996 und 1999 nach zwei erfolglosen Versuchen im dritten Anlauf endlich unter Dach und Fach gebracht wurde. Vom ursprünglichen Line-Up aus dem Jahre 1985 konnte ein Großteil der damaligen Musiker aus dem Ruhestand geholt und somit mit Robert, Scholli, Dinko und den neu hinzugekommenen Joachim, sowie Atomic Steif (ex-Violent Force, Living Death, Sodom) eine für den Anlass würdige Besetzung gebildet werden. Bereits bei „Abstract War“, welches nicht nur die zweite und zugleich letzten Veröffentlichung, INTERSTELLAR EXPERIENCE, der Assassinen 1988 anstimmte, sondern auch am heutigen abend als Opener fungierte, wurde deutlich, dass die Mannen vor allem eines wollten: Spaß. Sänger Robert Gonella lallte sich bei seinen Ansagen immer wieder aufs neue um Kopf und Kragen, was auf eine gesunde Konzentration Blutalkohol schließen ließ, der guten Laune auf und vor der Bühne jedoch nicht schadete – im Gegenteil. Es folgten mit „Forbidden Reality“, „The last Man“, „Fight (to stop the tyranny), „Bullets“ und der gefeierten Band-Hymne „Assassin“ (go-fight-kill) insgesamt 4 Tracks des Debüts, THE UPCOMIG TERROR, welches seinerzeit 1987 die Band vor allem hierzulande bekannt machte. Vom Nachfolgealbum wurde „Junk Food“, „AGD“, sowie „Baka“ zum Besten gegeben, dessen deutsche Übersetzung des japanischen Wortes, Robert sehr ausführlich in einem Misch-Masch aus deutsch und englisch dem Publikum mitteilte. Da der Veranstalter der Band eine satte Spielzeit von einer Stunde eingeräumt hatte, wurden neben den alten „Hits“ auch zwei neue Songs vorgestellt, die jedoch meiner Meinung nach nicht weiter erwähnenswert waren. Erstaunlicherweise stark Nu-Metal orientiert, machten diese beiden Nummern wenig Hoffnung auf ein neues Album im Stile der alten 80er Thrash-Platten. Aber mal abwarten, was Robert & Co sich für die Zukunft vornehmen. Dieser Gig machte definitiv Laune und dürfte mit 9 Tracks aus den glorreichen 80ern vor allem die damaligen Fans zufrieden gestellt haben. Neue Interessenten, die gerne mal in den Genuß der Originale auf kultigem Vinyl kommen möchten, können sich gerne bei mir zu einer Listening-Session anmelden oder warten bis nächstes Jahr – dann sollen die beiden Alben nämlich erneut aufgelegt werden. (Azazel)
Nun, wie soll ich sagen – irgendwie konnte sich niemand von uns so recht für die Twisted Sisters begeistern. Klar wollte ich einen Blick auf Dee Snider und sein rosa Kostüm werfen – vielleicht sogar „I wanna rock“ live hören, aber ich war nicht gewillt dafür 105 Minuten vor der Bühne zu investieren. So verbrachte man erst einige Zeit in sicherer Entfernung am immer wieder gerne besuchten Met Stand, um dann bald in den Backstagebereich zu verschwinden; um dort erstaunt feststellen zu müssen, das offensichtlich einige Leuten ähnliche Interessenslosigkeit in Bezug auf die Twisted Sisters plagte. Erst zu den letzten paar Songs von Subway to Sally zog es mich dann wieder auf das Gelände, nur um wenige Minuten nach dem Subway Gig von der Security wieder dahin gedrängt zu werden, wo ich eben noch gestarte war. Mir war´s recht – so bot sich die Gelegenheit noch bis ins Morgengrauen Scotch zu schlürfen, auch wenn es alleine nur halb so viel Freude bereitet. Proserpine zeigte da etwas mehr Motivation und ließ sich den Kostümball auf der Party Stage nicht entgehen.
Lordi
Etwas unspektakulärer dürfte für mich und alle Besucher der W:O:A-Roadshow wohl der Auftritt von Lordi gewesen sein, denn insgesamt gab es in etwa den gleichen Set zu sehen, wie auch schon im April. Zudem haben Lordi mit nur einem Album in Gepäck nun auch nicht die riesen Auswahl, was Songs betrifft. Trotzdem machte ihr Auftritt wiedereinmal eine Menge Spaß. Die bitterbösen Gestalten machen eine richtige Party-Musik und konnten so die passend ausgewählte Party-Stage zu später Stunde nocheinmal gut füllen. Sicherlich kamen im kleinen Kreis eines Clubs die spezial Effekte wie Vampirflügel, Blut und Gedärme viel besser zu Geltung als hier auf der großen Bühne, aber sie konnten die Zuschauer trotzdem in ihren Bann ziehen. Musikalisch gab es wieder die meisten Songs ihres Albums „Get Heavy“, die da u.a. waren „Not The Nicest Guy“, „Monster, Monster“, „Rock The Hell Outta You“ oder auch „Dynamite Tonight“, die dem Publikum sichtlich Spaß machten. Image ist alles und so durften natürlich auch nicht die Monsterkostüme der Musiker fehlen. Sicherlich gibt dieses ein spezielles Flair was manche sogar vom Bangen abhält, aber ich bin mir sicher, dass die Songs auch ohne Maskerade gut gefallen würden. (Proserpine)
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37243 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kommentare
Sag Deine Meinung!